Strafe für rumänische EU-Abgeordnete: Sendepause wegen Maulkorb
Die rechtsextreme rumänische Europa-Abgeordnete Şoşoacă wird wegen „unangemessenen Verhaltens“ sanktioniert. Mit Provokation kennt sie sich aus.
Im Juli 2024, kurz vor der Abstimmung über eine zweite Amtszeit für EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, war Şoşoacă im Europäischen Parlament ausgerastet. Sie hatte von der Leyen unter anderem vorgeworfen, für den Tod einiger Menschen während der Covid-19-Pandemie verantwortlich zu sein. Aus Protest hatte sie sich einen Maulkorb aufgesetzt, mehrmals mit Störrufen die Sitzung unterbrochen und als Reaktion auf ein Statement zum Recht auf Abtreibung ein Heiligenbild in die Höhe gehalten. Schließlich wurde sie des Saales verwiesen.
Die gebürtige Bukaresterin, die studierte Juristin ist, war 2020 auf dem Ticket der rechtsextremen Allianz für die Vereinigung der Rumänen (AUR) in den Senat, das Oberhaus des rumänischen Parlaments, gewählt worden. Am 21. Februar 2021 wurde sie, nicht zuletzt wegen übergriffiger öffentlicher Auftritte aus der AUR ausgeschlossen. Lange politisch heimatlos blieb die zweifache Mutter jedoch nicht. Sie heuerte bei der im November 2021 gegründeten ultrakonservativen, autoritären und europafeindlichen Partei SOS Rumänien an, in der sie kurz darauf zur Vorsitzenden aufstieg.
Hetze gegen Juden, Roma und andere Minderheiten
Şoşoacă spult das allseits bekannte Programm rechtsextremer Politiker*innen ab: Hetztiraden gegen Juden, Roma sowie andere Minderheiten, verbale Angriffe auf Europa und die Nato sowie Geschichtsrevisionismus. Und bei allem immer mit „vollem Körpereinsatz“ für traditionelle Familienwerte.
Was Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine betrifft, steht sie, wenig überraschend, stramm an der Seite Moskaus. Dazu gehörte die Teilnahme an einem Empfang beim russischen Botschafter in Bukarest in Tateinheit mit ständigen Breitseiten gegen die Ukraine. So gelang es Şoşoacă, eine Rede des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskjy vor dem rumänischen Parlament zu verhindern, weil sie mit Krawall gedroht hatte.
Im vergangenen Frühjahr trat Şoşoacă bei den Wahlen zum EU-Parlament an. In einem eigens zu werblichen Wahlkampfzwecken erstellten Musikvideo ist sie in militärischer Tarnuniform auf einem Pferd zu sehen.
Şoşoacă reichte Präsidentschaftskandidatur ein
Als fraktionslose Abgeordnete in Brüssel scheint Şoşoacă darauf abonniert zu sein, zu provozieren, Skandale anzuzetteln und das Parlament lächerlich zu machen. Dem legte sie übrigens nahe, sich „von einem Priester segnen und reinigen zu lassen“.
Doch offensichtlich reicht ihr diese Bühne nicht aus. Jetzt greift Şoşoacă auch noch nach der Präsidentschaft in Rumänien und reichte ihre Kandidatur für die Wahlen Ende November 2024 ein. Das rumänische Verfassungsgericht machte diese Ambitionen zunichte, indem es Şoşoacă in der vergangenen Woche von der Liste der Kandidat*innen strich.
Ein Grund: Ihre Auftritte verstießen gegen die verfassungsrechtlichen Grundlagen des Landes. Şoşoacă quittierte das Urteil mit den Worten: „Das beweist nur, dass Amerikaner, Juden sowie die Europäische Union geplant haben, die Wahlen zu manipulieren, bevor sie überhaupt begonnen haben.“ Das dürfte nicht die letzte Äußerung dieser Art gewesen sein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“