piwik no script img

Streit um Wirksamkeit von Homöopathie"Heilsversprechen sind unseriös"

Der aktuelle Streit über Homöopathie wird ideologisch geführt, sagt Claudia Witt, Professorin für Alternativmedizin. Ein Gespräch über Zucker, Placebo und Götter in Weiß.

Besonders bei Kindern beliebt: Die Zuckerkügelchen mit angeblicher Wunderwirkung. Bild: dpa
Interview von Maria Rossbauer

taz: Frau Witt, vertragen sich Schulmedizin und Homöopathie?

Claudia Witt: Schulmedizin als Basis zu haben, bedeutet ja auch, zu erkennen, wann Schulmedizin besser ist oder beides kombiniert werden kann. In der Regel nehmen Patienten alternative Medizin, also Homöopathie, Akupunktur oder auch andere Naturheilverfahren, zusätzlich zur Schulmedizin in Anspruch.

Ergibt das Sinn?

charité/ carstens-stiftung
Im Interview: 

Das ist Claudia Witt: Die Medizinerin, Jahrgang 1969, hat an der Berliner Charité seit Mai 2008 Deutschlands einzige Professur inne, die sich der Erforschung von Alternativmedizin widmet. Sie untersuchte schon in ihrer Promotion homöopathische Hochpotenzen. Verheiratet ist sie mit dem Maler Christian Faul.

Das ist Homöopathie: Bei dieser alternativ-medizinischen Heilmethode sollen Substanzen, die bei gesunden Menschen Symptome einer Krankheit hervorrufen, in extrem verdünnter Form kranken Menschen helfen. Anhänger der Homöopathie nehmen die Mittel meist in Form von Globuli, kleinen Zuckerkugeln ein.

Das ergibt absolut Sinn, viel mehr Sinn als Entweder-oder. Eine chronische Erkrankung wird ja heutzutage komplex behandelt. Bei Rückenschmerzen gibt man nicht nur Schmerzmittel, sondern es gibt Empfehlungen, wie sich ein Patient verhalten soll, Physiotherapie und dazu noch eine Schmerztherapie. Und wenn der Patient dann auch noch Akupunktur oder was anderes dazu kombiniert, dann hat er trotzdem eine solide konventionelle Versorgung und das andere sozusagen on top. Krebspatienten zum Beispiel nehmen Homöopathie zusätzlich und nicht anstelle einer Chemotherapie in Anspruch. Alles andere sind wirklich absolute Ausnahmefälle.

Wählen viele Menschen nicht Homöopathie, weil sie von der Schulmedizin frustriert sind?

Ich kenne keine Studien darüber, weshalb sich Patienten für die Homöopathie entscheiden. Der Frust wäre eine reine Hypothese. Ich kann es also nicht wirklich bestätigen. Sie merken schon, bei uns geht es nicht um Meinung, wenn man forscht und dazu Stellung nimmt. Es geht darum, ob es Daten gibt oder nicht. Ich unterrichte auch Forschungsmethodik und fange meine Kurse immer mit dem Spruch an: "In God I trust, everyone else has to show data." Ich bin einfach nicht mit Vermutungen, sondern mit Daten zu überzeugen.

Wie sehen Sie die aktuelle Debatte über die Finanzierung von Homöopathie durch Krankenkassen: Ist das ein Glaubenskrieg?

Ich halte sie vor allem für unsachlich geführt. Der Punkt ist: Die gesamte Diskussion wird im Moment eben nicht auf Basis von Daten geführt. Sondern sehr ideologisch, auf der Ebene von Vermutungen. Eigentlich ist es eine Debatte über die Wirksamkeit der Homöopathie, besonders von homöopathischen Arzneimitteln. Da hat man sich dann eine Diskussionsebene gesucht, bei der man möglichst viel Staub aufwirbeln konnte.

Etwa die Hälfte aller Krankenkassen bietet Zusatzleistungen für alternative Medizin an. Warum zahlen Kassen für etwas, von dem kein medizinischer Wirkmechanismus nachgewiesen ist?

Die Krankenkassen kennen die Studien, die gezeigt haben, dass es den Patienten mit homöopathischen Behandlungen besser geht. Ich vermute, sie orientieren sich am Gesamtergebnis. Da die Versicherten zum Teil gern Homöopathie haben wollen, ist es also auch ein Wettbewerbsvorteil für die Krankenkassen.

Sollte das Geld aus unserem Gesundheitssystem nicht lieber für die Behandlung von ernsthaften Erkrankungen ausgegeben werden?

Die Patienten, die zum homöopathischen Arzt gehen, haben ernsthafte Erkrankungen. Die Fakten sind da sehr klar. Sie haben chronische Leiden und sind schon lange schulmedizinisch vorbehandelt. Wir reden hier nicht über Bagatellerkrankungen. Da nutzen die Patienten zwar auch Homöopathie, gehen aber selbst in die Apotheke und kaufen sich die homöopathischen Arzneimittel. Damit gehen sie normalerweise nicht zum homöopathischen Arzt.

Sparen wir denn tatsächlich Geld, wenn wir homöopathische Präparate aus dem Leistungskatalog der Kassen streichen?

Das würde ich auch gern wissen. Also, wenn der gesundheitspolitische Sprecher der SPD, Karl Lauterbach, diese Zahlen hätte, würde ich mich sehr freuen, wenn ich sie von ihm bekommen könnte. Er ist schließlich derjenige, der nun Homöopathie aus dem Angebot der Krankenkassen streichen will.

Dabei zahlen doch gar nicht alle Kassen für Homöopathie.

Ja, es ist keine generelle Krankenkassenleistung. Die einzigen Daten, die ich in Deutschland zu den Kosten von Homöopathie kenne, sind die aus einer Studie, die unser Institut zusammen mit der Innungskrankenkasse Hamburg gemacht hat. Da haben wir homöopathische und konventionelle Behandlung für bestimmte Krankheiten verglichen und danach auch die Kosten analysiert. Dabei haben wir gesehen, dass das zusätzliche Angebot von Homöopathie im Rahmen dieses Modellprojekts nicht zu mehr Kosten geführt hat, da es an anderen Punkten Einsparungen gab. Aber das ist eine kleine Studie und nicht repräsentativ. Man bräuchte eigentlich Analysen im größeren Stil, um diese Diskussion überhaupt auf einer sinnvollen Datenbasis zu führen. So etwas geht nicht aus dem Bauch heraus.

Sie haben an der Berliner Charité Deutschlands einzige Professur zur Forschung für alternative Medizin inne. Wo stehen Sie denn in der Debatte?

Hauptsächlich bin ich Forscherin. Ich behandle ja auch bewusst keine Patienten, um mir den Abstand zu bewahren. Ich diskutiere aber viel mit den Ärzten, die alternativmedizinische Therapien anwenden, damit unsere Studien, die verschiedene medizinische Therapien vergleichen, auch die Realität abbilden. Aber ich möchte selber nicht beides tun: behandeln und neutral analysieren müssen. Um von einem negativen Ergebnis nicht so frustriert zu sein - und vielleicht auch von einem positiven nicht so erfreut -, dass es die weitere Forschung zu sehr in eine Richtung drängt.

Sehen Sie sich als Vermittlerin?

Das ist zumindest etwas, was ich als Wissenschaftlerin versuche. Geht es um Homöopathie, merkt man ganz klar: Jeder hat eine Meinung dazu und die ist entweder pro oder kontra. Und wenn man wie ich in der Mitte steht, ist das gegebenenfalls beiden Seiten nicht unbedingt recht. Im Moment wird sehr laut geschrien. Das heißt aber nicht, dass die, die am lautesten schreien, immer recht haben.

Sprechen wir doch mal über die Wirksamkeit. Wie funktionieren eigentlich Globuli?

Es gibt bis jetzt keine plausible Antwort, wie etwas wirken könnte, in dem quasi nichts drin ist.

Ist wirklich kein Wirkstoff in homöopathischen Präparaten?

Man muss bei der Homöopathie zwei Formen unterscheiden: Es gibt sogenannte Niedrigpotenzen, also zum Beispiel die Komplexmittel, in denen verschiedene Arzneimittel zusammengemischt werden. Da ist noch was drin. Die emotionale Diskussion dreht sich aber um die sogenannten Hochpotenzen, die so hoch mit einem Alkohol-Wasser-Gemisch verdünnt sind, dass wirklich nichts mehr vom Ausgangsstoff erhalten ist. Eingenommen werden dann meist Zuckerkügelchen aus Saccharose, die mit dieser Flüssigkeit benetzt wurden.

Sind es dann Placebo-Effekte, die etwas bewirken?

Man kann davon ausgehen, dass der Placebo-Effekt auf jeden Fall eine große Rolle spielt. Er tritt aber auch in der Schulmedizin auf. Egal, was Sie einem Patienten geben: die Umgebung, die Art, wie Arzt und Patient miteinander kommunizieren, aber auch die Erwartung des Patienten und des Arztes, wirken sich auf das Therapieergebnis aus.

Muss man also an Homöopathie glauben, damit sie hilft?

Das ist eine gute Frage. Dazu wäre Forschung notwendig. Aus der Akupunktur wissen wir, dass Patienten mit höherer Erwartung auch ein besseres Therapieergebnis haben. Das konnten wir aus unseren Studien analysieren. Aber in der Homöopathie sind die Daten, um diese Analyse zu machen, bisher nicht vorhanden.

Warum gibt es dazu keine Studien?

Es gibt für die Homöopathie Studien zu verschiedenen Fragen. Wir konnten in unseren beobachten, dass die Effekte von homöopathischen und schulmedizinischen Behandlungen vergleichbar waren. Studien, die homöopathische Arzneimittel mit einem Placebo vergleichen, zeigen aber widersprüchliche Ergebnisse. Die meisten dieser Studien, vor allem die älteren, haben methodische Schwächen. Sie sind also nicht wirklich beweiskräftig. Bisher ist nicht eindeutig belegt, dass sich homöopathische Arzneimittel von Placebo unterscheiden.

Sie erforschen seit 1997 die Heilkraft von Alternativmedizin. Und konnten nur herausfinden, dass es hilft, wissen aber nicht, warum?

Ja. Man weiß nicht, wie es wirkt. Aber es gibt Belege dafür, dass es Patienten, die sich homöopathisch behandeln lassen, besser geht. In dem Warum stecken viele Fragen: Natürlich die nach dem Wirkmechanismus, aber auch ob andere Faktoren, die in der komplexen Homöopathiebehandlung eine Rolle spielen, von Wirkung sind.

Ist es frustrierend, an etwas zu forschen, von dem Sie keine Ahnung haben, wie es funktioniert?

Ich hab ja früher auch Grundlagenforschung zur Homöopathie gemacht, also versucht herauszufinden, wie die genauen Wirkmechanismen sind. Am Ende war es schon frustrierend, zu etwas zu forschen, was sozusagen eine Blackbox ist. Deshalb bin ich in die klinische Forschung gewechselt. Diese ist viel fassbarer, weil man dort misst, ob es dem Patienten besser geht oder nicht.

Nehmen Sie selbst eigentlich auch Globuli?

Ich bin, Gott sei Dank, sehr gesund, ich nehme eigentlich kaum Medikamente. Wenn ich mal akut Kopfschmerzen habe und funktionieren muss, dann nehm ich eine Schmerztablette.

Also, Sie stehen dem Ganzen grundsätzlich erst mal skeptisch gegenüber.

Die Skepsis hat sich dann irgendwann in Neugierde verwandelt. Wenn sie auf der einen Seite wissen, dass etwas naturwissenschaftlich eigentlich gar nicht funktionieren kann, auf der anderen Seite aber sehen, wie es einem guten Bekannten mit einer homöopathischen Behandlung deutlich besser geht, nachdem er lange vorher schulmedizinisch in Behandlung war, dann wird man neugierig. Grundsätzlich bin ich deshalb erst mal allen Therapien gegenüber offen.

Das genügte als Anstoß, sich auf alternative Medizin zu spezialisieren?

Ja. Es hat mich einfach fasziniert und zur Forschung angeregt. Schon in meiner Jugend hatte ich viele Freunde, die Homöopathie genutzt haben. Wenn man dann im Studium steckt und sich den ganzen Tag mit dem Thema Medizin auseinandersetzt, will man schon begreifen, was da eigentlich los ist.

Es war für Sie also nie ein Widerspruch, sich für klassische Medizin und für Homöopathie zu interessieren?

Der Widerspruch ist ein naturwissenschaftlicher. Den habe ich bis heute. Ich hatte Chemie und Mathematik im Abitur, ich bin sehr naturwissenschaftlich geprägt.

Haben Sie denn auf Ihre Fragen von damals Antworten gefunden?

