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Subventionen für EU-AgrarexporteAfrika darf noch nicht aufatmen

Die EU knüpft den Stopp der umstrittenen Subventionen für Agrarexporte nach Afrika an eine entscheidende Bedingung. Sie fordert Freihandelsabkommen.

Dumpingpreise subventionierter Nahrungsmittel aus Europa entziehen den Bauern die Lebensgrundlage. Bild: dpa

BERLIN taz | Ob Europa tatsächlich auf Subventionen für Agrarexporte nach Afrika verzichtet, ist trotz der jüngsten Äußerungen von EU-Landwirtschaftskommissar Dacian Ciolos unklar. Am Donnerstagabend hatte er auf der Grünen Woche in Berlin gesagt: „Ich bin bereit, ein für alle Mal auf die Erstattung für Ausfuhren in diese Entwicklungsländer vollständig zu verzichten“. Die Subventionen werden für Armut in Afrika mitverantwortlich gemacht.

Doch an eine entscheidende Bedingung knüpfte Ciolos seinen Vorstoß: Die Europäische Union solle die Subventionen „im Rahmen der Partnerschaftsabkommen mit afrikanischen Ländern“ abschaffen, erklärte der EU-Kommissar.

„Das sind Freihandelsabkommen", erläutert Tobias Reichert, Experte für Welternährung bei der Entwicklungsorganisation Germanwatch. Die afrikanischen Länder müssten das Ende der EU-Exportsubventionen bezahlen, indem sie ihre Märkte weiter öffneten.

Das könnte ebenfalls die Armut in diesen Ländern vergrößern. Auch ist es völlig unklar, ob die Afrikaner auf dieses Angebot eingehen. Jedenfalls will die EU die Partnerschaftsabkommen schon seit fünf Jahren abschließen. „Das hat nicht geklappt, weil die Afrikaner ihre Märkte nicht so öffnen wollen, wie die EU das will“, so Reichert.

Die Kommission entscheidet nicht

Offen ist auch, ob die EU-Mitgliedsländer dem Verzicht auf Agrar-Exportsubventionen nach Afrika zustimmen würden. Sie könnten ihr Veto einlegen. Die Kommission kann nur Vorschläge machen.

In diesem Jahr hat die EU noch rund 150 Millionen Euro eingeplant, um mithilfe der Subventionen europäische Agrarexporte künstlich zu verbilligen. Dabei handelt es sich laut Germanwatch vor allem um Hühnerfleisch.

„Diese Programme laufen aus“, berichtet Reichert. Allerdings hat die EU gerade beschlossen, dass es wieder neue Subventionen geben kann, wenn ein Teil der europäischen Landwirtschaft in einer Absatzkrise steckt. Das wäre zum Beispiel denkbar, wenn im nächsten Jahr die gesetzliche Beschränkung der Milchproduktion in der EU fällt.

Entwicklungspolitiker kritisieren die Exportsubventionen, weil die Europäische Union so Bauern und Lebensmittelherstellern in ärmeren Ländern mit Dumpingpreisen Konkurrenz mache. Das verstärke die Armut in diesen Staaten. Germanwatch fordert deshalb, die Exportsubventionen bedingungslos und für alle Länder abzuschaffen.

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15 Kommentare

 / 
  • KG
    Kurt Gerhard

    Ihr Artikel „Afrika darf noch nicht aufatmen“ suggeriert, es gebe noch immer EU-Subventionen für Agrarexporte nach Afrika. Schon lange gibt es die kaum noch. Mehr noch, seit Juli letzten Jahres werden in Brüssel überhaupt keine neuen Anträge auf Exportsubventionen mehr angenommen; es werden nur noch – selbstverständlich – ältere Zusagen abgewickelt. Die von Ihrem Autor zitierte Organisation „Germanwatch“ ist auf einem völlig falschen Dampfer und hat diese Entwicklungen offenbar gar nicht mitbekommen.

    Was EU-Agrarkommissar Ciolos auf der „Grünen Woche“ in Berlin gesagt hat, betrifft etwas anderes: Nach der zu Jahresbeginn in Kraft getretenen neuen Gemeinsamen Agrarpolitik

    der EU hätte Brüssel das Recht, die europäischen Bauern „in Krisenzeiten“ mit Subventionen zu unterstützen. Und auf diese Ausnahmemöglichkeit will Ciolos, wie er sagte, gegenüber afrikanischen Staaten nun auch noch verzichten, wenn die Afrikaner sich bei den seit Jahren sich dahinschleppenden Verhandlungen über neue Partnerschaftsabkommen bewegen. Selbst wenn sie es nicht täten, bliebe aber der grundsätzliche Verzicht der EU auf Agrarsubventionen in Kraft. Afrika darf also aufatmen – schon lange.

