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Strompaket der neuen RegierungSchwarz-rotes Preissenken wird teuer

Union und SPD wollen den Strompreis für alle um 5 Cent senken. Das kostet mehr als 20 Milliarden Euro im Jahr, erwartet die Energiebranche.

Ohne einen weiteren Ausbau der Stromnetze könnte die Energiewende ins Stocken geraten Foto: Jochen Tack/imago

Berlin taz | Die im Koalitionsvertrag von Union und SPD angekündigte Entlastung bei den Stromkosten würde pro Jahr mehr als 20 Milliarden Euro kosten, erwartet Stefan Dohler, Chef des Versorgers EWE und Präsident des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). „Meine Sorge ist, dass zu wenig Geld für die nötigen Infrastrukturmaßnahmen übrig bleibt“, sagte er der taz. Ohne den weiteren Ausbau, zum Beispiel der Stromnetze, würden der geplante Zuwachs der erneuerbaren Energien und die Elektrifizierung von Wärme, Verkehr und Industrie ins Stocken geraten.

Im Koalitionsvertrag ist die Senkung des Strompreises um mindestens 5 Cent pro Kilowattstunde vorgesehen. Im internationalen Vergleich sind die Stromkosten in Deutschland sehr hoch. 2024 lagen sie im Schnitt bei 40,22 Cent pro Kilowattstunde, zurzeit sind es 39,80 Cent. Die genaue Höhe hängt vom Anbieter und von der Region ab. Unternehmen sehen die hohen Preise als Wettbewerbsnachteil. Auch für Privathaushalte mit geringen und mittleren Einkommen sind die Strompreise ein Problem. Vor diesem Hintergrund haben CDU, CSU und SPD bei den Koalitionsverhandlungen ihre Senkung vereinbart. Diese steht – wie alle Vereinbarungen – allerdings unter einem Finanzierungsvorbehalt.

In Deutschland werden jährlich rund 500 Terawattstunden Strom verbraucht. Grob überschlagen kostet eine Entlastung um 5 Cent pro Kilowattstunde rund 25 Milliarden Euro, rechnet Dohler vor. Bereits jetzt gibt es staatliche Hilfen für die energieintensive Industrie, die damit verrechnet werden müssen. Unterm Strich bleiben mehr als 20 Milliarden Euro Entlastungskosten, erwartet Dohler.

Die 5 Cent Entlastung sollen unter anderem durch die Senkung der Stromsteuer um 2 Cent realisiert werden. Allein dadurch entgehen dem Staat 10 Milliarden Euro jährlich. „Diese Maßnahme ist richtig“, sagte Dohler. Auch die Senkung der Abgaben für die Nutzung der Stromnetze soll den Strompreis dämpfen.

Koalitionsvertrag 2025

Am 9. April 2025 hat Schwarz-Rot die Koalitionsverhandlungen abgeschlossen. Den Koalitionsvertrag zwischen SPD, CDU und CSU für die 21. Legislaturperiode finden Sie

Flächenziele für Windräder werden in Frage gestellt

Statt alle Verbraucher gleichermaßen zu entlasten, sei eine gezieltere Unterstützung sinnvoller, sagt Dohler. Er fordert außerdem attraktivere Bedingungen für Anleger, um privates Kapital für den Netzausbau und andere Energieinfrastruktur zu mobilisieren. Die aktuellen Renditen seien nicht ausreichend, um auch internationale Investoren dafür zu gewinnen.

Der Koalitionsvertrag enthält ein Bekenntnis zum Ausbau der erneuerbaren Energien, auch der Windkraft. Die Ampelregierung hatte beschlossen, dass in zwei Schritten bestimmte Flächen in den Ländern für den Bau von Windrädern ausgewiesen werden müssen. An den Zielen für 2027 hält die neue Regierung fest, die für 2032 will sie evaluieren. „Das ist schwierig“, sagte Dohler. Denn das könnte Investoren verunsichern – sie brauchen langfristig Planungssicherheit. Die werde durch solche Ankündigungen in Frage gestellt, fürchtet er.

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7 Kommentare

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  • Wodurch unterscheidet sich "schwarz-rotes Preissenken" von grünem oder linkem Preissenken?



    Netzausbaukosten etc. werden in beiden Fällen auf die Steuerzahler verschoben. Also auf alle (auch Bürgergeldempfänger und Mindestlöhner zahlen MwSt).

    • @sollndas:

      Die zahlen auch Stromsteuer, und zwar überproportional. Für untere Einkommensschichten wäre das selbst dann eine Entlastung, wenn es vollständig über eine Mehrwertsteuererhöhung gegenfinanziert würde.

  • Ich dachte es gilt die freie Marktwirtschaft und in der werden Produkte, die in großer Menge frei verfügbar sind billig! Also gehört das Geld in den Ausbau von Speichern und Netzen und weiter in die Erzeugung von erneuerbarer Energie sowie in ein Klimageld für die finanziell Schwächeren. Ansonsten muss der Preis auch die Kosten abbilden, sonst sind wir wieder in den Zeiten der unsichtbaren Subventionierung der Atomkraft. Die Transformation ist noch lange nicht zu Ende!

    • @Martin Weiblen:

      Sehe ich auch so! Das sind eher Wahlgeschenke statt Zukunftssicherung. Es gibt zwingende Entscheidungen, egal, wer regiert, aber die CD/SU hat ja schon in der Opposition die Investitionssicherheit torpediert - aus Machtgeilheit und nicht weil es bessere Alternativen gab ...

  • Warum entlastet man nicht die Verbraucher, mit dem lange versprochenen Klimageld..anstatt einfach pauschal die Stromkosten zu senken.?



    Das wäre nicht nur sozial gerechter, es wäre auch ein Anreiz Strom zu sparen (z.B. durch die Anschaffung sparsamer Geräte,etc.)..

    Sorry..aber intelligente Politik geht anders..

    • @Wunderwelt:

      Ob die neuere Geräte wirklich sparsamer arbeiten oder nur schöngerechnet sind, ist ja meist noch die Frage. Schmeiß ich meine Waschmaschine weg und kaufe mir für 300 Euro eine neue, müßte ich damit etwa 1.000 kWh sparen können, um erst mal nur Geld gewechselt zu haben. Das wären mindestens 2.000 Waschzyklen: www.bewusst-hausha...uch-waschmaschinen Und selbst, wenn man die irgendwann mal durch hätte, stünden immer noch Umweltverschmutzung und Energieverbrauch bei der Herstellung auf der Negativseite der Klimabilanz.

    • @Wunderwelt:

      Genau! Es scheint, als wenn die Grünen in dieser Republik ein Monopol auf zukunftsfähige Politik haben. Nur der dt. Michel will keine Veränderung. Anders kann ich mir die Neuauflage der GroKo auch nicht erklären ...



      Die grünen Ziele waren richtig, aber damit haben sie sich im Politikbetrieb angreifbar gemacht. Keine etablierte Partei hat sich diese Chance entgehen lassen und zugeschlagen. Solange Dieter Nuhr und Konsorten mit Schwurbler-nahem Kabarett so große Zustimmung im Publikum finden, wird auch weiterhin jeder progressive Politiker mit Halbwahrheiten an den Pranger gestellt. - Und auf diesem Ticket reisen die "Volksparteien". Da reicht die Intelligenz in der Politik nur noch für die eigenen Partei-Interessen ...