Studie zu unrentablen Klein-Airports: Die Zombie-Flughäfen
Die Coronakrise treibt die Subventionen für kleine lokale Flughäfen hoch. Eine Studie kritisiert Nachteile für Steuerzahler*innen und fürs Klima.
Diese trügen weder zur Verkehrsanbindung ihrer Region nennenswert bei noch würden sie jemals Gewinn machen. „Diese Zombie-Flughäfen zeigen auf, dass das System nicht wirtschaftlich ist“, sagt Verkehrsökonom Matthias Runkel vom FÖS. Die Gemeinden halten sie durch Zuschüsse am Leben.
Das FÖS hat 14 deutsche Provinzflughäfen anhand deren eigener Jahresbilanz und Kriterien der internationalen Luftfahrtbranche untersucht. Die Experten haben vor allem darauf geachtet, ob die Airports nur aufgrund von Subventionen lebensfähig sind, ob sie den Bürgern der Region eine bessere Anbindung an die weite Welt verschaffen und wie klimaschädlich der dort anfallende Verkehr ist.
Wer in allen drei Kategorien schlecht abschneidet, habe keine Zukunftsperspektive, sagt Runkel. Konkret sind das die Flughäfen Frankfurt-Hahn, Kassel-Calden, Niederrhein-Weeze, Paderborn-Lippstadt, Rostock-Laage, Erfurt-Weimar und Saarbrücken.
Aus ökologischer Sicht Irrweg
Die Bindestrich-Flughäfen sind schon länger in der Kritik. Die Bürgermeister haben zwar großes Interesse an ihrem Erhalt. Sie hoffen, dadurch Arbeitsplätze zu retten. Zum Teil geht es ihnen auch ums Prestige. Meist starten und landen hier jedoch vor allem Billigflieger in Richtung von Urlaubszielen – und die mögen kaum Gebühren zahlen. Der Aufbruch in den Urlaub ließe sich durch eine bessere Bahnanbindung besser organisieren, so die Studie.
Aus ökologischer Sicht stellen sich die Regionalflughäfen generell als Irrweg dar. Ihr Erhalt mit Steuergeld sei das falsche Signal in der Klimadebatte, sagt BUND-Chef Olaf Bandt. Während der Kohleausstieg und der Umbau der Autoindustrie mit Milliardengeldern gefördert werden, „entsteht hier der Eindruck, der Flugverkehr sei von den Anstrengungen zur Emissionsreduzierung völlig unberührt“. Es sei unverantwortlich, die Flughäfen mit Steuergeldern zu päppeln, obwohl sie einen erheblichen Anteil an der globalen Erwärmung haben.
Einer der Gründe für die aufkommende Diskussion über die Regionalflughäfen ist die Coronapandemie, die den Bedarf an öffentlichen Mitteln noch einmal hochtreibt. Verkehrsminister Andreas Scheuer denkt bereits darüber nach, einen größeren Anteil der Sicherheitskontrollen auf die Kappe des Bundes zu nehmen. Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) sieht die Branche derweil auf absehbare Zeit im Krisenmodus. In seinem aktuellen Halbjahresbericht fordert er weitere staatliche Hilfen.
„Alternativen finden“
Der BDL erwartet erst 2024 eine Rückkehr des Luftfahrtgeschäfts auf Vorkrisenniveau. Die Lobbyisten fordern daher eine zügige Öffnung des Reiseverkehrs auf breiter Front.
Es müssen sich „Alternativen für die derzeitigen blockierenden Regeln finden“, sagt Verbandschef Peter Gerber. Die Einschränkungen sollten also schnell enden, damit „der Luftverkehr sich wieder selber finanzieren kann“. Vor allem der Flugverkehr in die USA müsse mit staatlicher Unterstützung wieder angekurbelt werden.
Unabhängige Experten bestätigen derweil die Einschätzung der Umweltverbände zur Wirtschaftlichkeit der kleineren Airports. „Ökonomisch rangieren diese Regionalflughäfen in einer Größe, in der sie nicht kostendeckend zu betreiben sind“, sagt Heinrich Großbongardt von Expairtise Communications in Hamburg. Sie haben meist nicht genug Passagiere, um den Betrieb in ihrer derzeitigen Form zu rechtfertigen. Genau wie die FÖS-Studie nennt er Kassel-Calden als Beispiel für einen besonders unrentablen Standort.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Nordkoreas Soldaten in Russland
Kim Jong Un liefert Kanonenfutter
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW