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Skandale um MaskenbeschaffungDie Union will (etwas) Kontrolle

Die Union will Konsequenzen aus der Maskenaffäre ziehen. Doch die Pläne gehen laut Transparency International „nicht ansatzweise weit genug“.

Von Korruptionsskandalen erschüttert: Die Union hat im Wahljahr ein Problem Foto: Christian Spicker/imago

Berlin taz | Karin Maag zumindest müsste es treffen. Die Rechtsanwältin aus Stuttgart ist gesundheitspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Daneben arbeitet sie als Beraterin für das Medizinunternehmen DaVita, das Dialyseleistungen anbietet. Für 2020 hat sie beim Bundestag für diese Nebentätigkeit einen Verdienst in der Stufe 2 angegeben, zwischen 3.500 und 7.000 Euro.

Zudem sitzt Maag im Beirat der Wuppertaler Krankenversicherung Barmenia. Das bringt Stufe 1: zwischen 1.000 und 3.500 Euro. Dafür haben die Unternehmen eine Expertin an Bord mit Kenntnissen über all das, was im Gesundheitsausschuss des Bundestags so verhandelt wird.

Setzt Ralph Brinkhaus, Chef der Unionsfraktion im Bundestag, um, was er angekündigt hat, muss Maag diese Nebentätigkeiten wohl beenden. „Für alle gilt: Entgeltliche Beratungs- und Vermittlungstätigkeiten, die in einem direkten Zusammenhang mit dem Aufgabengebiet, das in der Fraktion betreut wird, stehen, sind auszuschließen“, heißt es in einem Brief an die Fraktionsmitglieder.

In dem Schreiben kündigte Brinkhaus gemeinsam mit Alexander Dobrindt (CSU) am Montag die Einführung eines Verhaltenskodexes und den Einsatz für mehr Transparenz bei Nebentätigkeiten an. Bislang stand die Union in diesen Fragen eher auf der Bremse.

Echte Einsicht oder Aktionismus vor den Wahlen?

Brinkhaus und Dobrindt reagierten damit auf die Affäre um die bisherigen Unionsabgeordneten Georg Nüßlein (CSU) und Nikolas Löbel (CDU), die Provisionen im sechsstelligen Bereich für die Vermittlung von Masken kassiert haben sollen. Beide Politiker haben inzwischen ihre Parteien verlassen, Löbel hat nach massivem Druck aus der CDU auch sein Bundestagsmandat niedergelegt.

Transparency International freut sich über neue Einsichten bei der Union. Doch diese gehen, so Hartmut Bäumer, Vorsitzender von Transparency Deutschland, „nicht ansatzweise weit genug“. Zwar könnten die Ankündigungen bei Gesundheitspolitikerin Maag greifen, weil ihre Nebentätigkeit in dem Arbeitsbereich liegt, in dem sie auch als Abgeordnete tätig ist. „Nach diesem Maßstab aber wären die Lobbytätigkeiten der Herren Amthor, Nüßlein und Löbel wahrscheinlich nicht zu kritisieren gewesen“, sagte Bäumer gegenüber der taz.

„Wenn es die Union ernst meint mit Transparenz und Aufklärung, muss jede Lobbytätigkeit eines Abgeordneten, die ihm unmittelbar finanzielle Vorteile bringt, in Zukunft unterbunden werden – und zwar nicht nur mithilfe eines fraktionsinternen Verhaltenskodex, sondern mit einer Regelung per Gesetz oder in der Geschäftsordnung des Bundestages“, so Bäumer weiter. Notwendig sei auch ein umfassendes Lobbyregister.

Zumindest scheint der CDU-Spitze der Ernst der Lage vor den Landtagswahlen in Baden-Wüttemberg und Rheinland-Pfalz klar zu sein. Neben Brinkhaus, der sich am Montagabend selbstkritisch im ZDF äußerte, sprach auch CDU-Parteichef Armin Laschet deutliche Worte. Sollte noch jemand in der CDU ähnliche Geschäfte gemacht haben wie Nüßlein und Löbel, sei es an der Zeit, ihm das persönlich zu sagen, bevor es auffalle, so Laschet in der ARD. Es sei jetzt die Zeit, reinen Tisch zu machen: „Wenn nicht, machen wir das.“

Unterdessen hat Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) angekündigt, die Namen aller Abgeordneten öffentlich zu machen, die bei der Beschaffung von Coronaschutzmasken gegenüber seinem Ministerium in Erscheinung getreten sind. Die CDU-Fraktion im Düsseldorfer Landtag hat sich nach eigenen Angaben am Dienstag einen eigenen Verhaltenskodex auferlegen.

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5 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Die aktuellen Ereignisse um die Ergebnisse der Honorardiskussion für Schutz-Masken haben die Forderung nach Offenlegung von Nebeneinkünften der Politiker:innen mehr als plausibel forciert. Eine Grundhaltung des Nepotismus hat Schule gemacht, es geht hier nicht um Neid, den Bürger:innen und den Lobby-Kritiker:innen geht es um Gerechtigkeit und Glaubwürdigkeit. In den 80ern (Ägide Kohl) mutierte CDU-MdB Agnes H.-B aus Dorsten im Bonner Verteidigungsministerium von Mutter Courage zu Oma Raffzahn. Der Grat zwischen Beratung und Korruption ist schmal, schon macht der Kampf-Begriff "Krisengewinnler" die Runde. Gut, dass die Unionsführung intern endlich erste rote Linien für Good Governance zieht: Höchste Eisenbahn- wie der Volksmund sagt. Es droht nicht weniger als eine historische Niederlagenserie.

  • "Wenn nicht, machen wir das"

    Ach was.

    Soll ich daraus schliessen, dass "Ihr" bescheid wisst? Und das "Ihr" "uns" die ganze Zeit nichts gesagt habt?

    Hmmm.

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    "Doch die Pläne gehen laut Transparency International „nicht ansatzweise weit genug“.

    Und diese korrupte Partei im Herzen Europas soll man wählen?



    Wir werden es erleben. Der "schlaue Bürger" wählt die trotzdem. Da muss schon der 3. Weltkrieg ausbrechen.

  • 8G
    82286 (Profil gelöscht)

    Der Herr Laschet hat unseren Herrn Bundestagspräsidenten gewaltig beeindruckt. Der will jetzt reinen Tisch machen und die 100.000 Euro-Geschichte endgültig einer Aufklärung anheim führen. Noch lebende Zeitzeugen der 5-Millionen-Ehrenwort-Geschichte unseres hochgeehrten Herrn Dr. Kohl bekommen nach eigenen Aussagen keine freie Leitung zu Herr Laschek. Die Herren (meistens) sind alle reumütig und willig. den Schaden wieder gut zu machen, bzw. für ihre Verbrechen einzustehen und Verantwortung zu übernehmen. Und jetzt funzt Herrn Laschek's Telefon nicht.



    Dann wird's wohl nichts mit dem Rein-Schiff-Machen. Eigentlich richtig schade.

    • 8G
      82286 (Profil gelöscht)
      @82286 (Profil gelöscht):

      Ich kann dem CDU-Kreisverband MA nur sehr schwer seine Entrüstung abnehmen. Die müssen doch längst gewußt haben, welch Früchtchen sie da als Bundestagsabgeordneten aufgestellt haben.