Spielplätze in der Coronakrise: Nein, macht sie bloß zu!
In Berlin bleiben Spielplätze teils weiterhin offen. Das ist zutiefst unsolidarisch – und es wird Leben kosten.
A m Dienstag ging es zunächst hin und her, dann hat der Berliner Senat schließlich beschlossen, die Spielplätze offen zu halten. Einen Artikel in der taz, in dem für das Offenhalten der Spielplätze argumentiert wird, verlinkte Kultursenator Klaus Lederer zustimmend, als er die Entscheidung verkündete.
„Ist es wirklich sinnvoll, nun die Jungen einzusperren, um die Älteren zu schützen? Müsste es nicht umgekehrt sein?“, stand da, als wäre nicht längst klar, dass es natürlich nicht nur die Alten trifft. Dann kommt, was Kinder alles dürfen müssten: spielen, frei sein, unbeschwert leben. Und zu guter Letzt der Hinweis, dass gerade Kinder aus armen Familien besonders betroffen seien von einer Schließung.
Kinder haben häufig Eltern, und diese Eltern sind gerade belastet. Besonders belastet sind – das stimmt – Menschen, die prekär leben. Diese Menschen leben besonders oft mit Vorerkrankungen; sind also in der jetzigen Krisensituation besonders gefährdet. Ganz düster wird es, denkt man an chronisch kranke Alleinerziehende. Papa hat dann einmal die Woche Umgang und bringt das Kind fröhlich zum Spielplatz, weil ist ja erlaubt. Und er will ja das bessere Elternteil sein: Das Kind soll Spaß haben, mit vielen Kindern.
Am Spielplatz steckt sich das Kind dann mit relevanter Wahrscheinlichkeit an. Beim Kind verläuft die Erkrankung asymptomatisch, bei der Mutter nicht. Ist die Vorerkrankung schwer genug, stirbt sie.
Alle mitdenken
Am Mittwoch begannen dann erste Berliner Bezirke, die Spielplätze doch zu schließen. Es ist auch widersinnig, ausgerechnet die Spielplätze offenzulassen. Da gibt es die geringste Möglichkeit der Kontrolle. Da auf selbstverantwortliches Handeln zu setzen, wie die Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci es tut, ist illusorisch, das hat ja schon bei den Erwachsenen nicht funktioniert.
Solidarische Politik denkt alle mit und spielt nicht die armen Kinder gegen die Gefährdeten aus.
Diese Entscheidung vergrößert die Einsamkeit und die Verzweiflung jener, die in dieser Gesellschaft eh schon alleingelassen werden; die müssen jetzt auch noch ihrem Kind erklären, warum alle auf den Spielplatz dürfen, nur das Kind nicht. Alle Kinder spielen vor dem Haus, nur nicht Magda, weil ihre Mutter arm und krank ist. Man kann nicht das Leben weniger opfern, um die Nerven der vielen zu schonen. Es braucht andere Lösungen.
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