Strukturwandel in der Lausitz: Wasserstoff statt Kohlemief
Die Lausitz soll zur Wasserstoffregion werden. Teil davon könnte eine grüne Methanolfabrik sein. Doch die Planungen wirken bisweilen wirr.
Methanol ist ein wichtiger Grundstoff in der chemischen Industrie. Es kann auch als Treibstoff eingesetzt werden, etwa in Schiffen oder auch beigemischt in Pkw. Bisher wird Methanol meist aus fossilem Erdgas hergestellt. Doch zukünftig soll es auch klimaneutral erstellt werden: Für die Produktion von sogenanntem grünen Methanol wird mit erneuerbaren Energien hergestellter Wasserstoff sowie Kohlendioxid benötigt.
So hergestelltes Methanol gehört, wenn es als Kraftstoff eingesetzt wird, zu den vieldiskutierten E-Fuels, also zu den Kraftstoffen, die mit Hilfe von erneuerbarem Strom hergestellt werden. Technologien, bei denen mit Hilfe von Strom Chemikalien erzeugt werden, werden auch als Power-to-X bezeichnet. Die Lausitz südöstlich von Berlin soll künftig viele derartige Technologien beherbergen: Das Bundeswirtschaftsministerium hat dafür vor zwei Jahren ein Kompetenzzentrum in Cottbus gegründet.
Die in Wiesbaden beheimatete Firma Hy2gen plant den Bau der Methanolanlage in der Lausitz, der genaue Standort steht noch nicht fest. In zwei Elektrolyseanlagen soll mit Hilfe von Strom Wasserstoff hergestellt werden. Eine größere Elektrolyseanlage soll vor allem die Methanolproduktion versorgen, während eine dazu geplante kleinere Anlage ihren Strombedarf flexibel an den verfügbaren Strom anpassen und damit das Stromnetz stabilisieren kann.
Ein Knackpunkt bei der Produktion von grünem Methanol ist die Frage, wo das benötigte Kohlendioxid herkommt. Zwar könnte man es aus den Abgasen fossiler Kraftwerke und Industrieanlagen gewinnen, doch das würde dem Ziel einer klimaneutralen Industrie widersprechen; von grünem oder klimaneutralem Methanol könnte man dann nicht mehr sprechen. Man müsste einen Teil der Emissionen, die bei einer späteren Nutzung oder Verbrennung entstehen, der Methanolanlage zurechnen.
Für die Firma Hy2gen ist daher klar, dass für die Methanolproduktion in der Lausitz nur biologische Kohlendioxid-Quellen in Frage kommen. Gegenüber der taz erklärte Per-Christian Eder von Hy2gen, dass man dafür mit den Betreibern von Biogasanlagen im Gespräch sei.
In der Brandenburger Landesregierung hatte man aber offenbar andere Ideen. In einer Präsentation des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Energie findet sich eine grafische Darstellung, laut der die Methanolproduktion mit Kohlendioxid aus einem EBS-Kraftwerk versorgt werden soll. Diese Präsentation wurde im Lausitz-Ausschuss des Landtags im Februar vorgestellt. Die Abkürzung EBS steht für Ersatzbrennstoff: Es geht um ein geplantes Kraftwerk am Standort Jänschwalde – und das ist umstritten.
Ein Kraftwerk für Müll?
Die Firma Leag, die bisher in Jänschwalde ein großes Braunkohlekraftwerk betreibt, will dort künftig aus Abfällen gewonnene Brennstoffe in einem eigenen Kraftwerk verbrennen. Eine lokale Bürgerinitiative spricht von einer Müllverbrennungsanlage und kritisiert die Pläne. Unterstützt wird die Initiative von Umweltverbänden wie der Deutschen Umwelthilfe. Die Initiative und die Umweltverbände sehen im Bau von derartigen Verbrennungskraftwerken ein Hindernis für die politisch gewünschte Erhöhung von Recyclingraten und eine bessere Kreislaufwirtschaft.
Doch die Pläne, die Methanolproduktion mit dem geplanten Kraftwerk in Jänschwalde zu verknüpfen, hatte das Wirtschaftsministerium offenbar nicht mit dem Betreiber abgesprochen. Per-Christian Eder von Hy2gen erklärte, dass die Nutzung von Kohlendioxid aus Abfällen für die grüne Methanolproduktion nicht in Frage kommt.
Auf Nachfrage antwortet das Wirtschaftsministerium ausweichend: „Bei dem Schaubild in der Präsentation handelt es sich lediglich um eine symbolische Darstellung der Prozessketten von Hy2Lausitz, die in der ersten Phase auf den Industriestandort Jänschwalde abgezielt hat. Das Projekt wurde und wird kontinuierlich weiterentwickelt.“
Absprachen sind offenbar Mangelware
Auch die Leag weiß von der Verbindung ihres Kraftwerks zur Methanolproduktion offenbar nichts. Es gäbe „derzeit keine Pläne, das Kohlendioxid aus dem EBS-Kraftwerk weiter zu nutzen“, erklärte Leag-Sprecherin Kathi Gerstner auf Anfrage.
Die Idee, das EBS-Kraftwerk mit der Wasserstoff-Region in Verbindung zu bringen, stammt allerdings von der Leag selbst. In einer Broschüre, die in Jänschwalde verteilt wurde, schreibt der Kraftwerkbetreiber, dass sich durch das Kraftwerk „Chancen für die Entwicklung der Wasserstoffwirtschaft“ bieten. Was damit allerdings genau gemeint sein soll, bleibt offen. Die Leag erklärte auf Nachfrage, dass man sich mit diesem Verweis auf die Wasserstoff-Region nicht auf konkrete Vorhaben bezogen habe.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid