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Streit um AsylAus für Koalition in den Niederlanden

Der Populist Geert Wilders fordert die Schließung der Grenzen für Asylbewerber – und sprengt damit das Regierungsbündnis in den Niederlanden.

Rechtspopulist Geert Wilders am Dienstag in Den Haag: Mit seiner Regierung ist es aus und vorbei Foto: Robin van Lonkhuijsen/imago

Den Haag dpa | Die Regierungskoalition in den Niederlanden ist im Streit um die Migrationspolitik zerbrochen. Der Populist Geert Wilders erklärte den Rückzug seiner radikal-rechten Partei aus der Vier-Parteien-Koalition, an der diese als stärkste Kraft beteiligt war.

„Keine Unterschrift für unsere Asylpläne, keine Anpassung des Koalitionsvertrags. Die PVV verlässt die Koalition“, schrieb Wilders nach gescheiterten Beratungen mit den drei anderen Parteien auf X. Wie es weitergeht, ist unklar. Wahrscheinlich gibt es Neuwahlen.

Erst am Sonntag hatte Wilders erneut gedroht, die Regierungskoalition platzen zu lassen, wenn seine Forderungen nach einem harten Kurs in der Asylpolitik nicht erfüllt werden. Millionen von Niederländern erwarteten die Umsetzung eines entsprechenden Zehn-Punkte-Plans seiner Partei – andernfalls werde die PVV aus der Koalition austreten. Die Drohung platzierte Wilders kurz vor Beratungen der Koalition am Montagabend.

Die PVV, seit der jüngsten Wahl stärkste Kraft im Parlament, fordert die Schließung der Grenzen für alle Asylbewerber. Notfalls müsse die Armee eingesetzt werden, um die Grenzen zu kontrollieren, hatte Wilders bei der Vorstellung des Plans vor einer Woche erklärt. Zehntausende syrische Flüchtlinge sollten zurück in ihre Heimat geschickt und Asylzentren sollten geschlossen werden. Zudem fordert Wilders ein Ende des Familiennachzugs für anerkannte Flüchtlinge und die Ausweisung von straffälligen Menschen mit doppelter Staatsangehörigkeit, wobei ihnen dann die niederländische aberkannt werden müsse.

Bei der Wahl im November 2023 war die radikal-rechte Partei für die Freiheit (PVV) des Islamgegners Wilders überraschend stärkste Kraft geworden. Die PVV zog auch erstmals in die Regierung ein. Ebenfalls zur Koalition gehörte die rechtsliberale VVD, die Zentrumspartei NSC sowie die rechtspopulistische Bauernpartei BBB. Geleitet wurde die Regierung vom parteilosen Ministerpräsidenten Dick Schoof.

Die Vier-Parteien-Koalition war von Anfang an instabil. Die Zentrumspartei NSC hatte starke Zweifel, ob sich der Regierungspartner PVV an die Verfassung halten würde. Zuletzt hatten die Koalitionsparteien NSC und VVD Kritik an der PVV-Ministerin für Asyl, Marjolein Faber, geäußert, der sie Inkompetenz vorwarfen.

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11 Kommentare

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  • Mögliche Koalitionen

    Angesichts der aktuellen Umfragewerte ist keine Partei in der Lage, allein eine Mehrheit zu erreichen. Mögliche Koalitionen könnten daher sowohl Mitte-rechts- als auch Mitte-links-Orientierungen haben. Die Bildung einer stabilen Regierung könnte jedoch aufgrund der fragmentierten politischen Landschaft und der Differenzen zwischen den Parteien eine Herausforderung darstellen.

    Ausblick

    Sollten Neuwahlen stattfinden, könnten sie zu einer Verschiebung des politischen Gleichgewichts führen. Die PVV könnte an Unterstützung verlieren, während GL/PvdA und andere Parteien an Boden gewinnen könnten. Die genaue Entwicklung wird jedoch von den kommenden politischen Ereignissen und der öffentlichen Meinung abhängen. (Politpro)

  • Top Nachricht. Monate um die Koalition zu schmieden, nach kurzer Zeit schon wieder Geschichte.

