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Streit um Erbe der HohenzollernLeistung, Hoheit

Brandenburg geht auf die Hohenzollern zu. Wenn sich jene im Gegenzug auf die Regeln des bürgerlichen Anstands besännen – wäre das nicht nobel?

Georg Friedrich Prinz von Preußen auf irgendeiner königlichen Hochzeit 2016 in Albanien Foto: Albert Nieboer/dpa/picture alliance

Dass die Hohenzollern immer gute Geschäftemacher gewesen seien, stellte Kurt Tucholsky 1921 fest. Da ging es um einen Prozess gegen Prinz Eitel-Friedrich von Hohenzollern, den zweiten Sohn des deutschen Kaisers Wilhelm II., wegen Geldverschiebereien. Der journalistische Beobachter war mit dem Prinzen ungnädig, wie überhaupt mit dessen Familie.

Das mag mit dem drei Jahre vorher beendeten, von den Hohenzollern wesentlich betriebenen Blutbad des Weltkrieges zusammengehangen haben. Dass Eitel Fritz, wie der Adelsspross gemeinhin genannt wurde, die Verbringung von 300.000 Reichsmark ins Ausland 5.000 Mark Strafe kostete, mochte man damals als billige Angelegenheit gesehen haben, aber da war der sehr viel teurere Enteignungskonflikt auch noch nicht ausgefochten.

Denn fünf Jahre später sorgten Reichspräsident Hindenburg, vormals Generalfeldmarschall von Wilhelms Gnaden, und das Land Preußen trickreich für eine Entschädigungsregelung, die den Hohenzollern bis heute als Grundlage für Forderungen gegen den deutschen Staat dient.

Gerichtliche Klärung

In dieser Woche nun sickerte durch, dass in dem schier endlos währenden Streit das Land Brandenburg sich gerne mit Georg Friedrich Prinz von Preußen, dem derzeitigen Familienoberhaupt der Hohenzollern, vergleichen möchte. Die gerichtliche Klärung der Ansprüche wird zunächst ausgesetzt, nicht zum ersten Male, um auch der Familie Zeit zu geben, mit dem Land zu einer außergerichtlichen Einigung zu kommen. Dort begrüßte man den Einigungswillen der brandenburgischen Landesregierung denn auch huldvoll.

Die Ansprüche der Hohenzollern sind, dank Hindenburg, zunächst unstrittig. Zur Debatte steht weiterhin die Frage, ob das Entschädigungsbegehr trotzdem abzuweisen sei, weil die Hohenzollern dem Nationalsozialismus „in erheblichen Maße Vorschub geleistet“ hätten. Ob nun dies, oder ob sich die Vertreter der Familie lediglich gewöhnliches Mitläufertum vorzuwerfen hat, kann an andere Stelle geklärt werden, hier deshalb nur so viel: Die Meinungen zum Sachverhalt sind durchaus divers.

Und dass diese Meinungen auf die öffentliche Debatte nicht verzerrend und unzulässig schmähend einwirken, darauf achtet man von Seiten der Familie sehr genau, inklusive kundiger anwaltlicher Unterstützung. Dass man sich nun mit niederen Subjekten zu vergleichen bereit ist, hätte Tucholsky vielleicht mit der Frage kommentiert: „Wo ist das vielberufene Ehrgefühl der kaiserlichen Familie?“ Nur, wer einen Entschädigungstitel bürgerlichen Rechts zu vollstrecken sucht, ist ohnehin schon ganz unten angekommen und in der Not sind dem Reichsadler eben auch Fliegen eine willkommene Mahlzeit.

Rein bolschewistische Propaganda

Nehmen wir also an, dass der damals den faschistischen Aufsteigern geleistete Vorschub unerheblichen Maßes gewesen ist. Nehmen wir außerdem an, dass der Vorwurf brutaler, gnadenloser und über Jahrhunderte dauernder Auspressung des beherrschten Landes und der darauf lebenden Menschen rein bolschewistische Propaganda war, die revolutionäre Enteignung also ohnehin jeder moralischen Rechtfertigung entbehrte.