     

    Kurt Gerhardt

    „Bonner Aufruf“

    www.bonner-aufruf.eu

  • Was Monsanto betrifft: Es geht doch wohl nicht darum, dass die Leute "zu blöd" sind. Problem ist, wenn Saatgut zu teuer ist, können sie sich keines leisten, das gilt genauso für teure und umweltschädliche Düngemittel, auf die die Bauern eingeschworen werden sollen. Und an Investitionen würde es vermutlich nicht mangeln, wenn die Bauern nur die Mittel hätten, zu investieren, was aber auch einen entsprechenden Absatzmarkt voraussetzt. Auch in dieser Hinsicht sind die billigen Waren aus Europa kontraproduktiv.

  • E
    E.T.

    Können wir es bitte hier auch schaffen von der eindimensionalen Darstellung "Afrikas" wegzukommen.

    Afrika ist keine Land, so wird hier argumentiert wenn von der afrikanischen Wirtschaft oder den afrikanischen Bauern gesprochen wird. DieseProblematik betrifft meines Wissens nach größtenteils westafrikanische Länder. In Ostafrika habe ich davon beispielsweise noch nichts mitbekommen.

     

    In diesem Artikel stehen sich immer nur die EU bzw. EU-Mitgliedsstaaten und Afrika gegenüber. Wer merkt den Fehler? Das eine ist eine internationale Organisation bzw. ihre Mitgliedsstaaten, das andere ist eine geographische Einheit, die erstmal nichts politisches impliziert.

    Was bei so einer Darstellung entsteht ist ein unzureichendes Bild und tut der Komplexität internationaler Politik afrikanischer Länder nicht annähernd genüge.

    Mit wem wird hier verhandelt? Mit Ägypten? Maurentanien? Ghana? Gabun? Kenia? Botswana? ECOWAS? East African Community? Oder mit der AU?

    Welches Land kann es sich vielleicht schon leisten den EU-Subventionen zu trotzen? Welche Regierungen sind eher an Verhandlungen interessiert? Nigeria ist nicht gleich Benin, obwohl die Länder direkt nebeneinander liegen. Und schon garnicht ist Marokko Lesotho.

     

    Dazu:

    http://africaisntacountry.herokuapp.com/

  • D
    D.J.

    @Gast,

     

    ist komplizierter. im subsaharischen Afrika leben doch 85% der Menschen von der Landwirtschaft. Die Mehrheit profitiert also von höheren Preisen. Sie ermöglichen Investitionen, die ihrerseits die afrikanische Landwirtschaft längerfristig konkurrenzfähig machen. Was wiederum die Preise stabilisiert. Afrika hätte das Potenzial, Nahrungsmitel zu exportieren und gleichzeitig die eigene Bevölkerung ausreichend zu ernähren - es mangelt derzeit nur an Investitionen.

     

    Übrigens: Bei aller Kritik an Monsanto wundere ich mich immer, dass man die afrikanischen (und indischen etc.) Bauern für dämlich hält, als ob sie nicht selbst einschätzen könnten, welches Saatgut ihnen Vorteile bringt.

  • B
    Brandt

    In der BRD existiert kein Begriff von Afrika außerhalb der Afrikawissenschaften. Das öffentliche Bewusstsein weiß nichts über den Kontinent und spricht immer über Afrika, als ob es ein Land wäre - tatsächlich ist es stark fragmentiert. Eine persönliche Schuld weist niemand hier jemand anderes zu. Tatsächlich haben wir in der EU erlaubt Nahrungsmittel-Derivate auf dem Finanzmarkt zu handeln, als Bankkunden ermöglichen wir es den Großbanken das und als Wähler wählen wir die Regierung für solche Finanzordnungen. Unsere Einwanderungspolitik gegenüber undokumentierten Einwanderern verschafft europäischen Bauern eine entrechtete Arbeitskraft und als Steuerzahler zahlen wir den europäischen Bauern Subventionen, um sie konkurrenzlos noch billiger gegenüber den afrikanischen Bauern zu machen. U.a. sind viele europäische Pensionfonds am Landgrabbing in Afrika beteiligt - privat versicherte Rentner nehmen afrikanischen Bauern so tatsächlich Acker weg.

