Streit in Venezuela um Energie-Blackout: Zappenduster in Caracas

Venezuela unter Strom? Von wegen! Ein Stromausfall legt große Teile des Landes lahm. Die Regierung glaubt, die Schuldigen zu kennen.

Zwei Leute mit Kerze im Dunklen

Verwandte eines Patienten gehen während eines Stromausfalls mit einer Kerze über einen dunklen Gang in einer Klinik in Caracas, Venezuela Foto: ap

BUENOS AIRES taz | Seit Donnerstagnachmittag ist Venezuela nahezu flächendeckend ohne Strom. Und ein Ende ist nicht absehbar. Die Berichte über die Folgen zeichnen ein Katastrophenszenario: Krankenhäuser, denen die Notversorgung ausgeht. Geschlossene Schulen und öffentliche Einrichtungen.

In den Privathaushalten gibt es kein Wasser, weil die Pumpen ohne Strom nicht arbeiten. Auch die Zapfsäulen an den Tankstellen pumpen nicht mehr. Damit kommt auch der mit fossilen Brennstoffen laufende Verkehr zu Erliegen.

Dass es der größte Blackout der letzten 20 Jahre ist, steht schon jetzt fest. Seine Ursache ist im Wasserkraftwerk Guri im venezolanischen Bundesstaat Bolívar zu finden. „Eine Sabotageaktion gegen die Stromerzeugung in Guri“, twitterte der staatliche Stromversorger Corpoelec. Corpoelec ist für nahezu die gesamte Versorgung des Landes mit Elektrizität verantwortlich. „Das ist Teil eines Stromkrieges gegen den Staat. Wir werden das nicht zulassen! Wir arbeiten an der Wiederherstellung der Versorgung“, heißt es weiter.

Guri ist das wichtigste Wasserkraftwerk Venezuelas. Mit seiner Kapazität von 10.000 Megawatt liefert es den Großteil der Stromerzeugung des Landes. Von den 20 Turbinen sollen seit Donnerstag nur noch 11 in Betrieb sein, sagte der Ökonom Leonardo Vera von der Zentraluniversität in Caracas der spanischen Zeitung El País.

Fällt Guri auch nur teilweise aus, sollen andernorts Heizkraftwerke einspringen, ihre Stromerzeugung erhöhen und so die Versorgung sicherstellen. Das ist offensichtlich nicht passiert. Offizielle Zahlen über die Erzeugerkapazität der Kraftwerke und deren tatsächliche Produktion gibt es schon lange nicht mehr.

Regierung spricht vom „Stromkrieg“

Für die Regierung ist Sabotage der einzige Grund für den Blackout. Einen „vom US-Imperialismus angekündigten und angeführten Stromkrieg gegen unser Volk“, erkennt Staatschef Nicolás Maduro.

„Wir sind abermals das Ziel des Stromkrieges“, sagte der Energieminister Luis Motta Domínguez. Verteidigungsminister Vladimir Padrino sprach von einer „Aggression, die zweifellos absichtlich, gezielt und gut vorbereitet war, und von der das nordamerikanische Imperium genau weiß, wie sie zu machen ist“. Informationsminister Jorge Rodríguez kündigte an, der in wenigen Tagen nach Venezuela kommenden Delegation des UN-Menschenrechtsbüros Beweise für die US-Urheberschaft vorlegen zu wollen.

Stromausfälle sind in Venezuela eher die Regel als die Ausnahme.

Für den selbsternannten Interimspräsidenten Juan Guaidó ist der Stromausfall ein Grund mehr, um am Wochenende wieder auf der Straße gegen Nicolás Maduro zu demonstrieren. „Venezuela hat keinen Zweifel, mit dem Ende der Usurpation kommt der Strom wieder“, twitterte er. „Wir sehen uns am Samstag auf der Straße!“

Auf dem oppositionellen Internetkanal VBI TV laufen Interviews mir Arbeitern der staatlichen Corpoelec, die sich nicht nur über ihre „Hungerlöhne“ beklagen, sondern auch ihre prekären Arbeitsbedingungen und den schlechten Zustand der Anlagen beklagen. „Wir haben keine Stiefel, keine Helme und schon gar keine Ersatzteile für die notwendigen Wartungsarbeiten“, sagt einer der Interviewten.

Stromausfälle sind in Venezuela eher die Regel als die Ausnahme. Während die Regierung versucht, die Versorgung in der Hauptstadt Caracas rund um die Uhr aufrechtzuerhalten, kommt es in anderen Bundestaaten seit Jahren nahezu täglich zu kontrollierten Abschaltungen. 2016 erklärte die Regierung gar einen 60-tägigen Stromnotstand, nachdem der Wasserstand im Stausee des Wasserkraftwerks Guri unter die erforderliche Marke gesunken war.

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