Suizid des Berliner Piraten Claus-Brunner: Mord brieflich gestanden
Die Staatsanwaltschaft ermittelt nicht weiter im Fall Claus-Brunner. Vor seinem Suizid hatte er in einem Brief die Tötung von Jan L. eingeräumt.
Der verstorbene Gerwald Claus-Brunner hat die Tötung des 29-jährigen Jan L. schriftlich gestanden. Dies habe in einem Brief gestanden, den der ehemalige Piraten-Politiker vor seinem Suizid verschickt habe, bestätigte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Martin Steltner. Eine Tatbeteiligung anderer Menschen könne ausgeschlossen werden. „Damit ist der Fall für die Staatsanwaltschaft geklärt. Gegen Tote wird nicht ermittelt“, sagte Steltner.
Wie die Polizei berichtete, hatte Claus-Brunner den 29-Jährigen in seiner Wohnung im Wedding umgebracht und ihn danach – so heißt es in Justizkreisen – mithilfe einer Sackkarre, die er an sein Fahrrad koppelte, in seine eigene Wohnung in Steglitz transportiert. Dort nahm sich Claus-Brunner am Sonntag durch einen Stromschlag das Leben.
Berichten zufolge kannten sich Claus-Brunner und L. mindestens seit 2011. Zwischenzeitlich soll der 29-Jährige für den Piraten in dessen Wahlkreisbüro gearbeitet haben. Die beiden waren zunächst befreundet, gingen gemeinsam auf Partys, bis sich der Pirat mit der markanten Latzhose und dem Palästinensertuch in den 29-Jährigen verliebte. In sozialen Netzwerken nannte Claus-Brunner den 29-Jährigen immer wieder „meinen Wuschelkopf“. Kurz nachdem er L. umgebracht hatte, postete er auf Twitter ein Foto des Mordopfers und schrieb dazu: „Meine Liebe, mein Leben, für dich lieber Wuschelkopf, für immer und ewig“.
In der Piratenfraktion war das Mordopfer bekannt. „Wir wussten, dass es zwischen ihm und Claus-Brunner eine wie auch immer geartete Beziehung gab“, sagt ein ehemaliger Fraktionskollege. „Allerdings wussten wir auch, dass diese Beziehung irgendwann anscheinend sehr einseitig wurde.“ Der 29-Jährige hatte den Piraten-Politiker offenbar bereits vor Monaten wegen Stalkings angezeigt.
Claus-Brunner habe seit jeher psychisch labil gewirkt. Sein oft unkontrolliertes Verhalten und die regelmäßigen Wutausbrüche habe man sich auch mit seiner unheilbaren Erkrankung zu erklären versucht, heißt es in Fraktionskreisen. Claus-Brunner hatte Fraktionskollegen erzählt, er leide an einem unheilbaren Gendefekt und habe nur noch wenige Monate zu leben. Laut Staatsanwaltschaft wurden bei einer Obduktion allerdings keine Anzeichen für eine solche Erkrankung gefunden. „Dass er uns in einem solchen Fall anlügen könnte, hätten wir nie für möglich gehalten“, sagt ein ehemaliger Kollege.
In der Fraktion im Abgeordnetenhaus war Claus-Brunner seit jeher hoch umstritten. Kandidaten der Piratenpartei bezeichnete er öffentlich als „Deppen“, Verfechterinnen der Frauenquote unterstellte er, es auf einen „Tittenbonus“ abgesehen zu haben. Anfang 2016 sollte er aus der Berliner Piratenfraktion ausgeschlossen werden. Jedoch stimmten nur 8 der 15 Fraktionsmitglieder für den Ausschluss Claus-Brunners und verfehlten damit die nötige Zweidrittelmehrheit. Der taz berichtete der Pirat 2012 von seiner schweren Kindheit: Seine Eltern hätten ihn geschlagen. Er sei „ein Aggrokind“ gewesen, sagte Claus-Brunner damals.
In seiner letzten Rede im Abgeordnetenhaus hatte der Piraten-Politiker seinen Suizid bereits indirekt angekündigt: „Ihr werdet in der laufenden Legislatur für mich am Anfang irgendeiner Plenarsitzung mal aufstehen dürfen und eine Minute stillschweigen“, sagte er. Intern hatte er diese Wortwahl mit seiner Krankheit begründet. „Brunner sagte, er wisse, dass er bald sterben würde. Das hat heute natürlich einen ganz anderen Klang“, sagt ein Kollege.
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