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Stromspeicher für die ZukunftDie größte Batterie der Welt

Der Oldenburger Energieversorger EWE will sie in einem unterirdischen Salzstock bauen. Sie könnte Berlin für eine Stunde mit Strom versorgen.

So ähnlich nur sehr viel größer Foto: dpa

Freiburg taz | Das Oldenburger Energieunternehmen EWE plant in unterirdischen Salzkavernen den Bau der größten Batterie der Welt. Sie soll eine Leistung von bis zu 120 Megawatt erreichen und bis zu 700 Megawattstunden speichern können. Die Menge reiche aus, um eine Millionenmetropole wie Berlin für eine Stunde mit Strom zu versorgen, sagt Peter Schmidt, Geschäftsführer der EWE Gasspeicher GmbH.

Bei dem Projekt, das Ende des Jahres 2023 in Betrieb gehen könnte, handelt es sich um eine Flüssigbatterie (Redox Flow). Deren Charme besteht darin, dass ihre Leistung und ihre Kapazität unabhängig voneinander skaliert werden können – will man mehr Energie speichern, reicht es schlicht aus, die zugehörigen Tanks zu vergrößern. Rein technisch sind die Kapazitäten damit nahezu unbegrenzt; EWE will das nun auf bisher einmalige Weise ausreizen.

Das Funktionsprinzip basiert auf zwei Elektrolyten, die in zwei korrespondierenden Kavernen gespeichert sind. Diese Salzlösungen können Elektronen unterschiedlich fest an sich binden. Durch Stromzufuhr von außen werden dem Elektrolyt mit stärkerer Bindung die Elektronen entrissen und der anderen Seite zugeführt. Beim Entladen entreißt der stärkere Elektronen-Binder dem schwächeren die Elektronen wieder. Dadurch fließt elektrischer Strom, der genutzt werden kann. Rund 70 Prozent des eingespeicherten Stroms erhält man dabei wieder zurück.

Die EWE Gasspeicher GmbH kooperiert bei dem Projekt mit der Friedrich-Schiller-Universität Jena, die dafür neuartige Komponenten entwickelt hat. Bei vergleichbaren Anlagen verwendet man bisher zumeist in Schwefelsäure gelöste Schwermetallsalze, wie etwa jene des Vanadiums. Bei dem Projekt der EWE soll eine Kochsalzlösung eingesetzt werden, die mit Kunststoffen versetzt ist.

Die Flüssigbatterie basiert auf Elektro­lyten aus salz­haltigen Lösungen

Die Pilotanlage soll aus zwei mittelgroßen Salzkavernen von jeweils 100.000 Kubikmetern Volumen bestehen. Damit könnten Hohlräume in einem Salzstock, die zur Speicherung von Erdgas angelegt wurden, eine neue Aufgabe bekommen. EWE betreibt solche Kavernen zur Gasspeicherung.

Mit zwei obertägigen Versuchsanlagen will EWE nun starten; die Pilotanlage in der Kaverne, die laut heutigen Schätzungen zwischen 100 und 120 Millionen Euro kosten wird, soll dann folgen. Die Kosten für die Anlage entsprächen pro Kilowatt Leistung etwa denen von Pumpspeicherkraftwerken, rechnet EWE vor. Die Oldenburger Firma spart nicht mit großen Worten: Durch diese „Megabatterien“ werde erneuerbare Energie „zukünftig jederzeit in ausreichender Menge zur Verfügung stehen“.

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8 Kommentare

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  • "Rund 70 Prozent des eingespeicherten Stroms erhält man dabei wieder zurück."

    Das ist schon mal eine optimistische Prognose.

    In jedem Fall wird das in erster Linie eine riesige Energievernichtungsanlage.

    • @Werner W.:

      Welche Energie wird denn vernichtet, wenn man zuvor bei einem Überangebot an Windenergie, die Windräder abgestellt und BEZAHLT hat?

      Nun hat man eine Möglichkeit, diese Energie zu speichern. Die Windräder müssen nicht mehr abgeschaltet werden und die Energie kann bei Bedarf ausgespeichert werden. Es werden also nicht mehr 100 % vernichtet, sondern 70 % von diesen gespeichert....

  • Bei der Verwendung von Powerwall-2-Aggregaten von Tesla (6200 Euro für 14 KWh) kommen für die gleiche Leistung ca. 53 Mio Euro - für die immerhin 8700 Aggregate - zusammen. Die weiteren Kosten (Gebäude, Verschaltung und Wechselrichter) sollten das System immer noch wesentlich billiger werden lassen, als die Redox-Flow-Lösung. Elon Musk hatte eine ähnliche Anlage - mit 100 MWh - für Hawai konzeptioniert.

    • @Fattyman:

      Das einfache Zusammenschalten einer riesigen Anzahl von Lithium-Ionen Batterien, funktioniert zwar, ist aber in der Praxis nicht eben ideal. Die Flüssigbatterien sind in diesem Bereich sicher die bessere Lösung.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Eine solche Menge an LiIon-Akkus würde ja auch den Marktpreis der Akkus nach oben treiben.

         

        Die beste Hoffnung ist immer noch eine neue Akkutechnologie auf Basis von häufiger vorkommenden Materialien die sich auch bis zu 0V entladen lässt.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Auch die Selbstentladungrate, bei einem Stromspeicher mit 120 MW nicht gerade unwichtig, dürfte bei der Redox-Flow-Batterie besser als bei den Lithium-Ionen-Akkus aus der Powerwall sein.

        • @Martin74:

          Hat Li-Ion eine nennenswerte Selbstentladung? M.W. nicht. insbesondere der Wirkungsgrad von 0.7 wird aber sicher übertrofen von Li-Io, weshalb die Selbstentladung wohl vernachlässigbar wird.

          So eine Redox-Lösung geht aber a) nur im grossen Stil: willkommen back to the roots of Grosskonzernen und deren Preis- und Innovationsdiktat!

          und b) geht das nur DORT, wo auch unterirdisch ebensolche Kavernen vorhanden sind.

          Ausserdem kann sich JEDER Haushalt so eine Wandbatterie einbauen und wird damit autarker, man braucht keine Grossanlagen - das ist fossile Denke!

          • @Mitch Miller:

            Beide Technologien haben ihre Einsatzgebiete. Man muss von Fall zu Fall entscheiden, welche besser ist.