piwik no script img

Soziale Abfederung im HeizungsstreitGrüne wollen Heizungstausch fördern

Beim umstrittenen Heizungsgesetz wagt die Grünen-Fraktion einen neuen Vorstoß zur sozialen Abfederung. SPD und FDP befürchten zu viel Bürokratie.

An der sozialen Abfederung beim Heizungstausch kann noch gedreht werden Foto: Fabian Sommer/dpa

Berlin taz | Ein Papier der Grünen-Fraktionsspitze für eine sozialere Ausgestaltung des Heizungsgesetzes stößt bei den Koalitionspartnern SPD und FDP auf verhaltene Reaktionen. In dem Papier zur Aktualisierung des Gebäudeenergiegesetzes, wie das Gesetz offiziell heißt, das die Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge sowie die Vizevorsitzenden Julia Verlinden und Andreas Audretsch verfasst haben, soll die Förderung beim Austausch einer alten Öl- und Gasheizung nach Einkommen gestaffelt werden.

Statt wie bisher geplant soll der Einbau einer neuen Heizung nicht mehr mit maximal 50 Prozent, sondern mit bis zu 80 Prozent gefördert werden. Diese Höchstförderung sollen Haushalte mit einem Einkommen von unter 20.000 Euro pro Jahr erhalten. Stufenweise würde die Förderung dann sinken. Haushalte mit einem Jahreseinkommen von bis zu 60.000 Euro sollen etwa noch 40 Prozent der Gesamtkosten für ihre neue Heizung erstattet bekommen. Die Grundförderung von 30 Prozent der Investitionskosten bleibt erhalten.

Antragstellung nach Vorbild des Baukindergeldes

Die FDP sieht weiteren Gesprächsbedarf bei der „sozialen Abfederung der Regelungen“, wie der Bau- und wohnungspolitische Sprecher, Daniel Föst, mitteilte. „Wir brauchen eine schnelle und bürokratiearme Förderung“, sagte er. „Aus unserer Sicht ist das Papier nicht ausreichend“, sagte Timon Gremmels, der für die SPD Berichterstatter bei den Verhandlungen über das Gebäudeenergiegesetz ist. Mieterinnen und Mieter, Rentnerinnen und Rentner kämen zu kurz. „Die Nöte und Sorgen sind groß“, sagte Gremmels. Er fügte hinzu: „Wir müssen gucken, dass die Förderbedingungen ausreichen und die richtigen treffen. Weder Robert Habeck noch ich brauchen finanzielle Hilfen.“ Ebenso wie Föst befürchtet Gremmels bei der Umsetzung der Fördermaßnahmen zu hohen bürokratischen Aufwand.

Die Grünen wollen die Förderung nach dem Vorbild des früheren Baukindergeldes organisieren. In ihrem Papier heißt es, Anträge könnten nach diesem „erprobten und unkomplizierten Verfahren“ gestellt werden. Dabei werde das durchschnittliche Einkommen der letzten beiden Jahre als Bemessungsgrundlage herangezogen. Eine bereits geplante Förderung durch Kredite soll angepasst werden, sodass sich Zinsen und Tilgung ebenfalls an der Einkommenshöhe orientieren.

Verbesserter Mieterschutz geplant

Der Vorschlag der Grünen sieht auch Verbesserungen beim Mieterschutz vor. Die sogenannte Modernisierungsumlage soll auf höchstens vier Prozent im Jahr und nicht mehr als 1,50 Euro monatlich pro Quadratmeter innerhalb von acht Jahren begrenzt werden. Die FDP will die Umlage dagegen erhöhen. „Vermieterinnen und Vermieter dürfen nicht mit Modernisierungskosten allein gelassen werden“, heißt es als Begründung im FDP-Parteitagsbeschluss vom vergangenen April.

Am 25. Mai soll über das reformierte Gebäudeenergiegesetz erstmals im Bundestag debattiert werden. Im Gesetzentwurf ist festgehalten, dass ab Januar 2024 Heizungen mindestens zu 65 Prozent aus Erneuerbaren Energien betrieben werden. Ab dem Jahr 2045 muss dann möglichst jede neu eingebaute Heizung ohne klimaschädliches Gas oder Kohle auskommen. 2045 markiert das Ziel der angestrebten Klimaneutralität Deutschlands. So ist es im Klimaschutzgesetz festgehalten.

Gesetzesfahrplan bis zur Sommerpause

Das Papier der Grünen-Fraktionsspitze ist ein neuer Versuch, eine umfangreichere soziale Förderung in dem Gesetzestext sowie daran anschließend in der entsprechenden Förderrichtlinie (Bundesförderung für effiziente Gebäude, kurz BEG) zu verankern. Vor dem Kabinettsbeschluss hatte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bei den Verhandlungen einen ersten Anlauf für eine einkommensabhängigen Förderung gemacht, war aber gescheitert.

Nach der ersten Lesung Ende Mai soll das Gebäudeenergiegesetz Mitte und Ende Juni weiter im Bundestag beraten werden. Am 7. Juli könnte dann der Bundesrat final darüber entscheiden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

11 Kommentare

 / 
  • Heizungstausch - auf was? Wärmepumpe? Und wenn zu wenig Wind ist frieren alle und die Wirtschaft steht still? Pure Idiotie!



    Und wenn zu viele E-Autos laden friere ich dann auch?



    Und schafft das Stomnetz in meiner Strasse Wärmepumpen, Warmwasser mit Strom und E-Autos laden? Da hat sicher noch nie jemand nachgesehen.

    • @Gerdi Franke:

      Doch das haben schon einige Leute sich mal angesehen. Das Ergebnis ist nicht so dramatisch wie sie es vermuten. Da spielt viel Gleichzeitigkeit eine Rolle, wenn in Ihrer Strasse alle mit Strom alles machen könnten. Sie werden das aber nicht tun, weil das finanziell unsinn wäre.



      Elektroautos werden üblicherweise nur dann geladen wenn der Strom am günstigsten ist, also Mittags, aber nicht Nachts. Wärmepumpe und das passende Haus dazu funktioniert auch nachweislich bei Dunkelflaute. Die Kombi machts. Der bestehende Zustand muß geändert werden und zwar in der Breite der Anwendung und des Bestandes. Nur eine Stellschraube zu drehen ist zwar einfach führt aber nicht ans das notwendige Ziel.

      • @Sonnenhaus:

        "Doch das haben schon einige Leute sich mal angesehen."



        Meinen Sie sowas hier [1]? Wo auch im Januar täglich die Sonne scheint und der Wind ständig weht? Wo unsere Nachbarländer immer genau dann Strom übrig haben, wenn er in D knapp ist?



        "Da spielt viel Gleichzeitigkeit eine Rolle, wenn in Ihrer Strasse alle mit Strom alles machen könnten. Sie werden das aber nicht tun, weil das finanziell unsinn wäre."



        Lastmanagement kommt spätestens dann an seine Grenzen, wenn ca.30 GW Grundlast für 6 Millionen Wärmepumpen zusätzlich durch die Erdkabel unter den Gehwegen durchgejagt werden muss. Und je nach Wetterlage geheizt werden muss, auch wenn das "finanziell Unsinn wäre" - mir tun die Leute leid, die jetzt auf den Wärmepumpenhype hereinfallen.



        "Elektroautos werden üblicherweise nur dann geladen wenn der Strom am günstigsten ist, also Mittags, aber nicht Nachts."



        Ach, wirklich? Bei meinem Nachbarn drei Häuser weiter sehe ich das anders. Der hängt seinen e-tron abends an die Nabelschnur, wenn er nach Feierabend nach Hause kommt.



        Willkommen in der Realität.



        [1] www.diw.de/documen...870.de/21-29-1.pdf

  • Kaum fallen die Umfragewerte setzt die Panik ein und das Gehirn aus. Ausnahmen für Personen über 80 (wohl damit der Boulevard keine Schlagzeile bekommt) und eine ganz tolle und super gut gemeinte Förderung für den Wäremepumpenumbau. Rechnen wir mal grob mit Kosten von 1000€ pro qm für eine ältere Wohnung - da nutzt dem Geringverdiener auch die Höchstförderung nichts. Dazu noch eine Prise Familienklüngel im BMWK und schon ist ein Wahldesaster in Bremen vorprogrammiert. Zurecht muss man da wohl sagen.

  • Die aktuell propagierten Wärmepumpen sind letztendlich Heizsysteme mit sehr geringer Leistung, die nur Sinn machen, wenn das Gebäude massiv isoliert ist, die Heizflächen sehr groß sind und die Temperatur stets auf dem gleichen Level gehalten wird.



    Das Medium, von dem die Wärme "abgepumpt" wird, sollte entweder das Grundwasser (Tiefbohrung) oder eine beträchtliche Menge Erde unter der Frostgrenze (Flächenkollektoren) sein.



