Svenja Schulze in Westafrika: Nicht nur geben, auch abgeben
Deutschland will auf Augenhöhe mit den Staaten des Südens kooperieren. Dann muss es ihnen auch fairen Zugang zu den eigenen Märkten schaffen.
D ie Frau hat Nerven! Nur wenige Wochen nachdem eine Militärjunta den zum engsten Partner des Westens hochstilisierten Präsidenten in Niger abgesetzt und in Geiselhaft genommen hat, tourt die deutsche Entwicklungsministerin Svenja Schulze erneut durch Westafrika. Dabei sind sie und ihre Kabinettskolleg:innen doch gerade krachend mit ihrer Sahel-Strategie gescheitert.
Wirklich? Nein, so einfach ist es nicht. Dass Schulze als deutsche Entwicklungsministerin in dieser hochexplosiven, schwierigen Lage nach Westafrika gereist ist, war richtig. Deutschland muss im Sahel präsent bleiben.
Natürlich müssen sich Schulze und die Bundesregierung fragen, warum man so überrascht wurde von dem Staatsstreich, trotz zahlreicher Mitarbeiter:innen und jahrzehntelanger Entwicklungszusammenarbeit vor Ort. Und ob es wirklich klug war, die militärische Zusammenarbeit mit Niger über die Jahre so zu vertiefen, dass sich die Junta auch dank deutscher Ausbildung an die Macht putschen konnte.
Doch trotz der gegenwärtig eingefrorenen Entwicklungshilfegelder – was hart, aber richtig ist, weil man ansonsten der Junta in die Hände spielen und die Rolle der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft als Vermittlerin schwächen würde – Deutschland wird sich auch wieder in Niger und in Ländern engagieren müssen, die keine lupenreinen Demokratien sind.
Viel mehr als Pufferstaaten für Flüchtlinge
Dabei geht es nicht um Mildtätigkeit, sondern um Interessen. Der Klimawandel mit Dürren und Überschwemmungen macht ganze Regionen unbewohnbar, die damit einhergehenden Nahrungsmittelkrisen und Verteilungskämpfe über Gewalt, Kriege und Terror zwingen Millionen Menschen im Sahel zur Flucht. Die meisten bleiben in der Region. Es ist auch im Interesse Deutschlands und der anderen europäischen Länder, dass sie dort gut untergebracht und versorgt werden.
Doch der Sahel und die umliegenden afrikanischen Länder sind viel mehr als Pufferstaaten für Flüchtlinge oder Brutstätten des Terrorismus. Mit ihrer extrem jungen Bevölkerung, ihren Ressourcen und dem fast unbegrenzten Zugang zu erneuerbaren Energiequellen haben sie das Potenzial und das Selbstbewusstsein, die multipolare Weltordnung von morgen mitzubestimmen.
Verzicht auf Lieferbindung
Deshalb ist es klug, jetzt auf diese Länder zuzugehen und mit ihnen zu kooperieren – nicht belehrend und von oben herab, sondern partnerschaftlich und auf Augenhöhe. Deutschland leistet mit seiner Entwicklungszusammenarbeit bereits eine solide Vorarbeit. Die verfolgt den Ansatz der Hilfe zur Selbsthilfe, sie setzt auf langfristige und nachhaltige Projekte und verzichtet, anders als etwa die USA, auf die sogenannte Lieferbindung.
In einen mit deutschen Steuergeldern geplanten Solarpark in Bamako kann China also seine Solarmodule verkaufen. Das mag kurzfristig blöd erscheinen, langfristig stärkt es Vertrauen und Verlässlichkeit.
Doch wenn Deutschland und der Westen wirklich auf Augenhöhe mit den Staaten des Südens kooperieren wollen, dann heißt das auch, den Entwicklungsländern fairen Zugang zu den eigenen Märkten zu geben, Wertschöpfungsketten dort aufzubauen, wo die Rohstoffe geschürft werden und vor allem Verantwortung zu übernehmen für die Schäden des Klimawandels. Also nicht nur zu geben, sondern auch abzugeben. Deutschland sollte dabei Vorreiter sein.
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