  • Politik im demokratischen Rechtsstaat kann Wilders nicht. Heiße Luft und dicke Ankündigungen, hinter Wilders ist nichts, er kann es nicht, hoffentlich verstehen das auch die Wähler.

  • Ich habe einige Kommentare gelesen, die dies als Niederlage Wilders gewertet haben. Wäre ja auch eine schöne Vorstellung, dass die pöbelnden Rechten nun einfach an der Regierungs-Verantwortung gescheitert sind. Ich wundere mich aber: ist das tatsächlich so?

    Wilders hat nun ja seit geraumer Zeit den Koalitionspartnern die Pistole auf die Brust gesetzt und offen mit einem Koalitionsbruch gedroht, praktisch wenn nicht seine Maximalforderungen umgesetzt werden. Das klingt für mich sehr nach Oberwasser.

    Ich kenne keine Umfragen aus den Niederlanden, aber besteht die Möglichkeit, dass der Rückhalt in der Bevölkerung in der Zwischenzeit sogar gestiegen ist und Wilders nach einer Neuwahl sogar noch mehr Sitze erwarten kann? Ähnlich wie FPÖ oder AfD, die sich über jede gebrochene Koalition freuen können?

    • @skraut:

      Die Umfragewerte für die PVV waren zuletzt im Sinkflug. Sie war zuletzt sogar unter die VVD gerutscht. Gerade da ist auch der Grund für den Rückzug von Wilders zu suchen. Er hatte sicherlich Angst vor einer Entzauberung. Ich sehe es schon als einen Rückschlag für die PVV. Es kommt jetzt darauf an, wie sie es spielen und, was die Wählerinnen ihm abkaufen. Mit seinen Maximalforderungen hat er versucht, einen Grund dafür vorzuschieben und für den Wahlkampf schon einmal argumentativ aufzurüsten.

    • @skraut:

      Ich sehe das so wie bei der AfD: Wenn demokratische Parteien eine Brandmauer beschließen, sich daran halten und nicht nach und nach die Positionen einer rechtsradikalen, antidemokratischen Partei übernehmen, dann erreicht die rechtsradikale Partei kurzfristig vielleicht eine Zunahme an Prozenten, aber niemals 50%. Danach bleiben ihr die überzeugten rechtsradikalen Wähler, den Protestwählern wird das rechstradikale Protestwählen aber irgendwann langweilig und sie sind für den nächsten Hype zu haben, den Presse oder Tiktok generiert. Man sollte nicht übersehen, dass gerade bei jüngeren Wählern der Erfolg von rechtsradikalen Parteien ein Medienphänomen ist.

      • @Dorian Müller:

        Die AfD hatte in den letzten 3 Wahlen in unserem Wahlkreis jeweils über 50%. In den Dörfern im Umland sind es bis zu 80%. So viel zu Ihrer Theorie...

      • @Dorian Müller:

        Um eine absolute Mehrheit z.B. in unserem Bundestag zu erreichen, würden auch schon 40% ausreichen. Man muss immer daran denken, dass die Parteien unter 5% immer mehr werden. Und das läppert sich.

  • "die Ausweisung von straffälligen Menschen mit doppelter Staatsangehörigkeit, wobei ihnen dann die niederländische aberkannt werden müsse."



    Starke Worte. Wie sieht die niederländische Rechtslage bezüglich Aberkennen der Staatsbürgerschaft aus?

    • @Encantado:

      Das regelt doch inzwischen fast komplett der EuGH weshalb die Lage relativ vergleichbar ist. Aktuell gibt es 15 Länder in der EU in der die Staatsangehörigkeit nach Straftaten entzogen werden kann. Der EuGH verlangt hier lediglich, dass keine Staatenlosigkeit dabei entstehen darf.



      In den Niederlanden kann bisher die Staatsbürgerschaft bei terroristischen Aktivitäten oder schweren Verbrechen gegen den Staat , dauerhaften Wohnsitz im Ausland oder bei Annahme einer anderen Staatsbürgerschaft entzogen werden.

      • @Šarru-kīnu:

        Danke...