Setzen wir stattdessen voraus, dass die Titel und Schlösser, das Mobiliar, der Schmuck, das Personal, die Güter und Ländereien nur die gerechte Entlohnung für das schwere Los waren, ein Reich qua Person zusammenzuhalten, Preußen und später ganz Deutschland zu führen und zu repräsentieren. Wenn all das stimmt, sei doch ein ganz bürgerlicher Hinweis gestattet. Im Arbeitsrecht kann der Arbeitnehmer bestimmte Ansprüche nur dann geltend machen, wenn er ein zusammenhängendes, also ununterbrochenes Beschäftigungsverhältnis nachzuweisen in der Lage ist. Unterbrechung von wenigen Tagen sind okay, werden daraus Wochen, ist die Lage schon schwieriger, Nachforderungen von Erben dritten oder vierten Ranges können getrost vergessen werden. Nun ist nach allen öffentlich verfügbaren Informationen zuletzt ein Hohenzollern an seinem Arbeitsplatz als König von Preußen und deutscher Kaiser im November 1918 erschienen.

Wenn sein Ururenkel nun unbedingt wieder den Cecilienhof in Potsdam bewohnen möchte, kann er doch die Wiedereinsetzung der Monarchie zur Diskussion stellen. Lohnen soll sich schließlich die eigene Leistung, nicht die der Vorfahren. Wer nicht einmal bereit ist, wenn schon keinen Weltkrieg, dann doch wenigstens einen mittleren Regionalkonflikt vom Zaune zu brechen, sollte von der brandenburgischen Landesregierung auch kein Schloss bekommen. Die leistet sonst einer prinzipienlosen Geschäftemacherei Vorschub, und zwar in erheblichem Maße. Und so was fällt einem ja bekanntermaßen irgendwann einmal mächtig auf die Füße.

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13 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Wir sollen den Hohenzollern die Kosten für die Folgen des ersten und zweiten Weltkriegs von den Forderungen abziehen. Den die haben den ersten direkt zu verantworten und den zweiten indirekt. Der Aufstieg Hitlers ohne den ersten Weltkrieg ist undenkbar.

  • Im Hintergrund Hohenzollern Causa, auf deren Ticket NSDAP 1933 ins III. Reich segelt, lauert ungelöste Causa Entschädigungsansprüche christlicher Kirchen nach Napoleons Verfügung 1803-06, erst linksrheinisch deutsche Kirchen, Klöster entschädigungslos zu enteignen, Habsburger Römische Reich Deutscher Nation als juristische Person, Klageinstanz zu suspendieren. Restitutionstitel christlicher Kirchen wurden nach Sieg über Napoleon später insofern eingelöst, das amtierenden Bischöfen auf Lebenszeit Gehalt im Ministerrang, Bischofssitz, Personal, Dienstkutsche garantiert wurde, jedoch nach deren Ableben prolongiert, 1919, entgegen Reichstag Maßgabe, sich selber zu finanzieren, 1949 Grundgesetz, 1990 nach Deutscher Einheit, Gehälter, Pensionen, Grund, Boden, Kapital dynamisiert marktkonform beibehalten wurde.



    Nachdem Reichskanzler Franz von Papen 20. Juli 1932 mit „Preußenschlag“ Freistaat Preußen, letztes rote SPD Refugium, ohne Gegenwehr dortigen Innenministers Severin SPD, suspendiert, als Reichskommissar regiert, während SPD Ministerpräsident Otto Braun „Preußenkoalition“ zur Kur ist, ist von Hohenzollern Kaiser Wilhelm II a. D. im Exil Doorn/Holland weder Klage noch Entschädigungsanspruch, Versetzung in vorherigen Stand belegt. Wilhelm II, der sich im Exil auf neutrales Königreich Niederlande verlassen konnte, dass er trotz Ersuchens nicht an Siegermächte in Versailles 1919 ausgeliefert wird wg. Kriegsverbrechen völkerrechtswidrigen U Boot Krieg ab 1915, ist im Exil gehalten, sich politischer Tätigkeit in Weimarer Republik zu enthalten. Was er tut, er verzichtet auch auf Preußens Königstitel, nachdem er November 1918 als Kaiser auf der Flucht ins Exil zurückgetrat. Dass Weihnachten 1932 Osthilfe Subventionsbetrugsverdacht „600 000 RM“ gegen Wilhelm II Gattin II Hermine Fahrt aufnimmt, Ermittlung nur deshalb ausbleiben, weil dies Hitler für Fall seiner Kanzlerschaft in Gespräch mit ebenso verdächtigten Sohn Oskar Reichspräsidenten Hindenburgs zusagt. Noch Fragen?