Eher Teilantworten, die wieder neue Fragen aufwerfen. Mein Mann ist Maler, ich interessiere mich auch für moderne Kunst. Auch hier machen mich Arbeiten neugierig, die erst einmal nicht so klar zugänglich sind. Vielleicht liegt es daran, Dinge erforschen zu wollen. Eine Art Entdeckerehrgeiz.

Aber noch mal: Warum sollte man Homöopathie so viel Bedeutung beimessen, sie erforschen?

Es gibt keinen Bereich in der Medizin, der von der Bevölkerung so stark in Anspruch genommen wird und in dem gleichzeitig dazu so wenig Forschung stattfindet wie in der alternativen Medizin. Es gibt ja nach wie vor überhaupt keine öffentliche Förderung für die Erforschung. Dabei ist Forschung und mehr Wissen auf dem Gebiet sehr wichtig.

Vom aktuellen Stand der Forschung betrachtet: Kann Zucker denn nun heilen, wenn man ihn auf die richtige Art verschreibt?

Aber ja, die Art, wie der Arzt mit dem Patienten spricht und wie viel Zeit ihm dafür bleibt, hat einen Einfluss. Ich zucke aber immer ein bisschen, wenn es um Heilen oder Heilsversprechen geht. Bei chronischen Erkrankungen geht es häufig um Linderung. Da reden wir ja meistens über eine Verringerung der Beschwerden oder darüber, dass die Beschwerden nicht so schnell fortschreiten.

Wenn dem Arzt eine derart wichtige Rolle zukommt, wie Sie sagen: Ist das nicht die Forderung nach der Rückkehr der Götter in Weiß?

Sie sind ja, Gott sei Dank, jetzt nicht mehr die Götter. Die Menschen glauben nicht mehr an den weißen Kittel allein, sondern schauen auf die Fähigkeiten, die der Arzt erworben hat. Und so ist der Arzt für den Patienten nicht mehr unfehlbar, sondern er ist ein Fachmann, der im besten Fall auch ein Fachmann in der Arzt-Patienten-Interaktion ist.

Sind die Patienten denn heute mündiger als noch vor fünfzig Jahren?

Auf jeden Fall. Ich denke, das hat viel mit der Entwicklung insgesamt zu tun. Patienten sind viel kritischer, viel aufgeklärter, auch weil durch das Internet sehr viele Informationen zugänglich sind. Und viele Patienten wollen ja die Entscheidung gemeinsam mit dem Arzt treffen und nicht dass der Arzt für sie entscheidet.

Wären nicht die aufgeklärteren Menschen die, die bei der Schulmedizin bleiben?

Man weiß, dass die Patienten, die alternative Medizin wählen, besser gebildet sind als der Durchschnitt. Eine höhere Rate an Abiturienten im Vergleich zur Normalbevölkerung nutzt Homöopathie.

Wer lässt sich denn homöopathisch behandeln?

Es sind vorwiegend chronisch Kranke, die nahezu alle schulmedizinisch vorbehandelt sind. Mehr Frauen als Männer. Die Patienten sind etwas jünger als der durchschnittliche Patient beim Allgemeinmediziner. Die häufigsten Erkrankungen, die beim Homöopathen behandelt werden, sind bei den Frauen chronische Kopfschmerzen, bei den Männern Heuschnupfen, bei Kindern Neurodermitis.

Was bekommen die Menschen beim Homöopathen, was sie beim Allgemeinmediziner nicht kriegen?

Auf jeden Fall Zeit. Das ist denke ich ein wesentlicher Faktor. Ein homöopathisches Erstgespräch dauert in der Regel eine bis eineinhalb Stunden. Dann ist ein weiteres Merkmal, dass der Arzt ihnen zuhört und sie aussprechen lässt. In einer allgemeinmedizinischen Praxis ist dazu nicht die Zeit. Viele Allgemeinmediziner hätten gern mehr Zeit mit ihren Patienten, aber das Gesundheitssystem honoriert ihnen das nicht. Da muss sich grundlegend etwas in unserem System ändern. Zeit ist wichtig, um einen Patienten vollständig über seine Krankheit aufzuklären, und es gibt auch Forschung, die zeigt, dass der Behandlungsverlauf besser ist, wenn Patienten mehr von ihrem Arzt erfahren haben.

Wo ist denn die Grenze der Homöopathie?

