Streit um Gehweg-Parken: StVO gilt künftig auch in Hamburg
Der Bezirk Nord will das verbotene Parken von PKW auf Gehwegen konsequent verfolgen. Anwohner:innen fürchten um Parkplätze.
Auch in Bremen ist das unerlaubte aufgesetzte Parken gängige Praxis, das Oberverwaltungsgericht hat dies jetzt aber kritisiert: Die Behörden müssen in Zukunft auf die Beschwerden der Anwohner:innen reagieren. Wie genau, das will die Stadt erst nach Veröffentlichung der Urteilsbegründung in den kommenden Wochen entscheiden. Der Fall hat jedoch jetzt schon Wellen geschlagen und auch die Diskussion in Hamburg weiter entfacht. Der Leiter des Bezirksamts Nord, Michael Werner-Boelz (Grüne), fordert eine konsequente Ahndung des aufgesetzten Parkens.
Im Stadtteil Hoheluft-Ost soll, so der Plan der Bezirksverwaltung, in der Husumer Straße und im Abendrothsweg durch bauliche Maßnahmen das Parken entgegen der Straßenverkehrsordnung unterbunden werden. „Konkret geht es um Fahrradbügel, Poller und Ähnliches“, sagt Michael Werner-Boelz gegenüber der taz. Vorausgegangen war ein einstimmig erfolgter Beschluss des Regionalausschusses Eppendorf-Winterhude im November 2021, der das Bezirksamt zur Beendigung des regelwidrigen Querparkens aufgefordert hatte.
Doch einigen Anwohner:innen sind die geplante Umgestaltung und die Durchsetzung der Straßenverkehrsordnung ein Dorn im Auge. Eine Petition mit 646 Unterstützer:innen fordert die Beibehaltung des Querparkens, da ansonsten von bisher 243 nur noch 134 Parkplätze zur Verfügung stünden. „Es entfällt kein vormals legaler Parkplatz“, entgegnet Michael Werner-Boelz. „Wir haben im Zuge der Maßnahme auch Bewohnerparken in Hoheluft-Ost eingeführt, das reduziert den Parkdruck zusätzlich.“
Michael Werner-Boelz, Bezirksamtsleiter
Im Vorfeld habe man Vorschläge von Bürger:innen gesammelt und im öffentlichen Regionalausschuss die Umgestaltung der Parkflächen diskutiert. Nun habe man die Planungen noch einmal angepasst. „Die Anwohner:innen hatten in den vergangenen Monaten die Gelegenheit, ihre Anmerkungen zu den Planungen einzubringen“, sagt Bezirksamtsleiter Werner-Boelz. Nun könne der Fußverkehr gestärkt werden. „Die Umsetzung ist ein wichtiger Schritt nicht nur für die Verkehrswende, sondern vor allem für mehr Gerechtigkeit im Straßenverkehr, da insbesondere Mobilitätseingeschränkte davon profitieren werden.“
Kein Recht auf Parkplatz
Tatsächlich besteht kein Recht auf einen öffentlichen Parkplatz in unmittelbarer Nähe zum Wohnort, Ausnahmen für bestimmte Personengruppen ausgenommen. In Hamburg nehmen alle rund 813.000 angemeldeten PKW eine Fläche von fast neun Quadratkilometern ein – so viel wie ein 5-Etagen-Parkhaus über die gesamte Alster-Fläche.
Nur 60 Prozent der PKW werden dabei täglich genutzt, die durchschnittliche Nutzungsdauer beträgt 45 Minuten am Tag – 97 Prozent des Tages wird dann Parkraum in Anspruch genommen. Ein neuer hvv-Switch Carsharing-Parkplatz in der Husumer Straße soll im Zuge der Umgestaltung den Umstieg auf geteilte Mobilitätsformen erleichtern, auch eine neue Stadt-RAD-Station ist im Gespräch.
Unterstützung erhalten die Pläne unter anderem vom Interessenverband der Fußgängerinnen und Fußgänger FUSS e. V.. „Wir fordern schon lange, dass das Gehwegparken unterbunden wird“, sagt Sonja Tesch vom FUSS e. V. Hamburg der taz. „Es gibt begrenzten Platz zwischen zwei Hauswänden, da sollte der nicht motorisierte Verkehr stärker priorisiert werden.“ Für Tesch stellen neben dem ohnehin regelwidrigen Querparken auch Parkplätze, die regelkonform auf dem Gehweg stehen, ein Problem dar: „Autos werden tendenziell immer größer und nehmen viel Raum ein, da wird der Platz auf dem Gehweg ziemlich eng.“
Auch auf Bundesebene rückt der Fußverkehr mehr in den Fokus, im Bundeshaushalt 2022 erhielt die beliebteste Fortbewegungsart erstmals dedizierte Fördermittel in Höhe von einer Million Euro für Modellprojekte und Umgestaltungen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören
Jens Bisky über historische Vergleiche
Wie Weimar ist die Gegenwart?
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche