Söders Absage an eine Kanzlerkandidatur: Nie und immer

CSU-Chef Markus Söder beteuert, nicht Kanzler werden zu wollen. Aber Obacht: Der Bayer ist nicht nur sehr beliebt beim Volk, sondern auch sehr wankelmütig.

Markus Söder hält Spargel in den Händen

Was will uns der Bayerische Ministerpräsident hier sagen? Foto: Daniel Karmann/dpa

Stell dir vor, der populärste Politiker der Opposition verzichtet auf die Kanzlerkandidatur – und keine Sau interessiert’s. So geschehen am Dienstagabend: Markus Söder erklärte hoch und heilig, das Thema sei für ihn erledigt, bei der nächsten Bundestagswahl stehe er nicht zur Verfügung. Dass diese Absage kaum eine Meldung wert war, sagt wenig über die wahren Aussichten und Absichten in der Union, aber viel über die Glaubwürdigkeit des CSU-Chefs, die inzwischen gegen null tendiert.

Das war vor nicht allzu langer Zeit noch anders. Auf dem Höhepunkt der Coronawellen hing halb Deutschland, auch viele Linksliberale eingeschlossen, an den Lippen des bayerischen Ministerpräsidenten, der täglich schärfere Maßnahmen gegen das Virus verkündete als die zögerlichen Waschlappen im Bund. Toller Mann, konsequent und tatkräftig, so einen bräuchte es auch in Berlin, so damals der Tenor, der Söder dazu verleitete, vergeblich nach dem Kanzleramt zu greifen.

Mittlerweile hat sich herumgesprochen, dass die Aussagen des Franken die Haltbarkeit eines frischen Joghurts haben. Auch die naiven Söder-Gläubigen aus der Coronazeit haben das erkannt, denn noch schneller, als die allgemeine Stimmung kippte, war auch ihm Corona wieder wurscht. Egal, um was es geht, Atomkraft, Flüchtlings- oder Klimaschutz, von Söder kommt stets ein beherztes Ja, dann ein genauso lautes Nein und bei Gelegenheit wieder ein vollkommen überzeugtes Ja.

Ja, Söder dreht sich schneller als jedes Windrad, das er unbedingt verhindern möchte, weil es das schöne Bayernland verschandelt – jedenfalls bis zur Landtagswahl im Herbst. Falls er dann mit den Grünen koaliert, was er derzeit kategorisch ausschließt, wird Söder sofort Windkraftweltmeister.

Der Witz ist nur: Das alles scheint ihm nicht zu schaden. Immer das zu sagen, was die Mehrheit gerade will, muss in einer Demokratie kein Nachteil sein. Und falls Söder vor der nächsten Wahl immer noch in den Umfragen weit vor Merz und Wüst liegt, wird es sich die CDU gut überlegen, ob sie wieder verlieren oder diesmal den chancenreichsten Kandidaten bitten möchte. Söder wird dann schon ein Grund einfallen, warum er das schon immer wollte.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

seit 1999 bei der taz, zunächst im Inland und im Parlamentsbüro, jetzt in der Zentrale. Besondere Interessen: Politik, Fußball und andere tragikomische Aspekte des Weltgeschehens

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.