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Syrische Familie aus NortheimBald wieder vereint

Familie Haj Ali war lange getrennt. Die eine Hälfte lebte in Deutschland, die andere in der Türkei. Nun dürfen alle zusammenleben – in Northeim.

Der Vater Maher Haj Ali Foto: Andrea Scharpen

Die syrische Familie aus dem niedersächsischen Northeim, die so sehr unter dem ausgesetzten Familiennachzug leidet, dass die Kinder von einem Arzt für schulunfähig erklärt wurden, darf nun doch zusammenkommen. Der Familienvater Maher Haj Ali schickte nur ein Foto per WhatsApp: Es zeigt das Visum für seine Tochter Malva, gültig ab dem 4. April, ausgestellt vom Generalkonsulat im türkischen Izmir.

Die Familie hat sich seit Oktober 2015 nicht mehr gesehen. Die Eltern hatten nicht genug Geld, um gemeinsam nach Europa zu reisen. Maher Haj Ali floh mit drei Kindern nach Deutschland, seine Frau blieb mit den vier Jüngsten in der Türkei. Eine der Töchter wurde auf der Flucht geboren. „Ich habe sie noch nie gesehen“, sagt Haj Ali im Gespräch mit der taz. Ein Arzt diagnostizierte bei ihm eine schwere Depression. Und auch die Kinder leiden unter schlimmen Albträumen, können sich nicht mehr konzentrieren und haben ständig Kopfschmerzen.

In der Grundschule eskalierte die Situation: „Alle drei Kinder zeigen provokatives Verhalten und äußern, dass sie so nicht mehr leben wollen“, heißt es in einem Bericht der Schulleiterin. Sie setzten sich gefährlichen Situationen aus, kletterten auf Fensterbretter oder Treppenbrüstungen, um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen. „Sie äußern, dass sie damit erreichen möchten, dass wir ihre Mutter nach Deutschland ­holen“, heißt es in dem Bericht weiter.

Die Familie versuchte den vollständigen Flüchtlingsschutz juristisch durchzusetzen. Doch die Haj Alis scheiterten am Oberverwaltungsgericht und bekamen nur den subsidiären Schutz. Für diese Gruppe ist der Familiennachzug noch bis August ausgesetzt.

Humanitäre Notlage

Die Haj Alis haben nun dennoch die Genehmigung bekommen. Das Generalkonsulat in Izmir hat sich dabei auf Paragraf 22 des Aufenthaltsgesetzes berufen. Der bezieht sich auf humanitäre Notlagen. Es müsse eine „dringende Gefahr für Leib und Leben“ im Aufenthaltsland des Familienteils, der nach Deutschland nachgeholt werden soll, bestehen, heißt es dazu aus dem Auswärtigen Amt in Berlin.

Karim Alwasiti vom niedersächsischen Flüchtlingsrat ist froh, dass die Familie vielleicht schon in der nächsten Woche zusammenkommen kann. „Dieser Fall ist ein Paradebeispiel, was es für Familien bedeutet, getrennt zu sein.“ Hier habe es geklappt, den Paragrafen 22 anzuwenden. Solche Einzelfälle könnten jedoch nicht den Rechtsanspruch auf den Familiennachzug ersetzen.

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