    Bei passendem Grundstück und passender Gebäudenutzung habe ich diese Systeme schon seit mehr als 20 Jahren einbauen lassen. Energetisch funktioniert das.



    Wird allein die Außenluft genutzt, wird die Wärmepumpe an Frosttagen zu einem von der Industrie schöngerechnetem Elektroboiler mit einem wie wild laufendem Lüfter.



    Das wird demnächst der Normalfall in städtischer Bebauung sein...Fassaden voller Splittgeräte, die versuchen, Umweltenergie abzusaugen.



    Den Strom liefern in kalten Winternächten Kohlekraftwerke oder Gas, dass mit Umwandlungsverlusten verstromt und dann mit Leitungsverlusten durch die viel zu schwachen Netze gejagt wird, die auch noch für die Warmwasserbereitung gebraucht werden.



    Aber ganz, ganz viel grüne Energie soll sich ja ständig selbst erneuern können.....







    Nun zu physiologischen Aspekten:



    Die Niedertemperatursysteme benötigen große Heizflächen. Da die Wände zu großen Teilen mit Möbeln verstellt sind, wird es auf Fußbodenheizungen hinauslaufen, die man tatsächlich auch nachträglich einbauen kann. Die fördern Thrombosen und sind deshalb in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen nicht erlaubt (Herz-Kreislauferkrankungen sind Todesursache Nr.1).



    Kurzfristige Temperaturregelungen in Abhängigkeit von Bewegung und Tätigkeit sind nicht möglich.



    Der Mensch hat sich darüber hinaus an heiße Wärmequellen (Feuer, Ofen, Heizkörper) angepaßt, nicht daran, auf einem warmen Boden zu leben.



    Traumhaft für Rhino-Viren etc.







    Habecks dilettantischer Schnellschuss wird gewaltig nach Hinten losgehen !

    • @Matthias Berger:

      Danke, dass Sie sich die Mühe gemacht haben, die grundlegenden Zusammenhänge darzustellen.



      Allerdings kann man (passive) große Heizflächen verkleinern, wenn man zusätzlich aktive Lüfter verwendet. Wie beim Heizen/Kühlen mit einem hochwertigen Split-Klimangerät. Die Fußbodenheizung kann man damit in manchen Fällen einsparen, die anspruchsvolle Hausisolierung natürlich nicht. Die Umsetzungsvorstellungen von Hr. Habeck sind einfach verblüffend weltfremd. Daher kann ich Ihnen nur zustimmen, der Schuss wird (leider) mit Ansage nach hinten losgehen. Jeder, wirklich jeder der in dem Bereich arbeitet, Architekten, Trockenbauer, Elektriker, Klimatechniker usw. weiß das. Diese Leute wissen auch, dass ohne ausreichende Speicher- und Verteilmöglichkeiten für regenerative Energie das Abschalten von CO2-neutralen und grundlastfähigen Energiequellen zu mehr CO2-Ausstoß führen muss - außer man möchte sich deindustrialisieren auf den Stand vor Erfindung der Dampfmaschine. Internationale Vorbildfunktion - wohl eher nicht...!

    • @Matthias Berger:

      Schließe mich an.



      "Der Mensch hat sich darüber hinaus an heiße Wärmequellen (Feuer, Ofen, Heizkörper) angepaßt..."



      Übrigens schon lange bevor es Feuer, Öfen und Heizkörper gab. An die Sonne in der afrikanischen Savanne.

  • Bei der aktuellen „Heizungsdiskussion“ wird völlig verdrängt, dass wir nicht nur über Heizen sondern auch Kühlen diskutieren müssen. Wärmepumpen sind im Prinzip dafür geeignet, die nachgelagerten Heizungsanlagen jedoch häufig nicht. Sind diese Investitionsvolumina im aktuellen Gesetz mit berücksichtigt?

  • Jetzt beginnt die Flickschusterei am Gesetz. Warum gibt sich der Staat ein Freifahrtsschein für die Umsetzung bei seinen Immobilien, wenn es so dramatisch ist



    müßte die Verpflichtung doch nicht nur die Bürger betreffen.

  • "Diese Höchstförderung sollen Haushalte mit einem Einkommen von unter 20.000 Euro pro Jahr erhalten."

    Diese Art von völliger Weltfremdheit macht sprachlos. Ist das Zynismus? Arroganz? Oder einfach nur Inkompetenz?

    • @export:

      Das ist eine Mischung von allem.



      Leistung soll sich hier im Land so richtig lohnen.



      Nämlich für alle anderen, außer dich selbst.