Kritik an Klimastudie: Firmen erkaufen sich Mitsprache

Die Deutsche Energie-Agentur beteiligt Unternehmen an der Erstellung einer Klimastudie – gegen Geld. Die NGO LobbyControl kritisiert das scharf.

Verwaltungsgebäude mit Schriftzug Thyssengas in Dortmund

Gefährdet Sponsoring von RWE oder Thyssengas die Unabhängigkeit der Forschung? Foto: Winfried Rothermel/imago

BERLIN taz | Die Studie „Aufbruch Klimaneutralität“ der bundeseigenen Deutschen Energie-Agentur (dena) hat ein großes Ziel. Sie will nichts Geringeres als einen Plan aufstellen, wie Deutschland in den Bereichen Energiewirtschaft, Gebäude, Industrie und Verkehr bis 2050 klima­neutral werden kann. Am Donnerstag hat die dena einen ersten Zwischenbericht ver­öffentlicht. Die NGO LobbyControl kritisiert die Studie scharf. Denn sie wird zu 80 Prozent von Unternehmen finanziert, insbesondere von Gas- und Ölfirmen.

„Fossile Konzerne wie RWE oder Thyssengas kaufen sich in die Studie ein und gefährden so die Unabhängigkeit der Forschung“, sagte Sprecherin Christina Deckwirth der taz. Diese Unternehmen profitierten von der Fortführung der fossilen Wirtschaft. Es sei deswegen ein „Unding“, dass sie die wissenschaftliche Arbeit zu ihren Gunsten beeinflussen und über Ergebnisse mitentscheiden könnten.

„Uns wurden unveröffentliche Ergebnisse zugespielt, die den Einfluss der Gaslobby beweisen. In den Szenarien für die kommenden Jahre spielten Gas und Wasserstoff eine übergroße Rolle, vor allem im Gebäude- und Verkehrsbereich“, sagte Deckwirth. „Die Textstellen wurden letztlich nicht veröffentlicht – offenbar waren sie intern zu kontrovers.“

Um an der Studie mitzuwirken, zahlen große Unternehmen und Verbände jeweils 35.000 Euro, kleinere Firmen 20.000 und Start-ups 5.000 Euro. Das teilte eine dena-Sprecherin auf Anfrage mit. Deckwirth kritisiert, dass die dena diese Summen nicht transparent mache. „Für die Öffentlichkeit bleibt im Dunkeln, welche Unternehmen wie viel Geld zahlen.“

dena weist Vorwurf zurück

Den Vorwurf, das Sponsoringmodell gefährde die Neutralität der Studie, weist die staatliche Agentur zurück. Die Studie binde bewusst Unternehmen ein, die am Ende für die Umsetzung der Klimaziele zuständig seien, so die Sprecherin. Außerdem existiere ein Beirat mit 45 Mitgliedern, der eine „einseitige Einflussnahme“ ausschließe. Diesem Beirat gehörten Ver­tre­te­r*in­nen aus Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft an. Deckwirth von LobbyControl entgegnete hingegen: „Der Beirat darf aber nicht mitentscheiden, sondern nur beraten. Das ist ein großer Unterschied.“

LobbyControl fordert die dena dazu auf, das Sponsoringmodell zu stoppen und für „seriöse und ausgewogene Forschung“ zu sorgen. Das Bundeswirtschaftsministerium müsse die Finanzierung der Studie, die im Herbst veröffentlicht wird, übernehmen – nicht die Öl- und Gaslobby. Das Ministerium teilte jedoch mit, nichts mit der dena-Studie zu tun zu haben. Diese sei „eine eigenständige Drittmittelaktivität der dena und wird nicht über das Wirtschaftsministerium finanziert“. Dass in der Studie „in besonderem Maße die Sichtweise der beteiligten Stakeholder zum Tragen kommt“, sei dem Ministerium bewusst.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.