Syrien-Gipfel in Istanbul: Neuer Versuch in neuem Format
Es ist das erste Syrien-Treffen in dieser Konstellation. Die Türkei, Russland, Frankreich und Deutschland drängen beim Gipfel auf eine politische Lösung in Syrien.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte, sie hätten sich bei dem Gipfel verpflichtet, dass die bisherige Feuerpause in Idlib zu einem „nachhaltigen dauerhaften Waffenstillstand“ werde. Es seien „wichtige Fortschritte“ bei der Schaffung einer demilitarisierten Zone um Idlib erreicht worden, sagte Merkel. Es gebe eine „große Verpflichtung“, weitere humanitäre Katastrophen zu verhindern.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron rief Russland auf, als Verbündeter des syrischen Machthabers Baschar al-Assad „sehr klaren Druck“ auf ihn auszuüben, um die Waffenruhe in Idlib zu bewahren. Der russische Präsident Wladimir Putin sagte allerdings, „Russland behält sich vor, die syrische Regierung zu unterstützen“, sollte es Angriffe seitens der Rebellen geben.
Verhandlungen kommen seit Jahren nicht voran
Die Türkei und Russland hatten am 17. September in Sotschi eine Vereinbarung getroffen, um eine drohende Offensive Assads auf Idlib abzuwenden. Sie sieht vor, dass um die Provinz eine entmilitarisierte Zone geschaffen wird. Zuletzt gab es jedoch eine Zunahme der Gewalt, und am Freitag wurden beim Beschuss durch die Regierungstruppen in Idlib sieben Zivilisten getötet.
Bei dem Gipfel ging es auch um Schritte zu einer politischen Lösung. Erdogan sagte, sie würden darauf dringen, dass „vor Ende des Jahres“ ein Komitee zur Ausarbeitung einer neuen Verfassung zusammentrete. Dem scheidenden UN-Sondergesandten Staffan de Mistura, der ebenfalls an dem Gipfel teilnahm, war es zuletzt bei Gesprächen in Damaskus nicht gelungen, ein solches Komitee zusammenzustellen.
Merkel sagte, es gehe darum, „zwei Kriege zu beenden“: Den Krieg gegen den Terror und den Krieg der Regierung gegen ihr eigenes Volk. Dies könne nicht militärisch gelingen, sondern nur durch politische Verhandlungen unter Ägide der UNO, sagte Merkel. Die Verhandlungen zwischen Regierung und Opposition in Genf kommen allerdings seit Jahren nicht voran.
Der Vierer-Gipfel auf der asiatischen Seite von Istanbul war das erste Treffen zu Syrien in diesem Format. Russland und die Türkei setzen sich mit dem Iran seit Anfang 2017 im sogenannten Astana-Prozess für eine militärische Deeskalation in Syrien ein. Es war nun das erste Mal, dass Russland und die Türkei mit Deutschland und Frankreich über den Konflikt berieten.
Merkel nennt Treffen „sehr produktiv“
So nahm auch Merkel zum ersten Mal an einem Syrien-Gipfel teil. Deutschland hat lange Zeit kaum eine Rolle bei der Konfliktlösung gespielt, obwohl es das europäische Land ist, das mit Abstand die meisten Flüchtlinge aufgenommen hat. Seit dem Frühjahr ist Deutschland Teil einer Verhandlungsgruppe, zu der auch die USA, Großbritannien, Frankreich, Saudi-Arabien und Jordanien gehören.
Merkel sprach von einem „ungewohnten Format“, bei dem es aber gelungen sei, dem politischen Prozess ein „bestimmtes Momentum“ zu geben. Es sei ein „sehr produktives Treffen“ gewesen, obwohl es „sehr unterschiedliche Ausgangspunkte“ gegeben habe, sagte die Kanzlerin. Erdogan zeigte sich offen dafür, das Treffen auf andere Staaten auszuweiten.
Die Teilnehmer riefen die Konfliktparteien in Syrien auf, „den raschen, sicheren und ungehinderten Zugang“ für humanitäre Hilfe zu gewährleisten. Auch müssten die Bedingungen für die sichere und freiwillige Rückkehr der Flüchtlinge geschaffen werden. Es dürfe keine Verfolgung oder Verhaftung geben, mahnte Merkel. Der Schlüssel bei der Rückkehr liege in einer politischen Lösung.
Merkel und Macron beraten über Fall Khashoggi
Bei der Frage der Zukunft Assads gab es keine Einigkeit, doch betonten alle Länder, dass das syrische Volk selbst über seine Regierung entscheiden müsse. „Alle Syrer müssen die Möglichkeit haben, über die Zukunft des politischen Systems zu entscheiden in freien Wahlen“ unter internationaler Aufsicht, sagte Merkel. Dabei müssten auch die Flüchtlinge einbezogen werden.
Merkel war in Istanbul zunächst zu Einzelgesprächen mit Erdogan, Macron und Putin zusammengekommen. Mit dem französischen Präsidenten vereinbarte sie in einem kurzfristig angesetzten Treffen, im Fall des getöteten saudischen Journalisten Jamal Khashoggi eine koordinierte europäische Position anzustreben.
Sanktionen müssten auf europäischer Ebene abgestimmt sein, hieß es aus Élyséekreisen. Macron hatte einen Stopp von Waffenexporten nach Saudi-Arabien am Freitag als „pure Demagogie“ bezeichnet – und sich damit gegen Merkel positioniert.
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