Streit über Gentechnik in Landwirtschaft: Bio-Funktionäre wollen keine Zensur
Seit einem taz-Interview fordern Aktivisten den Rücktritt des gentechnikfreundlichen Forschers Urs Niggli. Große Ökoverbände lehnen das ab.
Niggli hatte in der taz gesagt, die neue Gentechnik-Methode „Crispr/Cas hat großes Potenzial“, weil man damit Pflanzen einfacher und genauer verändern könne als mit früheren Gentech-Verfahren. Statt diese Technik generell abzulehnen, solle man „jede Anwendung einzeln bewerten“. Jene Crispr/Cas-Pflanzen, in die keine artfremden Gene eingeführt wurden, müssten leichter zugelassen werden als Produkte der alten Gentechnik. Mit Crispr/Cas könne man etwa Gene für Krankheitsanfälligkeit ausschalten. Das sei auch für den Biolandbau interessant.
In der Sache widersprach Bioland-Chef Plagge Niggli: „Seine Einschätzung halte ich für ziemlich weltfremd, man könne zwischen einer guten und schlechten Gentechnik unterscheiden.“ Auch Bio Suisse teilt die Meinung des Institutsdirektors nicht: Die Organisation forderte „eine strikte Regulierung der neuen Züchtungstechniken“ mit den „bestehenden Verfahren zur Risikobewertung“.
Aber Bio Suisse betonte: „Die Diskussion von kreativen und innovativen Ansätzen gehört zur seriösen Forschungstätigkeit, die unabhängig von uns geleistet wird.“ Das Fibl sei „eine kompetente und unabhängige Forschungsinstitution“.
Manche in der Bioszene fordern dennoch Nigglis Kopf. „Wenn Sie selbst der Faszination der manipulativen gentechnischen Züchtungsverfahren und ihrer vielleicht kurzfristigen Erfolge derart erlegen sind, dass Sie hier Ihre neue Mission gefunden haben, dann sollten Sie vielleicht dorthin gehen, wo Sie dieser Mission am besten nachgehen können“, schrieb der Bioapfelzüchter Hans-Joachim Bannier in einem offenen Brief an Niggli. Und weiter: „Aber dann machen Sie bitte Ihren Platz an der Spitze des Fibl frei für eine Person, die sich mit ganzem Herzblut für den biologischen Landbau einsetzt.“ Niggli lehnte es ab, dies zu kommentieren.
Das Fibl ist das wichtigste Forschungsinstitut für den Biolandbau weltweit. Es hat Schwesterorganisationen in Deutschland und Österreich.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Die Wahrheit
Herbst des Gerichtsvollziehers