Besonders schlimm ist, wenn unseriöse Heilsversprechen gemacht werden. Das gilt nicht nur für die Homöopathie. Das gilt für die alternative Medizin insgesamt. Wenn ein Patient eine schwerwiegende unheilbare Erkrankung hat, zum Beispiel Krebs, und der Arzt macht Heilsversprechungen, dann ist das eindeutig unseriös.

29, schmeißt lieber Antibiotika ein, glaubt aber an die Kraft des Placebo-Effekts

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

15 Kommentare

 / 
  • CM
    Clemens M.

    @ Dr. Edmond Berndt

    "Entschieden wird, und kann meist auch nur, nach subjektiven Kriterien"

    "Die Argumentation für das Alternative und Komplementäre lauft immer auf eine Schuldzuweisung an die „Schulmedizin“ hinaus"

    Wenn man in unmittelbarer Nähe erlebt hat, wie 'Naturheilverfahren' zum Tode bei Krebs führen - ausgehend vom Glauben, sich mit moderner wissenschaftsbasierter Medizin etwas anzutun (denn es muss eine Therapie ohne 'Nebenwirkungen' sein - auch wenn sie keine Wirkung hat und die sog. Schulmedizin ist ja auch noch kapitalistisch, also kann sie ja nichts sein) dann kann man all dem nur zustimmen.

  • G
    giordano

    @Urgestein: Sie verwechseln etwas. Es sind die Homöopathen, die immer noch daran glauben, dass die Erde flach ist, trotz evidenz. Es ist ja nicht so, dass die Wissenschaft nicht an die Homöopathie glaubt, weil sie es nicht erklären kann, sondern man konnte bis heute ihre Wirksamkeit nicht beweisen, trotz etlichen Versuchen. Also, warum sollte sich die Wissenschaft sich mit einer nicht existierenden, flachen Erde beschäftigen, wenn die Erde rund ist?

    Würde Homoöpathie wirklich funktionieren, hätte ein findiger Ingenieur in Silikon-Valley schon lange einen Computer basieren auf Homöopathie gebaut, auch wenn er den Mechanismus nicht genau versteht. Dieser Mann würde innert kurzer Zeit der reichste Mann, denn es je gegeben hat.

  • U
    Urgestein

    Die gleichen Leute, die heute die Wirksamkeit der Homöopathie in Abrede stellen, weil der Mechanismus noch nicht gemäß des herrschenden Verständnisses über die Natur entschlüsselt wurde (bzw. das "Grundwissen" über die Vorgänge der Natur entsprechend erweitert wurde), die gleichen Menschen haben vor 500 Jahren noch die Vorstellung, die Erde sei eine Kugel, die sich um die Sonne bewegt, und die Vertreter dieser Vorstellung mit dem gleichen Vokabular bedacht.

     

    Es sind gewiss nicht die "Freunde der Wissenschaft und des Fortschritts", die sich so äußern.

     

     

    Es sind deren Feinde.

  • DE
    Dr. Edmund Berndt

    Wie wird man homöopathischer Patient?

     

    Ganz allgemein immer dann, wenn sich die Versprechungen einer Methode mit den Erwartungen von Hilfesuchenden unter besonders belastenden emotionalen Umständen wie Angst, Hoffnung auf „Doch-noch-Heilung“ und Enttäuschung durch „Schulmedizin“ decken.

     

    Das unerschütterliche gute Image der alternativen, komplementären und ganzheitlichen Medizin im Gegensatz zum „problematischen“ Image der „Schulmedizin“ ist das Einfallstor in die alternative und komplementäre Medizin und ihren Gesundheitsmarkt. Die Hoffnungen von Patienten und die außergewöhnlichen Versprechungen ergänzen einander zum „No return“.

     

    Wie rund um das Auto so gibt auch es in der Gesundheit streng zu unterscheidende Faktoren, wenn es gilt, bei Mißerfolgen und Unzulänglichkeiten die Ursachen zu erkennen. Kurzum, wenn etwas nicht paßt, jemanden dafür verantwortlich machen zu können. Es sind dies die „arbeitenden“ Personen und das Werkzeug, das verwendet wird. Werkzeuge sind „schulmedizinische“, aber die alternative Medizin „behandelt“.

