Syrische Regierung und IS: Chlor- und Senfgas-Attacken
Die Assad-Regierung und die Extremisten-Miliz „Islamischer Staat“ haben einem Untersuchungsbericht zufolge im Bürgerkrieg Chemiewaffen eingesetzt.
Der Report wurde am Mittwoch dem Sicherheitsrat übermittelt. Die USA und Frankreich verurteilten den Einsatz von Chemiewaffen und forderten den Rat zu einer entschiedenen Reaktion auf.
Vor einem Jahr hatte der Sicherheitsrat einem Team von OPCW und JIM das Mandat erteilt, Urheber mutmaßlicher Chemiewaffenangriffe zu benennen. In dem Report wird der syrischen Regierung konkret vorgeworfen, für zwei Chlorgasangriffe in der Provinz Idlib verantwortlich gewesen zu sein. Demnach soll sich am 21. April 2014 eine Attacke in Talmenes und eine weitere am 16. März 2015 in Sarmin zugetragen haben.
Zu IS heißt es, die Terrormiliz sei „die einzige Organisation mit der Fähigkeit, dem Motiv und den Mitteln zum Einsatz von Senfgas“ im Ort Marea in der nahe der Grenze zur Türkei gelegenen Provinz Aleppo. Zu dieser Attacke kam es laut dem Bericht am 21. August 2015. Damals griffen IS-Kämpfer Rebellen an.
Inspekteure des Gemeinsamen Investigativmechanismus forderten eine Untersuchung weiterer mutmaßlicher Chemiewaffenattacken. So gebe es drei weitere solcher Fälle, die auf eine Urheberschaft der Regierung hindeuteten. Zwischen Dezember 2015 und August 2016 hätten sie von UN-Mitgliedsstaaten mehr als 130 neue Berichte über Chemiewaffenattacken oder den Einsatz von Giftstoffen als Waffen in Syrien erreicht: In 13 Fällen soll den Angaben zufolge der Kampfstoff Sarin, in zwölf Fällen Senfgas, in vier das Nervengas VX sowie 41 Mal Chlorgas und 61 Mal andere giftige Chemikalien eingesetzt worden sein.
„Barbarisches Werkzeug“
Die amerikanische UN-Botschafterin Samantha Power zeigte sich am Abend entsetzt über die Ergebnisse der Gutachter. Bei Chemiewaffen handele es sich um ein „barbarisches Werkzeug, das dem Gewissen der Menschheit zuwider“ sei, sagte sie. Der Sicherheitsrat müsse „stark und schnell“ gegen die Urheber aktiv werden.
Power warf der Assad-Regierung zudem vor, gegen eine Resolution des Sicherheitsrats zum Verbot der Chemiewaffennutzung und gegen seine Verpflichtungen gemäß der Chemiewaffenkonvention verstoßen zu haben.
Ihr französischer Kollege Alexis Lamek forderte ebenfalls ein rasches Handeln des Sicherheitsrats. „Wenn es um die Verbreitung, den Einsatz von Chemiewaffen (…) geht, können wir es uns nicht leisten, schwach zu sein“, mahnte der UN-Botschafter.
Der Sicherheitsrat soll am kommenden Dienstag zum JIM-Bericht tagen. Ob Maßnahmen bei dem Treffen beschlossen werden, muss sich jedoch zeigen. Russland, ein enger Verbündeter der syrischen Regierung, hat frühere Vorstöße gegen die Assad-Führung im höchsten UN-Gremium mit einem Veto blockiert. Allerdings unterstützte Moskau die Einrichtung des Gemeinsamen Investigativmechanismus.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was