Streit in der Ampelkoalition: Kindergrundsicherung droht das Aus

Die FDP fordert eine Überarbeitung des Gesetzentwurfs zur Kindergrundsicherung. Die Grünen halten an Paus' Vorschlägen fest.

Lisa Paus Buendnis 90/Die Gruenen, aufgenommen nach der Pressekonferenz zur Einigung bei der Kindergrundsicherung im August 2023

Die Bundesministerin Lisa Paus nach Einigung bei der Kindergrundsicherung im August 2023 Foto: imago

BERLIN taz | Scheitert die Kindergrundsicherung doch noch? Es ist eines der größten sozialpolitischen Projekte der Ampel. Viele Leistungen für Familien sollen gebündelt und bei einer zentralen Behörde beantragt werden können. So sieht es der federführend von der grünen Familienministerin Lisa Paus erstellte Gesetzentwurf vor. Seit September wird er im Bundestag verhandelt. Jetzt fordert die FDP eine grundsätzliche Überarbeitung.

Auslöser der erneuten Debatte – letztes Jahr stritten Grüne und FDP bereits heftig über die Finanzierung – ist Paus’ Vorschlag, für die Bearbeitung der Anträge eine neue Behörde mit 5.000 neuen Stellen aufzubauen. So soll Bürokratie abgebaut und der Zugang zu den Leistungen erleichtert werden.

Doch bereits in der ersten Bundestagsanhörung im November warnten Experten davor, dass der Entwurf die Verfahren verkomplizieren könnte, statt sie zu vereinfachen. Bisher müssten sich Eltern nur an das Jobcenter wenden, künftig an mehrere Behörden, hieß es dort.

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai bezeichnet Paus’ Vorschlag als „Bürokratiemonster“ und droht damit, den Gesetzentwurf scheitern zu lassen: „Wenn die Ministerin ihr Gesetz noch retten will, muss sie endlich etwas Praktikables auf den Tisch legen.“ Die Grünen dagegen verweisen auf Vereinbarungen innerhalb der Ampel. Man habe sich im Kabinett gemeinsam darauf geeinigt, dass die Familienkassen – die heute schon das Kindergeld auszahlen – zu einer neuen zentralen Behörde, dem Familienservice, ausgebaut werden, sagte Grünen-Abgeordnete Stephanie Aeffner der taz.

Aeffner zufolge haben die Ampelfraktionen die beteiligten Ministerien nach der Anhörung um eine Prüfung gebeten: Können Kinder, deren Eltern Bürgergeld beziehen, weiterhin von den Jobcentern betreut werden? Alle beteiligten Häuser – auch FDP- und SPD-geführte – hätten dagegen verfassungsrechtliche Bedenken angemeldet. Die schon vom Kabinett geplante Bündelung für alle Kinder beim Familienservice sei die logische Konsequenz.

Martin Gassner-Herz, der für die FDP das Thema im Bundestag verhandelt, sieht das anders. Eine neue Behörde einzusetzen sei nicht die richtige Lösung. Er wirft der Familienministerin vor, die Kindergrundsicherung wiederholt aus Eitelkeit zu gefährden. „Immer wenn sich abzeichnet, wo wir Parlamentarier Änderungsbedarf sehen, geht sie an die Öffentlichkeit, um ihren unzureichenden Stand forsch einzufordern“, so der FDP-Politiker gegenüber der taz.

Wohlfahrtsverband fordert Machtwort des Kanzlers

Die angefragten Ministerien für Inneres, Justiz und Finanzen wollten sich zu regierungsinternen Absprachen nicht äußern.

Der sozialpolitische Sprecher der SPD, Martin Rosemann, stellt klar: Für die Umsetzung der Kindergrundsicherung brauche es staatliche Stellen und auch Personal. „Es geht darum, dass die Leistungen dort ankommen, wo sie gebraucht werden“, so der SPD-Politiker. Seine Partei gehe davon aus, dass die Kindergrundsicherung kommt.

Der Paritätische Wohlfahrtsverband forderte nun ein Machtwort von Bundeskanzler Olaf Scholz, um die Kindergrundsicherung durchzusetzen.

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