piwik no script img

Streit zwischen Australien und FacebookWer hat kapituliert?

Australien und Facebook vertragen sich nach einem Streit über ein Mediengesetz. Einen wirklichen Sieger gibt es nicht. Die globale Kritik aber wirkt.

Mark Zuckerberg sah sich gezwungen, persönlich mit der australischen Regierung zu verhandeln Foto: Kyodo/imago

Das Muskelmessen hat ein Ende. Australien bekommt in den nächsten Tagen wieder Nachrichten. Nicht, dass es Down Under daran wirklich gemangelt hätte. Nur von Facebook gab es keine. Der Tech-Gigant hatte das Land mit News-Entzug abgestraft. Die klare Botschaft lautete: Legt euch bloß nicht mit uns an. Hintergrund: Die Regierung in Canberra will Facebook und Google per Gesetz zwingen, künftig die aus­tralischen Medien an ihren im News-Bereich erzielten Anzeigeneinnahmen zu beteiligen.

Seit Donnerstag waren nicht nur klassische News-Seiten, sondern gleich auch die halbe Zivilgesellschaft, Behörden, in der Coronapandemie lebensnotwendige Gesundheitsdienste, auch Hilfsorganisationen in Sachen häuslicher Gewalt blockiert. Facebook stand und steht deshalb international in der Kritik. Weshalb wohl auch Face­book-Boss Mark Zuckerberg persönlich mit Australiens Finanzminister Josh Frydenberg und Medienminister Paul Fletcher verhandelte. Das Ergebnis ist ein fauler Kompromiss, bei dem beide Seiten „Sieg“ brüllen können.

Denn auf den ersten Blick bleibt das Gesetz erhalten: Face­book, Google und vergleichbare Intermediäre müssen mit australischen Medien ernst gemeinte Verhandlungen aufnehmen und eine faire Beteiligung an den Anzeigeneinnahmen vereinbaren. Kommt das nicht zustande, setzt ein von den australischen Behörden kontrolliertes Schlichtungsverfahren ein. Dessen Ergebnis müssen die Tech-Konzerne akzeptieren, sonst drohen empfindliche Strafen.

Das Ganze wäre aber kein Kompromiss, wenn der Käse nicht ziemliche Löcher bekommen hätte: Das Gesetz soll nicht anwendbar sein, wenn die Konzerne nachweisen können, dass sie mit „genügend Medienunternehmen“ Vereinbarungen geschlossen haben. Was bitte bedeutet „genügend“? Außerdem gibt es statt sofortiger Sanktionen künftig eine Frist von einem Monat zur Nachbesserung. Der Schlichtungsprozess soll dann nur noch als „letzter Ausweg“ greifen. Vermutlich also – nie.

Google schweigt

Zahlreiche australische Medien verhandeln nun mit Facebook beziehungsweise haben die Verhandlungen wieder aufgenommen. Google schweigt dagegen merkwürdig stille. Dabei dominiert Google das News-Geschäft noch stärker als Facebook und hatte mit ähnlichen Sanktionen gedroht. Die massive globale Kritik hat also etwas gebracht. Facebook hat, allem fröhlichen Gelaber von Mark Zuckerberg über globale soziale Verantwortung zum Trotz, mal wieder sein wahres Gesicht gezeigt. Es ist nicht schön.

Und trotz aller Verwässerungen bringt das australische Gesetz mehr, als bislang in Europa denkbar scheint. Doch jetzt taucht bei uns plötzlich auch ein höchst unerwarteter Verbündeter auf: Ausgerechnet Microsoft geht laut Financial Times auf die EU zu und bietet an, ein Schlichtungssystem nach dem australischen Modell für das europäische Leistungsschutzrecht zu entwickeln. Wenn das kein Fehdehandschuh ist!

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • @HEY87654676

    Da haben wir uns gründlich missverstanden.

    Facebook ist für mich die Antithese des offenen Internets. Genauso eben wie Rupert Murdoch. So unterschiedlich beide eben aussehen.

    Was die untereinander aushandeln kann für den Rest nicht gut sein: egal wie es ausgeht.

  • Ich weiss nicht, wer "kapituliert" hat. Aber ich weiss, wer verloren hat: wir alle, das offene Internet.

    Da handeln Medien- und Werbegiganten die Sache unter sich aus. Unserer aller anderer Interessen kommen unter die Räder.

    • @tomás zerolo:

      Naja, Facebook würde ich nicht als das offene Internet bezeichnen. Die Algorithmen sind genau so wenig offen wie die benutzte Software. Gleichzeitig werden User indirekt durch Algorithmen manipuliert, um Werbeeinnahmen zu maximieren. Das ist wohl eher die Dystopie des Internets.

      Nichtsdestotrotz eine ziemliche Ironie, dass ausgerechnet Australien solche Schritte erwägt...