Spekulation um Bakery Jatta: Rassistischer Konjunktiv
Das Bezirksamt Hamburg-Mitte bestätigt die Identität von HSV-Profi Bakery Jatta. Die Debatte wird dennoch weiter gehen, weil Fakten eh nichts zählen.
B akery Jatta ist Bakery Jatta. Das hat das Bezirksamt Hamburg-Mitte am Montag mitgeteilt. Aber wer glaubt, dass mit dieser behördlichen Feststellung ein Schlussstrich in der Debatte um die Identität des gambischen Fußballprofis vom Hamburger SV gezogen werden kann, der unterschätzt die Kraft der rassistischen Ressentiments in Deutschland.
Die Sport Bild hat mit ihrer vermeintlichen Investigativrecherche Anfang August Zweifel gesät und nahegelegt, Bakery Jatta könnte eigentlich Bakary Daffeh sein, um mit gefälschten Papieren sich den Zugang nach Deutschland zu erleichtern. Basis der Theorie war, dass sich zum Zeitpunkt des Auftauchens Jattas in Deutschland, die Spuren eines Spielers namens Daffeh in Gambia verloren. Beweise für einen Zusammenhang hatte man keine.
Trotz der Mitteilung der Hamburger Behörde am Montag hält der Springer-Verlag via Bild Zeitung an seiner Überzeugung fest, Jatta könnte Daffeh sein. Der Konjunktiv hat Konjunktur in Deutschland. Warum Dokumente von Behörden ernst nehmen, wenn man mit mündlichen widersprüchlichen Zeugenaussagen frei spekulieren kann? Warum Widersprüchen einer Geschichte weiter auf den Grund gehen, wenn man sich auch auf eine Erklärungsmöglichkeit festgelegen kann? Warum die Persönlichkeitsrechte von Jatta schützen, wenn sich auf seinem Rücken so vortrefflich Ressentiments schüren lassen, die eine große Anhänger- und Leserschaft mit sich bringen?
Mit dem Hass gegen Jatta, der in den sozialen Netzwerken seinen schriftlichen Niederschlag fand, könnte man etliche Aktenordner und Regale füllen und es werden wohl noch einige hinzukommen.
Gefährlicher Journalismus
Denn der Springer-Verlag zündelt munter weiter. Wenn Jatta Jatta sei, so fragte die Bild Zeitung am Montag, wo ist dann Daffeh? Die Antwort lautete: „Die plausibelste Erklärung dafür wäre, dass es sich um eine und dieselbe Person handelt.“ Da war er wieder, der Konjunktiv. Ein Journalismus, der lieber eigenen Plausibilitätsvorstellungen folgt, anstatt sich an die vorhandenen Fakten zu halten, ist eine massive Gefahr für den Zusammenhalt dieser Gesellschaft.
Dass der Springer-Verlag seine eigenen Mutmaßungen für beweiskräftiger hält als die Einträge im Geburtenregister von Gambia mag auch deren rassistischen Vorstellungen geschuldet sein. Vermutlich kommen sie denen der AfD in Hamburg recht nahe, die via Facebook postete, in Gambia bekomme man für ein paar Dollar und mit den richtigen Freunden per Pass bescheinigt, Donald Duck zu sein.
Zu hoffen ist zumindest, dass nun die Zweitligavereine, die Protest gegen ihre verlorenen Spiele gegen den Hamburger SV eingelegt haben, vom Zug der Springer-Kampagne abspringen. Jatta ist Jatta. Die Wirklichkeitsfeststellung der Hamburger Behörde sollte mehr zählen als der aufhetzende Könnte-Journalismus der Boulevard-Blätter. So viel Bewusstsein für ihre gesellschaftliche Verantwortung könnte man eigentlich vom VfL Bochum, dem 1. FC Nürnberg und dem Karlsruher SC erwarten.
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