     

    Wenn ein Mechaniker mit einem falschen Schlüssel Radmuttern vernudelt, hat das nichts mit der Qualität des Werkzeugs zu tun. Im medizinischen Alltag ist es ähnlich, jedoch mit einem kleinen Unterschied. Hier werden in erster Linie große und kleine Fehlleistungen grundsätzlich dem System mit dem schlechteren Image angelastet. Das sind die „Schulmedizin“ und die Pharmakonzerne. Erst in zweiter Linie geht es um den Schulmediziner oder die Apotheker.

     

    Die „aufgeklärten“ Patienten „wissen“, daß die Lösung vieler Probleme in den alternativen, komplementären und ganzheitlichen Heilslehren zu suchen ist, und entschieden danach.

     

    Rascher als man zu glauben gewillt ist, sind viele Patienten endgültig auf der alternativen Schiene. Mit der sanften Medizin vor Augen wird die Weiche meist endgültig gestellt, wenn irgend etwas nicht nach Wunsch gemacht wird oder wenn etwas Unverzeihliches passiert ist. Entschieden wird, und kann meist auch nur, nach subjektiven Kriterien. Wenn die notwendige positive Beziehung zwischen Arzt und Patient, aus welchem Grund auch immer, gestört wird oder zerstört ist, so wenden sich Patienten alternativen Angeboten zu, die ja alles machen zu können versprechen. Wer gelernt hat, alle skurrilen Vorstellungen und Ängste ernst zu nehmen und geschickt alles zu versprechen, baut leichter eine zwischenmenschliche Beziehung auf. Fehler passieren auch dort, nur merkt es keiner, weil er freundlich behandelt wird. Und es ist auch nicht schwierig, für aus medizinischer Sicht abwegige Vorstellung und Ängste, seinen besonderen Therapeuten zu finden.

     

    Ehe eine Diskussion noch begonnen hat, werden Fehler, Irrtümer und Versäumnisse der konventionellen Medizin oder Pharmazie zur Rechtfertigung von alternativen und komplementären Heilsystemen zitiert. Keine Frage: Vom Verbrechen angefangen bis zur Schlamperei ist alles Denkbare schon da gewesen. Auch wissenschaftliche Irrtümer gab es genug. Von Irrtümern kann man aber nur sprechen, wenn diese als solche erkannt und revidiert wurden. Fortschritt und Erfolg sind nur so möglich. Die unbestreitbaren Erfolge der medizinischen Wissenschaften sind Folge ständigen Suchens nach besseren Erkenntnissen. Diese Erfolge werden nicht wahrgenommen sondern nur die Mißerfolge.

     

    Die Argumentation für das Alternative und Komplementäre lauft immer auf eine Schuldzuweisung an die „Schulmedizin“ hinaus. Das ist im Zeitgeist und immer zieht immer. Vom kleinsten Fehler bis hin zu Verbrechen, sei es von „Schulmedizinern“ oder Leuten im Naheverhältnis zu Pharmafirmen, kann alles, ohne Widerspruch zu ernten, als typisch bezeichnet werden und als Argument für die Lauterkeit und für Richtigkeit alternativer Methoden und Mittel sowie für die Integrität alternativer Behandler herangezogen werden. Außerdem ist es üblich, reflexartig den Erzeugern registrierter Präparate unerlaubtes Gewinnstreben vorzuhalten. Wie jeder weiß, lebt die alternative Gesundheitsindustrie vom Herschenken ihrer Produkte. Alles geschieht aus reiner Nächstenliebe. Die altgermanische Heilpriesterin, Seherin und Prophetin Veleda heilte alle unentgeltlich.

     

    Im Vergleich zum freundlichen Heiler mit seiner nebenwirkungsfreien Medizin haben konventionelle Mediziner einen schweren Stand. Wenn die Behandlung nicht nach Plan verläuft können sofort die als „Schulmedizin“ geschmähte Medizin, das als Pharmamüll geschmähte Arzneimittel und der Arzt selbst, weil er nicht auch noch alternativ behandelte, als Schuldige ausgemacht werden. Überlastete Mediziner, volle Wartezimmer, schlechtes Benehmen, überzogene Erwartungen, unerfüllbare Wünsche und was es sonst noch alles an Unzulänglichkeiten gibt, sind Dauerreklame.

     

    Wenn die Möglichkeiten der evidenzbasierten Medizin erschöpft sind, wenden sich die Menschen enttäuscht von der „Schulmedizin“ dem Alternativen und Komplementären zu. Und wenn dann, der alternative und komplementäre Behandlungszirkus vorbei ist, ohne geholfen zu haben, herrscht meist Schweigen; nicht einmal um das Geld wird gejammert. Die Betroffenen oder die Angehörigen sind keineswegs von den letztlich unzureichenden alternativen und komplementären Behandlungen enttäuscht, sehr wohl aber Mißerfolgen der „Schulmedizin“. Sie bemerken, daß bei der Schwere und Aussichtslosigkeit der Erkrankung nicht einmal die Homöopathie oder anderes hätte weiterhelfen können. Auch wenn es viel Geld kostete, Groll gibt es selten, eher die Befriedigung, daß man alles getan habe, um gesund zu werden oder den lieben Angehörigen vor dem Tode zu bewahren.

  • M
    Marc

    taz, die Fragestellungen sind so was von manipulativ gewählt, dass hier von seriösem Journalismus wohl keine Rede mehr sein kann! Wann fangt ihr endlich wieder an, Berichte und keine Pamphlete zu schreiben? Dann kriegt ihr auch wieder mehr Unterstützung...ansonsten wünsche ich der taz ein gutes Sterben!So long...

  • MN
    Markus Nielbock

    Nach dem Lesen der Hälfte des Interviews, musste ich wegklicken. Es war für mich unerträglich, wie die "Professorin für Alternativmedizin" ständig nur ihre Meinung und Interessen vertrat. Erkenntnisse wurden relativiert und verwässert. Zudem ist es meiner Meinung nach unstatthaft, alles, was gemeinhin als Alternativmedizin bezeichnet wird, über einen Kamm zu scheren. Es geht lediglich darum, ob etwas wirkt oder nicht. Da war auch schon die Frage tendenziös, als nach einem nicht bewiesenen Wirkmechanismus gefragt wurde. Darum geht es nicht. Damit wird suggeriert, dass es wirkt, aber keiner weiß warum. Das ist falsch. Studien zeigen klar, dass die vermeintlichen Wirkstoffe nicht wirken. Wie die Wirkung erzielt wird ist dagegen völlig klar: Placeboeffekt. Daher könnte man argumentieren, dass Krankenkassen für homöopathische Arzneimittel genauso bezahlen sollten wie für Smarties.

     

    Akupunktur damit in einen Topf zu werfen, und das damit zu begründen, dass sie auch unter "Alternativmedizin" geführt wird, ist unstatthaft. Hier ist ist eine Wirkung klar nachgewiesen, obwohl nicht klar ist, warum. Diejenigen, die die sog. Schulmedizin in einen Widerspruch zur sog. Alternativmedizin setzen, sind die Ideologen. Es sollte aber lediglich darum gehen, ob es eine nachweisbare und ursächliche Wirkung gibt.

  • FN
    Frauke N

    Schön, dass wenigstens Tiere an die Wirksamkeit der Kügelchen "glauben" und - für manchen Menschen völlig unbegreiflich - gesunden. Das nennt man also den "Placebo-Effekt"?

  • G
    giordano

    Und das soll seriöse Wissenschaft sein?

    "How healthy are chronically ill patients after eight years of homeopathic treatment? – Results from a long term observational study"

    Claudia M Witt*1, Rainer Lüdtke2, Nils Mengler1 and Stefan N Willich1

    http://www.biomedcentral.com/1471-2458/8/413

     

    Hier wird gezeigt, dass nach homöopathischer Behandlung sich die Leute besser fühlen als vorher, ohne Kontrollgruppe! Dabei ist ja gerade die Wahl der Kontrollgruppe das, was wissenschaftlches Vorgehen von nichtwissenschaftlichen unterscheidet.

  • VF
    Veronika Fischer, Münster

    Es ist schon ärgerlich, wenn man bei jeder Frage von Frau Rossbauer sogleich merkt, dass es NICHT um die Antwort geht, sondern lediglich darum, die eigene Meinung zum Ausdruck zu bringen.

    Inhaltlich/homöopathisch möchte ich auf das Interview gar nicht erst eingehen: Ich bin seit 1997 als Homöopathin tätig... Den Artikel allerdings lapidar mit „Die Autorin, 29, schmeißt lieber Antibiotika ein, glaubt aber an die Kraft des Placebo-Effekts“ zu unterschreiben, ist in Zeiten von MRSA ziemlich unverfroren und ein Schlag ins Gesicht der Betroffenen.

    Aber leider nicht nur das: Es ist offensichtlich, dass Frau Rossbauer NICHTS über die Placebo-Forschung in der Universitäts-Medizin weiß, NICHTS über den homöopathischen Ansatz und leider auch NICHTS über Krankheit/Gesundheit. Letzteres mag man ihrer Jugend zuschreiben, den Rest, naja… falsche Interviewerin fürs Thema, würd ich sagen.

  • J
    Jan

    Lüge: "Es gibt bis jetzt keine plausible Antwort, wie etwas wirken könnte, in dem quasi nichts drin ist."

     

    Wahrheit: Der Placeboeffekt ist seit langem bekannt.

     

     

    Das Leben kann so einfach sein.

  • C
    cmkaiser

    Wem es möglich ist, sollte diese Frage ideologiefrei betrachten und sich das Beste aus beiden Welten suchen. Zur Frage der Grenzen der Schulmedizin und den Möglichkeiten der Homöopathie und den Einflüssen der Psyche auf die körperliche Gesundheit empfehle ich gerne das Werk von Rüdiger Dahlke "Wege der Heilung".

  • A
    Anna

    Was Wissenschaftler nicht verstehen, kann und darf nicht funktionieren, das ist die pure Arroganz. Dass alternative Heilmethoden nicht erforscht werden, ist klar, weil man an heilender Medizin nicht gut Geld verdient. Wir brauchen keine Medikamente, seit wir bei einem auch homöopatisch arbeitenden Arzt sind, seit 15 Jahren! Vorher hatte ich eher den Eindruck, wir werden krank gemacht, Krankheiten wurden weder richtig erkannt noch Ursachen erforscht. Stattdesssen Medikamente mit Nebenwirkungen verschrieben, Röntgenbilder nur so mal zur Kontrolle gemacht, dann ständig diese Angstmacherei was man alles an Krankheiten haben könnte. Ich trau auf jeden Fall keiner Medizin, an der Leute viel Geld verdienen. Natürlich spart man mit Homöopathie viel Geld, deshalb wird es ja auch von der Pharmaindustrie wie auch andere heilende Medikamente blockiert.

  • K
    Kinder

    Jeder Erwachsene kann ich behandeln lassen wie er will, problematisch ist es wenn Eltern Ihren Kinder eine wirksame Behandlung vorenthalten.

     

    Das Kind einer Bekannten leidet seit einem Jahr, ohne von einem Arzt behandelt zu werden. Die Zuckerkügelchen und teuren "Behandlungen" des Homöopathen zeigen keine Wirkung. Diskussionen sind fruchtlos, der Glaube an die Heilwirkung von Wasser/Alkohol bzw. Zucker der gegen den Erdmittelpunkte geschüttelt wird, ist zumindest nach außen unerschütterlich.

  • B
    Boiteltoifel

    Insgesamt ein guter Beitrag, der hoffentlich ein paar Gemüter abkühlt.

     

    Kritik: Wenn man liest, daß eine homöopathisches Erstgespräch eine bis eineinhalb Stunden dauert und der Allgemeinmediziner auch gerne so viel Zeit für seine Patienten hätte, könnte der Eindruck entstehen, daß die Kasse das Gespräch beim Homöopathen zahlt, während der Allgemeinarzt in die Röhre guckt. Gewöhnlich ist es aber so, daß man die Erstanamnese als Patient selbst zahlt.

     

    Mein Arzt ist Allgemeinmediziner mit homöopathischer Zusatzausbildung. Der nimmt sich die Zeit für seine Patienten trotz der immer niedriger werdenden Honorare und ich bekomme das Beste aus beiden Welten.

     

    Zu den Heilsversprechen: Nachdem ich jahrelang schlimme Magenentzündungen und -krämpfe hatte und die buntesten Tabletten und Säfte von Schulmedizinern verabreicht bekam, bin ich zum Alternativmediziner gegangen, habe ein lustiges Pülverchen (Basenpulver) bekommen und nach wenigen Tagen waren die Beschwerden beseitigt. Das hält jetzt seit drei Jahren!

     

    In diesem Bereich muß wohl noch sehr viel geforscht werden...

  • RW
    Robert Welk

    Ich glaube an die Kraft der Voodoopriester.

    Lasst den Leuten doch ihren Medizinaberglauben ihr bösen Ketzer. :-)