Steiniger Weg zum Abitur: Schlechte Quote
24 Schüler einer Privatschule in Elmshorn werden nicht zum Abi zugelassen. Schuld soll daran nicht der Unterricht, sondern die externen Prüfungen des Landes sein.
HAMBURG taz | Rund ein Drittel der Schüler der Leibniz Privatschule im schleswig-holsteinischen Elmshorn sind durch die Vorabiklausuren gefallen. Die Schule meldet die 24 betroffenen Schüler nicht zum Abitur an und zieht damit den Zorn der Eltern auf sich. Die sehen ihre Kinder nicht gut genug von den Lehrern aufs Abi vorbereitet, so berichtete das Pinneberger Tageblatt.
Im vergangenen Jahr waren im ersten Abiturjahrgang der Schule 14 von 59 Schülern durchgefallen. Rektorin Barbara Manke-Boesten widerspricht dem Vorwurf einer mangelhaften Betreuung. Schuld an der hohen Durchfallquote sei die externe Prüfungsordnung für Privatschulen ohne staatliche Anerkennung.
Anerkennung wird geprüft
Das Bildungsministerium in Kiel prüft seit 2013 die Anerkennung für die Leibniz Schule. Bis dahin dürfen die Lehrer keine Zeugnisse ausstellen oder Abschlussprüfungen abhalten. Die externen Prüfungen seien reine Stichtagsprüfungen, kritisiert die Rektorin. Die Noten aus den vorigen zwei Jahren in der Oberstufe fließen nicht mit in die Abiturnoten ein und die Schüler müssen mehr Prüfungen ablegen: eine extra Klausur und drei zusätzliche mündliche Prüfungen. „Der Druck auf die Schüler ist unmenschlich“, sagt Manke-Boesten.
97 Privatschulen gibt es in Schleswig-Holstein. 67 davon sind staatlich anerkannt. Insgesamt besuchen 16.643 Schüler private Schulen im Land.
Die dänische Minderheit betreibt die meisten privaten Schulen, aber auch Waldorfschulen, Berufsbildende Schulen und Förderzentren sind darunter.
Eine "Sonderung nach den Besitzverhältnissen der Eltern" dürfen private Schulen in Schleswig-Holstein nicht fördern und deshalb monatlich maximal 225 Euro bei Ganztagsschulen und 170 Euro bei Halbtagsschulen kosten.
Die Leibniz-Schule kostet die Abiturienten 160 Euro im Monat.
In diesem Jahr lässt sich der zweite Abi-Jahrgang prüfen. Ein Schulableger in Bad Bramstedt hat bisher keine zwölfte Klasse
Für Bildungsforscher Manfred Weiß, der sich intensiv mit Privatschulen auseinandergesetzt hat, ist dieses Argument nicht überzeugend. Auch Schüler von Waldorfschulen würden extern geprüft und schnitten im Abitur immer recht gut ab. Im Durchschnitt erreichten Privatschulen in etwa das Leistungsniveau öffentlicher Schulen. Ein Grund für die schlechten Leistungen der Schüler könnte vielmehr eine hohe Fluktuation bei den Lehrern sein, sagt Weiß und trifft damit einen Kritikpunkt vieler Eltern. Fünf Lehrer seien in drei Monaten ausgetauscht worden, berichtet das Pinneberger Tageblatt. „Bei so einer Fluktuation fehlt die soziale Konstanz und das wirkt sich negativ auf die Leistungen aus“, sagt Weiß.
„So etwas wünscht man sich für die Oberstufe nicht“, räumt die Rektorin ein. Dennoch sei der Unterricht ausreichend gewesen und die Vorabiklausuren ein deutlicher Indikator dafür, welche Schüler noch nicht bereit fürs Abitur seien.
Tatsächlich entschieden sich fünf Schüler dafür, die Klasse zu wiederholen. Fünf meldeten sich selbst gegen die Empfehlung ihrer Lehrer zum Abitur an, 14 haben sich ganz von der privaten Schule abgemeldet – mit schwerwiegenden Konsequenzen.
Bittere Enttäuschung
An staatlichen Schulen müssen die Abiturienten zwei Schuljahre wiederholen, weil sie keine Noten der Qualifikationsphase fürs Abi einbringen – eben für die zwei Jahre in der Oberstufe, die in der Privatschule nicht zählen. „Das gab bittere Enttäuschungen bei Schülern und Eltern“, sagt der Schulleiter der staatlichen Elsa-Brändström-Schule, Uwe Lorenzen. Er und die KollegInnen der anderen staatlichen Gymnasien hätten bereits diverse Anfragen von Schülern aus dem Abiturjahrgang erhalten – und mussten sie zurückstufen.
Für die Eltern der Leibniz-Schüler sei die Nachricht sehr überraschend gewesen, berichtet die Lokalzeitung. „Mein Sohn hatte nie schlechte Noten, die mich veranlasst hätten, besorgt bei der Schule nachzuhaken“, sagte eine Mutter. Die Schulleiterin habe ihr noch im September versichert, dass ihr Sohn das Abitur schaffen würde. „Dabei hat sie einen Nachsatz vergessen“, widerspricht Rektorin Manke-Boesten im Gespräch mit der taz. „Ich sagte, wenn er sich anstrengt – und das hat er nicht.“
Auch auf einer Privatschule könnten sich Schüler das Abitur nicht kaufen. „Es braucht viel Wissen und Kompetenz, das kriegt man nicht geschenkt.“ Dennoch sei die jetzige Praxis „extrem ungerecht“. Für eine staatliche Anerkennung müsse die Qualität des Unterrichts der an einer staatlichen Schule entsprechen, erläutert der Sprecher des Bildungsministeriums Thomas Schunck – und das werde auch an den Durchfallquoten gemessen.
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