  • A
    A.Franke

    Da haben sie dann die Pest statt der Cholera.

    Freihandelsabkomme haben noch immer die Kleinbauern in Elend gestürzt.

    Es ist widerlich, wie diese diese Politik alles, aber auch alles den Konzernen und Investoren zum Fraß vor wirft.

    http://www.ag-friedensforschung.de/themen/Europa/akp3.htmlhttp://www.quetzal-leipzig.de/lateinamerika/mexiko/nafta-nordamerikanisches-freihandelsabkommen-mexiko-folgen-19093.html

  • Die europ. Hähnchenfabrikanten & Co und ihre politischen Hofgänger sind zu gierig, um Wirtschaftsprobleme Afrikas und Umwelt- und Tierschutzsauereien hierzulande wahrzunehmen.

    Ein Freihandelsabkommen mit Europa- Ein tödliches Nehmen an die Brust eines Giganten, dem multilaterale Gleichgewichte nen Scheißdreck wert sind.

  • R
    Rundregelsatz

    Zitat: „Das hat nicht geklappt, weil die Afrikaner ihre Märkte nicht so öffnen wollen, wie die EU das will“

    ------------------------

    DAS würde ich ja gerne mal im Zusammenhang mit den USA hören.... aber das trauen sie sich ja nicht.... pfft... wie die EU das will. Als ob diese EU Maßstab aller Dinge wäre.

  • P
    Pestpolitik

    Hilfe, wir werden amerikanisiert!

  • G
    gast

    klar, damit sie Afrika mit Produkten überschwemmen können und die afrikanische Wirtschaft somit auch Landwirtschaft kaputt machen kann. Hauptsache die Exporteinnahmen stimmen.

  • RW
    Rainer Winters

    Na das wird den Italienern ja gar nicht gefallen, setzen sie doch ihre Tomatenprodukte seit einigen Jahren alleine im armen Senegal für jährliche 300 Millionen Euro ab.

     

    Der Tomatenmarkt der Kleinbauern im Senegal ist derweil quasi zusammengebrochen.

  • D
    D.J.

    Hier ein guter Artikel, der auch andere Ursachen für schlecht funktionierende Landwirtschaft in vielen Teilen Afrikas aufzeigt (unsichere Eigentumsverhältnisse; mangelnde Kreditvergaben; horrende Verlustzahlen durch Verrottung):

     

    http://www.dw.de/afrikas-bauern-brauchen-eine-lobby/a-16687714

     

    Die Abschaffung der Subventionen ist längerfristig zu begrüßen, da sie Investitionen (auch von Kleinbauern) lohnender machen, auch wenn (bzw. weil) die Preise für manche Produnkte eine Zeitlang steigen werden.

    Aber Monokausalitäten, wie sie immer wieder in solchen Diskussionen auftauchen (mit unserer üblichen Lust daran, an allem Elend der Welt schuldig zu sein), sind fehl am Platze.

    • @D.J.:

      Wenn europäische Agrarprodukte in Afrika nur durch Subventionen konkurrenzfähig abgesetzt werden können, dann sollte man diese Subventionen in der Tat ersatzlos streichen, und zwar nicht langfristig sondern schnell.

    • G
      gast
      @D.J.:

      Wenn dabei die Preise steigen, ist das für den größten Teil der Bevölkerung Afrikas schon ein Drame, da viele nicht mal 150 Dollar im Jahr haben, davon sie die Schule ihrer Kinder zahlen sollen und auch noch ausser Maisbrei was essen möchten.

       

      Was gefördert werden muß ist der eigene Anbau ihrer Pflanzen, die exportiert werden können zu wirklich fairen Preisen.

       

      Aber das weis Monsanto zu verhindern, die wollen ihren Gen-manipulierten Mist an den Mann bringen, den sich aber die meisten nicht leisten können, nochdazu das stets 1jährige Pflanzen oder Samen sind und viel zu teuer. Wie sollen die sich dann im folgenden Jahr wieder Samen kaufen können ?

       

      Die Industriebosse kümmern sich nicht um die Menschen sondern ausschließlich um ihren eigenen Profit, das ist das Drama der afrik. Menschen, man macht ihre Länder systematisch kaputt.