piwik no script img

Studie zu LuftverschmutzungDreckige Luft tödlicher als gedacht

Die Verbrennung durch fossile Energieträger tötet jährlich fünf Millionen Menschen. Häufige Krankheitsbilder sind Herzerkrankungen und Schlaganfälle.

Skopje, Nord-Mazedonien, Dezember 2022: Die Stadt gehört zu den Städten mit der größeten Luftverschmutzung weltweit Foto: Georgi Licoviski/epa

BERLIN taz | Luftverschmutzung durch fossile Energieträger tötet 5 Millionen Menschen pro Jahr. Das ist das Ergebnis einer Studie verschiedener Forschungseinrichtungen aus Deutschland, dem Vereinigten Königreich, den USA und Spanien, die am Dienstag veröffentlicht wurde.

Die Zahl der Todesfälle durch Luftverschmutzung aus Kohle, Öl und Gas ist damit deutlich höher als bisher angenommen. Ein neues Argument für den „raschen Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe“ haben die For­sche­r*in­nen damit nach eigenen Angaben gefunden. Der britische Guardian hatte zuerst über die Studienergebnisse berichtet.

Mehr als acht Millionen Menschen auf der Welt sterben jährlich an Luftverschmutzung. Diese Verschmutzung setzt sich aus verschiedenen Faktoren zusammen. Darunter laut dem Max-Planck-Institut „natürliche Emissionen wie zum Beispiel Wüstenstaub und Ruß aus natürlichen Waldbränden“, aber auch menschengemachte Emissionen, wie etwa Reifen­abrieb im Straßenverkehr und Feinstaub, der in der Landwirtschaft durch die Verwendung von Ammoniak entsteht.

Den größten Anteil – rund 61 Prozent der Verschmutzung – verursacht allerdings das Verbrennen fossiler Energieträger wie Öl, Gas und Kohle.

Luftverschmutzung führt zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Würde die Menschheit komplett aufhören, fossile Energieträger zu verbrennen, könnten so gut 60 Prozent der vorzeitigen Todesfälle durch Luftverschmutzung verhindert werden: gut 5,1 Millionen Fälle pro Jahr. Denn der Zusammenhang zwischen Verschmutzung und der gesundheitlichen Wirkung ist laut der Forschungsgruppe „annähernd linear“.

Untersucht haben die For­sche­r*in­nen die Luftverschmutzung durch Feinstaub und Ozon. Diese führen zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlaganfällen, Lungenerkrankungen und Diabetes. Ungefähr die Hälfte der Todesfälle entfällt dabei auf die Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

„Luftverschmutzung ist nach wie vor eine der größten Gefahren für die öffentliche Gesundheit“, schreibt das Max-Planck-Institut für Chemie, das an der Studie beteiligt ist, in seiner Mitteilung zu der Studie. Die Stu­di­en­ma­che­r*in­nen leiten aus ihren Erkenntnissen einen Appell ab:

„Wenn die Nutzung fossiler Brennstoffe durch einen gerechten Zugang zu sauberen erneuerbaren Energiequellen ersetzt würde, wäre Luftverschmutzung kein bedeutendes umweltbedingtes Gesundheitsrisiko mehr“, sagt der Epidemiologe Andy Haines von der London School of Hygiene & Tropical Medicine, der an der Studie mitgewirkt hat. In Deutschland sterben laut dem Max-Planck-Institut rund 47.000 Menschen pro Jahr durch fossile Luftverschmutzung.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Das ist keine empirische Studie, mit einer eindeutigen kausalen Zuordnung von Ursache und Wirkung.



    "A new modelling study suggests "



    www.theguardian.co...lion-people-a-year

    Das ist genau die Berichterstattung, hier des Guardian, die Wissenschaftlichkeit vortäuscht, politisch instrumentalisiert und am Ende Wissenschaft der Glaubwürdigkeit beraubt.

    Nein, der Zweck heiligt nicht die Mittel.

  • Die genannten Zahlen beruhen offenbar - anders als z. B. bei Verhehrstoten - nicht auf einer Zählung konkreter Todesfälle, sondern auf einer Hochrechnung bzw. Schätzung. Unabhängig davon ist dabei ersichtlich nicht berücksichtigt worden, wie viele Menschen vorzeitig gestorben wären, wenn es die Energieerzeugung durch fossile Energieträger nicht gegeben hätte. Diese Menschen wären dann zwar nicht vorzeitig wegen Luftverschmutzung gestorben, aber infolge anderer Faktoren, z. B. durch Verhungern, Erfrieren oder schlechtere Gesundheitsversorgung. Man kann sich den Risikofaktor der Energieerzeugung durch fossile Energieträger nicht einfach wegdenken und zugleich so tun, als wären die übrigen Lebensverhältnisse, die hierzulande eine hohe Lebenserwartung erst ermöglichen, dann gleich geblieben.

  • Entscheidend scheint mir zu sein, dass die dreckigste Luft die Leute mit dem wenigsten Geld atmen, vor allem weil sie an den stark befahrenen Straßen wohnen. Das ist also nix, wovon alle gleichermaßen betroffen sind.

  • Das ist sicher eine wichtige Studie. Aber es fehlt die Information ob es sich um Menschen geht die schon älter sind und Vorerkrankungen haben oder ob das eher keine Rolle spielt.

    • @Marmot:

      www.bmj.com/content/383/bmj-2023-077784



      Darüber kann die Studie nichts aussagen. Sie misst nur die Gesamtmortaltität.(de.wikipedia.org/wiki/Mortalit%C3%A4t). Aufschluss über den Alterseinfluss würden die Veränderungen der altersspezifische Sterberaten liefern. Da die Lebenserwartungen in den letzten 50 Jahren aber drastisch gestiegen sind (je nach Land), macht das die Analyse nicht einfacher. Angesichts der Vermutung, dass weltweit 5Millionen Menschen an den Folgen des Tabakgenusses sterben, erscheinen mir die hier modellierten Werte recht hoch. Aber unabhängig davon, dürfte es auch so plausibel sein, dass das Risiko durch Luftverschmutzung etc. für ältere und vorerkrankten Menschen deutlich höher ist als bei jungen Gesunden.

      • @Jutta57:

        Kleinkinder leiden auch. Das Auftreten von Pseudokrupp wird durch Schadstoffe in der Luft begünstigt und verschlimmern die Krankheit. Der pure Horror für Eltern.

        • @Andreas J:

          Über den Zusammenhang von Umweltfaktoren und Pseudokrupp ist wenig bekannt bzw. die Daten sind ziemlich widersprüchlich. Da sich die Luftqualität in Deutschland über die Jahrzehnte deutlich verbessert hat, sollte man eigentlich eine Abnahme registrieren (Daten sind nicht eindeutig, insgesamt kann aber eine Zunahme nicht bestätigt werden). Als relativ sicher gilt ein kausaler Zusammenhang mit zu warmer Raumluft. Erhöhte Inzidenzen in den vergangene Jahren sollen ggf. auf Corona-Infektionen zurückzuführen sein.



          dserver.bundestag....10/021/1002107.pdf



          Dass schlechte Luftqualtität dennoch zu Pseudokrupp führen kann ist natürlich naheliegend:



          www.researchgate.n...ocroup_in_children



          The presented study reveals a strong role of air pollution in the appearance of pseudocroup. Children living in big cities (with high levels of vehicle emission) suffer more often from subglottic laryngitis than children from small villages.