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Sparmaßnahmen beim rbbVorschläge zur Verschlankung

Der rbb soll umstrukturiert werden, nun gibt es erste konkretere Vorschläge. Bei den Mitarbeitenden ist die Stimmung weiter angespannt.

Das gemeinsame Mittagessen mit den Kol­le­g:in­nen wird schwierig: Die rbb-Kantinen in Berlin und Potsdam werden ab Juni eingespart Foto: Fabian Sommer/dpa

Berlin taz | Auf über drei Stunden war die Belegschaftsversammlung am vergangenen Freitag anberaumt, um die nächsten Schritte für den langfristigen Umbau des rbb zu besprechen. Und große Umstrukturierungsmaßnahmen stehen bevor: Im Januar hatte rbb-Intendantin Ulrike Demmer angekündigt, wegen der prekären Finanzlage 22 Millionen Euro einsparen zu wollen. Damit diese Einsparungen möglich sind, müssen in Zukunft 254 Vollzeitstellen wegfallen.

150 Vorschläge legte die Geschäftsleitung deshalb am Freitag vor, um die Personal- und Honorarkosten zu senken. Wie aus einer rbb-Pressemitteilung hervorgeht, fallen darunter auch Maßnahmen wie „die Verschlankung von Strukturen, die Verringerung von Aufwänden in Produktion und Verwaltung, der Abbau von Führungsebenen, die Zusammenlegung von Organisationseinheiten, die Optimierung von Prozessen sowie Veränderungen des Programmangebotes“.

Erste programmatische Veränderungen stehen bereits fest: So will man „starke Marken stärken“, indem sie inhaltlich und personell mit anderen Angeboten zusammengelegt werden. Die tagesaktuelle Werktags-Sendung „Der Tag“ soll so auf Samstag ausgeweitet werden, dafür entfällt das „Heimatjournal“ am Samstag. Darüber hinaus sollen die Nachrichtenredaktionen aller Radioprogramme zusammengelegt werden. Auch die Produktion des Hörgeschichten-Podcasts für Kinder, „Ohrenbär“, wird eingestellt.

Mitarbeitende warnen vor Konsequenzen

Die Mit­ar­bei­te­r:in­nen hätten bereits in der Woche nach der Belegschaftsversammlung die Möglichkeit, schriftlich Stellung zu beziehen und Gegenvorschläge zu machen, heißt es in der Mitteilung. Diese würden dann in gemeinsamen Workshops reflektiert, bevor Ende Mai weitere Gespräche mit Mitarbeitendenvertretungen und Gewerkschaften stattfänden.

„Ein nachhaltiger Umbau des rbb ist unausweichlich, und er ist schmerzhaft“, sagte Demmer am Freitag. Um betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden, plane der rbb zudem Programme zu Vorruheständen oder der einvernehmlichen Aufhebung von Arbeitsverhältnissen, heißt es weiter.

Von den Mitarbeitenden selbst vernimmt man derweil großen Unmut. Schon kurz nach der Belegschaftsversammlung verschickte ein Zusammenschluss aus festen und freien Mit­ar­bei­te­r:in­nen – aus Grafik, Schnitt, Ton, Kamera und Redaktionen – eine gemeinsame Stellungnahme, in der sie vor den Konsequenzen der Einschnitte warnen: „Begriffe wie ‚digitale Transformation‘ oder ‚Zielbildprozess‘ verschleiern, dass sich die Arbeit auf immer weniger Schultern verteilt, dass technisches Personal zugunsten von ‚smart production‘ weichen muss, dass Jour­na­lis­t:in­nen dennoch parallel mehrere Ausspielwege bedienen sollen und dabei die Zeit für Recherchen immer knapper wird.“

Angespannte Arbeitsatmosphäre

Auch schon vor der Versammlung am Freitag war die Stimmung in den Reihen der rbb-Mitarbeitenden schlecht. Nach Unsicherheiten durch Corona, der Affäre um Ex-Intendantin Patricia Schlesinger, der fehlerhaften Recherche zum Berliner Grünen-Politiker Stefan Gelbhaar, und nun der nächsten Sparreform ist die Arbeitsatmosphäre in der Sendeanstalt an einem Tiefpunkt angelangt.

Bei den Mitarbeitenden, festen wie freien, ist die Rede von einem Gefühl der Resignation und der Angst vor dem Jobverlust. „Die Stimmung im Sender ist konstant schlecht“, sagt eine Person. Hinzu kommt Ärger über die veralteten Strukturen und aufgeblähten Verwaltungsstrukturen, in der sich viele freie Jour­na­lis­t:in­nen einigen wenigen, besser bezahlten, festangestellten Führungskräften gegenübersehen.

Insbesondere beim Umgang mit freien Mit­ar­bei­te­nden hat die Geschäftsleitung in der Folge Vertrauen verspielt, sagen Mitarbeitende. Dabei geht es um einen Bestandsschutzvertrag für sogenannte „feste Freie“, der zwischen Arbeitnehmervertretungen und Geschäftsführung bereits vor über einem Jahr ausgehandelt wurde. Dieser soll freie Mit­ar­bei­te­nde bei Stellenabbau stärker als bisher schützen. Ihn weigert sich jedoch Intendantin Demmer zu unterschreiben. Der Vertrag ist dabei nicht unumstritten, einige befürchten, dass es so insbesondere für junge freie Mitarbeitende noch schwerer wird.

Zur Unzeit kam vor kurzem auch die Meldung, dass die Mitarbeitenden-Kantinen des rbb in Berlin und Potsdam ab dem 1. Juni schließen sollen. Die Streichung sei auch ein „symbolisches Zeichen“, heißt es von Mitarbeitenden. Die Kantine als sozialer Ort, als Ort des Austausches im rbb ginge damit verloren.

„Der rbb ist blank“

Wer und wann von den Sparmaßnahmen am meisten getroffen ist, wird sich weiter zeigen. Fest steht, der rbb braucht dringend Geld, um die Zahlungsfähigkeit des Senders nach 2026 zu gewährleisten und um in digitale Erneuerung und in die Entwicklung neuer Angebote zu investieren. Erst Ende 2024 hatte der Berliner Rechnungshof den Sender gerügt. Demzufolge waren im Jahr 2022 bereits 84 Prozent der Bilanzsumme des Senders in Pensionsrückstellungen gebunden. Die Verpflichtungen für die betriebliche Altersvorsorge seien kontinuierlich angestiegen – 2022 betrugen sie 773,4 Millionen Euro.

Darüber hinaus kann der rbb derzeit auch nicht mit Mehreinnahmen durch eine Erhöhung des Rundfunkbeitrages rechnen. Die unabhängige Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) hatte für die Beitragsperiode von 2025 bis 2028 zwar eine Erhöhung des Beitrags um 58 Cent pro Monat empfohlen. Um Reformen und Effizienz anzustoßen, hatten die Mi­nis­ter­prä­si­den­t:in­nen der Länder einer Erhöhung Ende 2024 aber nicht zugestimmt. ARD und ZDF haben daraufhin Klage beim Bundesverfassungsgericht eingelegt, eine Entscheidung steht noch aus.

So gilt, was Ulrike Demmer Ende Januar bei einer Sondersitzung des rbb-Rundfunkrates sagte: „Der rbb ist blank. Die Finanzlage ist prekär, es gibt keine Puffer.“

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5 Kommentare

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  • Für eine öffentlich rechtliche Anstalt, wie dem rbb ein Skandal. Unverantwortlich - wie hier mit den GEZ Gebühren der zahlenden Bürger umgegangen wurde / wird.



    Und wie äußern sich die Verantwortlichen der ARD dazu ? Schließlich ist der rbb Mitglied der ARD.

  • So gilt, was Ulrike Demmer Ende Januar bei einer Sondersitzung des rbb-Rundfunkrates sagte: „Der rbb ist blank. Die Finanzlage ist prekär, es gibt keine Puffer.“

    Trotzdem hält es Frau Demmer für gerechtfertigt, dass ihr Gehalt um 10.000 pro Jahr steigen soll.



    Der ehemalige Chefredakteur, der schwerste Fehler im Fall Gelbhaar zu verantworten hat, bzw. sich nicht für sie verantwortlich hält, weil Verantwortung beim rbb nach unten "delegiert" (unglaublich!!!) wurde, wird nicht etwa auf einen einfachen Posten zurechtgestutzt, sondern erhält einen fast gleich gut bezahlten im Programmbereich.



    Es ist diese Ignoranz und Gier wie an einem mittelalterlichen Fürstenhof mit best bezahlten und unterbeschäftigten Stellen im Verwaltungsbereich und der Ebene der Abteilungsleiter, denen schlecht bezahlte freie Mitarbeiter gegenüberstehen, die die Drecksarbeit machen, die einen beim rbb nur noch an die berühmte Kettensäge von Javier Milei denken lässt - auch aufgrund Unsummen für Pensionäre, die für den Ruin dieses Senders stark mitverantwortlich sind.

    Also Schlussstrich: der RBB gehört aufgelöst sollte in einem größeren Sender aufgehen, vor allem in Leitungsebenen sollen Mitarbeiter gehen.

  • "84 Prozent der Bilanzsumme des Senders, das entspricht rund 773 Millionen Euro, in Pensionsrückstellungen gebunden." Dann wird man den Laden demnächst dicht machen können. Und es ist ja nicht die einzige Stelle, die Pensionsforderungen werden einige Bundesländer und Kommunen in die Insolvenz treiben. Neue Verwaltungstellen sollte es nur noch ohne Pensionen geben und nur wenn nachgewiesen wird das diese Stelle nicht durch Digitalisierung ersetzt werden kann.

  • Was nicht auf der Agenda steht: Einsparungen durch Trennung von den Verantwortlichen der Gelbhaar-Affäre. Die sind allesamt noch da, teilweise in anderen Positionen, aber die sind mindestens gleich hoch angesiedelt und vergütet.

  • Es ist doch immer das gleiche Lied: viel Geld wird für Sport und Unterhaltung rausgeschmissen, die eigentlich in die privaten gehören. Außerdem, sollte man auf die Gehälter und Pensionen im OBEREN Segment gucken... Der ÖR muss bei seinem Kerngeschäft bleiben: Information, Bürgerbeteiligung, Diskussion und Kultur!