Sonderparteitag der CDU: Hart und dreckig, aber ehrlich
Es wird ein knallharter Kampf um die Spitze. Vielleicht passt das aber auch zur CDU und zur derzeitigen Lage.
D as wird laut, das wird dreckig, das wird hart. 1.000 CDU-Delegierte werden am 25. April auf einem Sonderparteitag entscheiden, wer der neue CDU-Vorsitzende und damit Kanzlerkandidat in spe wird. Noch diese Woche sollen sich die Kandidaten, gemeint sind Armin Laschet, Friedrich Merz und Jens Spahn, erklären. Bisher hat das ja nur Norbert Röttgen offiziell getan. Die Wochen bis zum Parteitag werden dann von einem innerparteilichen Machtkampf in der CDU geprägt sein, der wahrscheinlich eher einem Schlammcatchen als einem lustigen Sackhüpfen gleicht.
Der Versuch der Parteispitze, eine gütliche Teamlösung zu finden, ist nun ad acta gelegt. Auch die Idee des Patriarchen Wolfgang Schäuble, zunächst über Inhalte zu reden und erst im kommenden Jahr über Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur, ist obsolet. Es wird weder Regionalkonferenzen noch Strategiedebatten geben, sondern einen knallharten Kampf um die Spitze. Vielleicht ist das aber auch der Weg, der zur traditionell autoritätsfixierten CDU und zur derzeitigen Lage passt.
Eine lange Hängepartie, wie sie die SPD in Kauf nahm, als sie ihr künftiges Führungsduo auf 23 Regionalkonferenzen castete, kann sich die CDU nicht leisten. Schließlich stellt die Regierungspartei immer noch die Kanzlerin, und es spricht wenig dafür, dass Angela Merkel vorzeitig abgelöst wird.
Merkel aber wird ab Juli verstärkt im Außeneinsatz gebraucht, wenn Deutschland turnusmäßig die EU-Ratspräsidentschaft übernimmt. Eine EU, die gerade daran gescheitert ist, sich auf einen gemeinsamen Finanzrahmen zu einigen, und die dennoch verstärkt als weltpolitischer Akteur gebraucht wird. Die Beschlüsse der Berliner Libyen-Konferenz müssen umgesetzt werden, das Waffenembargo muss überwacht werden. Zeitgleich eskaliert die Lage im syrischen Idlib, die Türkei und Russland stehen sich dort als Gegner gegenüber. Die EU fordert ein Ende der Kämpfe, aber sie muss auch in der Lage sein, ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen. Um gegenüber den EU-Kollegen und nach außen mit der nötigen Autorität aufzutreten, braucht Merkel zu Hause keinen Kindergeburtstag, der aus dem Ruder läuft, sondern eine Partei, deren Reihen einigermaßen geschlossen sind. Insofern ist es gut, dass Personalfragen schnell geklärt werden.
Und vielleicht sind die kommenden CDU-Chaoswochen auch eine Chance für die Thüringer Parteifreunde, ihren Deal mit der Linkspartei trotz anders lautender Beschlüsse durchzubringen. Wenn es zum ersten Mal in einem Bundesland gelänge, dass sich CDU und Linke als demokratische Partner auf Augenhöhe gegen die Antidemokraten von rechts verbünden, dann wäre ein Pflock eingeschlagen, der die CDU auch inhaltlich nach vorn bringen kann.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour
Negativity Bias im Journalismus
Ist es wirklich so schlimm?
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Künstler Mike Spike Froidl über Punk
„Das Ziellose, das ist doch Punk“
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen