Staatskrise in Peru: Politische Glücksritter
Peru kommt nicht zur Ruhe. Vorgezogene Neuwahlen könnten Abhilfe schaffen, würden nicht politische Interessen schwerer wiegen als das Wohl der Menschen.
S eit Dezember sind auf Perus Straßen 46 Demonstranten erschossen worden. Die südperuanischen Städte Puno, Juliaca und Cusco sind seit Wochen von Demonstranten abgeriegelt; Gas zum Kochen und Lebensmittel werden knapp. Tausende von Quechua und Aymara haben den langen Weg nach Lima unternommen und protestieren in der Hauptstadt. Ihre Forderungen: Präsidentin Dina Boluarte soll zurücktreten und sofortige Neuwahlen für die Präsidentschaft und den Kongress ausrufen.
Eigentlich wäre das leicht zu erfüllen. Nur stellen sich die Parlamentarier nun schon zum zweiten Mal in den Weg. Dabei hatte der Kongress mit seiner Absetzung Pedro Castillos die Proteste erst ausgelöst. Und so uneinig die Peruaner sonst sein mögen: in puncto Kongress ist die Ablehnung nahezu Konsens. Drei von vier Bürgern wünschen sich Neuwahlen. Doch was die Wähler wollen, scheint die Parlamentarier wenig zu kümmern.
Sie kochen vor allem ihr eigenes Süppchen. Die Ultrarechte lehnt Neuwahlen kategorisch ab, eine andere Partei will die eben erst eingesetzten Regionalpräsidenten gleich mitwählen und die in zahlreiche Grüppchen zerfallene Linke knüpft Neuwahlen an ein zeitgleiches Referendum über eine neue Verfassung.
Der peruanische Kongress ist mehr und mehr zu einer Ansammlung politischer Glücksritter geworden, die den Wahlkampf gegen die siegreiche Regierungspartei vom Parlament aus fortsetzen und ihre Mandate vor allem für die eigenen politischen und materiellen Interessen nutzen. Eine baldige Neuwahl dürfte an der Qualität des politischen Personals wenig ändern, ist aber trotzdem der einzige Ausweg aus der momentanen Krise.
Präsidentin Boluarte wird nun einen weiteren Gesetzesvorschlag für Neuwahlen im Oktober 2023 vorlegen, der wieder kaum durchkommen wird. Mit ihrem Rücktritt könnte Dina Boluarte sofortige Neuwahlen ausrufen. Doch sie will nicht zurücktreten. Für die Peruaner bleibt die Situation ausweglos.
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