  • Wie wäre es denn, man machte die Hohenzollern für die in ihrer Verantwortung verursachten Schäden haftbar?

    Allein der erste Weltkrieg dürfte den schmucken Prinzen nackig machen.

  • Der Autor bringt im Untertitel Adel und Anstand zusammen. Das ist eine Geschichtsvergessenheit, die eher in's 'Goldene Blatt' als in die taz gehoert. Zynische, schamlose Bereicherung ist das Definitionsmerkmal des Adels.

    Die Franzosen haben darauf bei Louis XVI und die Englaender bei Charles I eine angemessene Antwort gefunden.

    • @Delphina Jorns:

      Leistung & Anstand & einiges andere - hab ich bis grad - als blanke Ironie gelesen. Und - sorry - Daniel Kretschmar ist mir bisher als fitte Kappe aufgefallen.

      kurz - Leistung&Anstand verbindet doch ernsthaft niemand - der noch alle Latten am Zaun hat - mit - “was sich so Adel nennt!“ Die - ham doch komplett - aber auch das letzte Rad ab.



      &



      Ja wie? - Da hilft nur Ironie.

      unterm—— btw —



      Weiß wovon ich rede. Etliche dieser hirnamputierten waren - meist aber nur kurzzeitig - meine Mitschüler: Kackfrech - Dicke Hose & Nixdahinter Anstand? 🤮

      So geht das

      • @Lowandorder:

        (freue mich aber ueber Ihre Antwort: 'Die - ham doch komplett - aber auch das letzte Rad ab.' Gut, das in diesem Zusammenhang auch noch festzuhalten.)

      • @Lowandorder:

        Der Tenor des Kommentars ist ja ironisch-kritisch, angemessen so, und ich wollte dem Autor nix am Zeug flicken.

        Hielt es aber fuer vertretbar, in diesem Zusammenhang meine Empfindlichkeit bei diesem Thema zu aeussern. Vom Beitrag eines Foristen wird ja nicht notwendigerweise Ausgewogenheit erwartet.

        Erfreulicherweise ist das ja alles hauptsaechlich Geschichte - und wir haben wirklich andere Probleme.

  • Bürgerlich kann man es so machen:



    99%ige Steuer auf alle ab zweiter Generation vererbte Vermögens- und Immobilienwerte.



    Solidarzuschlag von pauschal 1000€ monatlich für das Tragen von Adelstiteln. (Außer im Karneval und Fußball) :)

    • @Nansen:

      gilt das auch für die immbolienbesitzer in der hamburger hafenstrasse?

  • Heute ist die TAZ dagegen gnädig mit der Regierung. Welch Fortschritt.

  • Zitat: „Die Ansprüche der Hohenzollern sind, dank Hindenburg, zunächst unstrittig.“

    Wie bitte? Paul-und-so-weiter Hindenburg ist seit 86 Jahren tot. Seither haben andere Männer (und Frauen) Deutschland regiert. Die hätten jede Menge Zeit gehabt, das alte Recht durch eins mit etwas mehr Sinn zu ersetzen. Sie haben sich davor gedrückt. Sie müssen ja die Konsequenzen auch nicht selber tragen.

    Vorausgesetzt, das deutsche Arbeitsrecht fände auf diesen Fall tatsächlich Anwendung, könnte sich „die Politik“ auf Hindenburg jedenfalls nicht mehr berufen. So wenig, wie das Hohenzollern-Oberhaupt sich noch auf ihn berufen könnte, wenn „die Politik“ ihren Job richtig gemacht hätte. Leider haben Adelsspross und Abgeordnete etwas gemeinsam: Sie sind zu faul (und vermutlich auch zu eitel), um selber zu arbeiten. Als „gute Geschäftemacher“ haben sie das offenbar auch gar nicht nötig.

    Und was die „Regeln bürgerlichen Anstands“ anbelangt, frag ich mich langsam, wer hier wen etwas lehrt. Wieso sollte der Ururenkel eines Kaiserpaars von ein paar Bürgerlichen etwas lernen wollen, was diese Bürgerkinder offenbar selbst möglichst schnell verlernen möchten, damit im Kopf Platz wird für die Uralt-Regeln blaublütiger Kleptomanen? Gilt denn in diesem Land nicht: gleiches Recht für alle? Also bitte!

  • " Im Arbeitsrecht kann der Arbeitnehmer bestimmte Ansprüche nur dann geltend machen, wenn er ein zusammenhängendes, also ununterbrochenes Beschäftigungsverhältnis nachzuweisen in der Lage ist. Unterbrechung von wenigen Tagen sind okay, werden daraus Wochen, ist die Lage schon schwieriger, Nachforderungen von Erben dritten oder vierten Ranges können getrost vergessen werden. "

    Ok....gilt das auch für Entschädigungsforderer der anderen Feldpostnummern?

  • Dabei solltenmers bei diesen preußischen kackfrechen Drohnen doch belassen. Gelle.

    “ Was macht denn jetzt Wilhelm und Sohn?



    Was macht denn jetzt Wilhelm und Sohn?



    Der Wilhelm und Sohn



    Die jehn jetz als Cloon



    Weil se nischt mehr verdien' uff'm Trohn!



    Ja-jaa



    Der Wilhelm und Sohn



    Die jehn jetzt als Cloon



    Weil se nischt mehr verdien' uff'm Trohn!“

    Tulpen züchten in Holland & gu is! Newahr.



    Normal.

    unterm—— Liederjan



    m.youtube.com/watc...GAc4&start_radio=1



    & Tucho -



    Die weinenden Hohenzollern

    Sie sitzen in den Niederlanden



    und gucken in die blaue Luft.



    Der Alte mit den hohen Granden,



    der Junge in der Tenniskluft.



    Wer fuhr denn – töff-töff-töff – nach Holland,



    woraus man heut sich traurig sehnt?



    Sie klagen, ihre Welt sei Moll-Land ...



    Vater hat jeweent, Willy hat jeweent –



    Alle ham se jeweent!







    Das geht nun seit vier langen Jahren.



    Es trieft das Schmalz. Die Zähre rinnt:



    »Der biedere Greis in Silberhaaren –



    das arme, so verfolgte Kind ... «



    Und selbst im Kino blüht die Lilie.



    Das Fridericus-Auge tränt ...



    Das liegt nun mal in der Familie ...



    Vater hat jeweent, Willy hat jeweent –



    Alle ham se jeweent!







    Sie schreiben Fibeln für die Kleinen –



    drin steht: »Ich hab es nicht gewollt!«



    Die Krone fiel. Wer wird denn weinen!



    Das ganze Geld kam nachgerollt.



    Ein ewig Gestern – nie ein Morgen.



    Mein Gott, die Welt hat andre Sorgen!



    Es trägt ein Volk die schwersten Lasten ...



    Mit Melodien, dem Kitsch entlehnt,



    drehn die an ihrem Leierkasten:



    Vater hat jeweent, Willy hat jeweent –



    Alle ham se jeweent!











    Theobald Tiger



    Die Weltbühne, 18.05.1922, Nr. 10, S. 513.

    www.textlog.de/tuc...-hohenzollern.html

    kurz - Kein Sandkorn aus der Streusandbüchse - den Abgeschafften.



    & Däh - Tucho - 🤫 -



    “ Er war sehr eitel darauf, nicht eitel zu sein.“