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Spielfilm „Plan A“ im KinoNakam bedeutet Rache

„Plan A – Was würdest du tun?“ erzählt von einer jüdischen Organisation, die 1945 in Deutschland Anschläge plante. Nicht nur die Figuren enttäuschen.

Als Max (August Diehl) in sein Haus zurück will, bedroht ihn der Nachbar, der ihn einst denunzierte Foto: Camino

Am Anfang steht eine Frage: „Stell dir vor, dass deine Familie ermordet wurde. Nur für einen Moment. Deine Kinder, deine Brüder, Schwestern, Eltern, Freunde. Einfach alle. Und das ohne jeglichen Grund. Und jetzt frag dich: Was würdest du tun?“

Der Film

„Plan A – Was würdest du tun?“: Regie: Doron Paz und Yoav Paz. Mit August Diehl, Sylvia Hoeks u. a. Israel/Deutschland 2021, 110 Min.

Gestellt wird sie von einem, der die Shoah überlebt hat und nun auf Rache sinnt. Die Regie-Brüder Yoav und Doron Paz, die auch das Drehbuch zu „Plan A“ verfassten, haben sie als rhetorische angelegt. Hinter ihr steckt erkennbar der Wille, alles, was nach ihr geschehen wird, zu entschuldigen beziehungsweise zu rechtfertigen. Da die Handlung weitgehend auf historischen Tatsachen fußt, bedarf sie eigentlich weder des einen noch des anderen.

Dass das israelisch-deutsche Drama die nahezu unbekannte Geschichte der „Nakam“ erzählt und im gleichen Atemzug eine Verteidigungsrede derselben anstimmt, lässt es unnötig hölzern wirken. Im Deutschen steckt die Frage allerdings sogar im Filmtitel, was ihre Bedeutung zusätzlich unterstreicht. Auch ohne diese Erhöhung dient sie der Handlung als aufdringlicher didaktischer Rahmen.

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Trailer „Plan A“

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Besagter Überlebender ist Max (August Diehl), der unmittelbar aus Auschwitz-Birkenau ins Nachkriegsdeutschland zurückgekehrt ist. Sein Haus wird längst von der Familie bewohnt, die seine der Gestapo gemeldet hat. „Nur weil der Krieg vorbei ist, heißt das nicht, dass wir keine Juden mehr töten können!“, schleudert ihm der ehemalige Nachbar, das Gewehr im Anschlag, noch entgegen.

Darin liegt die Krux des Films: Er ist ambitioniert darin, filmisch wenig beleuchtete Aspekte der augenblicklichen Nachwirkungen des Nationalsozialismus wie die schier unmöglich erscheinende Rückkehr Überlebender in die Mitte der Tä­te­r*in­nen zu erschließen. Er beweist aber wenig Fingerspitzengefühl darin, sie darzustellen, verfällt vor allem bei den Dialogen immer wieder ins Formelhafte.

Wann ist Rache gerechtfertigt?

Mehr als die Hälfte der 110-minütigen Spieldauer widmet er dem ersten Abschnitt von Max’ zermürbender Suche nach einer Möglichkeit, völlig auf sich und seinen Schmerz zurückgeworfen, weiterzumachen. Die Begegnungen, die er auf diesem Weg macht, sind nicht weniger schablonisiert: „Aber warum habt ihr euch nicht gewehrt?“, lässt der Film einen Offizier der Jüdischen Brigade der British Army ungelenk fragen und verschließt sich damit davor, mehr Nuanciertheit, mehr Einfühlungsgabe als ein trockenes Geschichtsseminar zuzulassen.

An ein solches erinnert der Verlauf der Handlung stellenweise ohnehin: Statt sich der filmischen Aufarbeitung der „Nakam“, zu widmen, beschäftigt sich der Plot oft mit sehr allgemeinen Facetten des Holocaust und verharrt so über weite Strecken an der Oberfläche seiner eigentlichen Fragen: Wann, wenn sie es denn jemals sein kann, ist Rache gerechtfertigt? Oder: Wann ist das Verlangen nach ihr zumindest nachvollziehbar?

Über Umwege gelangt Max an ein Netzwerk jüdischer Partisanen namens „Nakam“ (hebräisch für „Rache“), deren titelgebender „Plan A“ umfassende Vergeltungsmaßnahmen an den Deutschen vorsah. Unter anderem in Nürnberg plante man das Trinkwasser zu vergiften. „Auge um Auge, sechs Millionen für sechs Millionen“, begründet Ana (Sylvia Hoeks), mit der Max eine leidlich erzählte Affäre eingeht, die Motivation dahinter.

Sowohl Anerkennung als auch Verurteilung

Von da an wird die Dynamik zwischen den Rachegesinnten nachgezeichnet, allerdings ohne das Innenleben der Gruppe näher zu beleuchten. Die Figuren und ihre individuellen Beweggründe bleiben dem Publikum fremd. Das eigentliche Ziel des so sehr um Zuspruch für „Plan A“ und die Ausführenden bemühten Films ist also allein schon deswegen unerreicht, weil jegliche Identifikation unmöglich erscheint.

Darüber hinaus changiert der Ton bis zuletzt zwischen den beiden eingangs erwähnten Polen, zwischen Entschuldigung und Rechtfertigung. Dabei scheinen sowohl Anerkennung als auch Verurteilung dessen, was „Nakam“ unternahm, aus heutiger Sicht deplatziert: Für das eine hat Rache schlicht zu wenig Gutes an sich, für das andere bleibt die präzedenzlose emotionale Ausnahmesituation, in der sich die Überlebenden der Shoah befanden, zu unvorstellbar.

Das gemeinhin keine Abweichung zulassende Opfernarrativ von Holocaust-Überlebenden durchbricht das Drama immerhin. Zu Tä­te­r*in­nen werden die Handelnden zwar nicht – schlicht, weil „Plan A“ durch die zionistische paramilitärische Untergrundorganisation Hagana vereitelt wurde –, Genugtuung finden aber zumindest einige von ihnen in der Erkenntnis, dass die beste Rache immer noch ein gutes Leben ist.

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