Skandale um Maskenbeschaffung: Die Union will (etwas) Kontrolle
Die Union will Konsequenzen aus der Maskenaffäre ziehen. Doch die Pläne gehen laut Transparency International „nicht ansatzweise weit genug“.
Zudem sitzt Maag im Beirat der Wuppertaler Krankenversicherung Barmenia. Das bringt Stufe 1: zwischen 1.000 und 3.500 Euro. Dafür haben die Unternehmen eine Expertin an Bord mit Kenntnissen über all das, was im Gesundheitsausschuss des Bundestags so verhandelt wird.
Setzt Ralph Brinkhaus, Chef der Unionsfraktion im Bundestag, um, was er angekündigt hat, muss Maag diese Nebentätigkeiten wohl beenden. „Für alle gilt: Entgeltliche Beratungs- und Vermittlungstätigkeiten, die in einem direkten Zusammenhang mit dem Aufgabengebiet, das in der Fraktion betreut wird, stehen, sind auszuschließen“, heißt es in einem Brief an die Fraktionsmitglieder.
In dem Schreiben kündigte Brinkhaus gemeinsam mit Alexander Dobrindt (CSU) am Montag die Einführung eines Verhaltenskodexes und den Einsatz für mehr Transparenz bei Nebentätigkeiten an. Bislang stand die Union in diesen Fragen eher auf der Bremse.
Echte Einsicht oder Aktionismus vor den Wahlen?
Brinkhaus und Dobrindt reagierten damit auf die Affäre um die bisherigen Unionsabgeordneten Georg Nüßlein (CSU) und Nikolas Löbel (CDU), die Provisionen im sechsstelligen Bereich für die Vermittlung von Masken kassiert haben sollen. Beide Politiker haben inzwischen ihre Parteien verlassen, Löbel hat nach massivem Druck aus der CDU auch sein Bundestagsmandat niedergelegt.
Transparency International freut sich über neue Einsichten bei der Union. Doch diese gehen, so Hartmut Bäumer, Vorsitzender von Transparency Deutschland, „nicht ansatzweise weit genug“. Zwar könnten die Ankündigungen bei Gesundheitspolitikerin Maag greifen, weil ihre Nebentätigkeit in dem Arbeitsbereich liegt, in dem sie auch als Abgeordnete tätig ist. „Nach diesem Maßstab aber wären die Lobbytätigkeiten der Herren Amthor, Nüßlein und Löbel wahrscheinlich nicht zu kritisieren gewesen“, sagte Bäumer gegenüber der taz.
„Wenn es die Union ernst meint mit Transparenz und Aufklärung, muss jede Lobbytätigkeit eines Abgeordneten, die ihm unmittelbar finanzielle Vorteile bringt, in Zukunft unterbunden werden – und zwar nicht nur mithilfe eines fraktionsinternen Verhaltenskodex, sondern mit einer Regelung per Gesetz oder in der Geschäftsordnung des Bundestages“, so Bäumer weiter. Notwendig sei auch ein umfassendes Lobbyregister.
Zumindest scheint der CDU-Spitze der Ernst der Lage vor den Landtagswahlen in Baden-Wüttemberg und Rheinland-Pfalz klar zu sein. Neben Brinkhaus, der sich am Montagabend selbstkritisch im ZDF äußerte, sprach auch CDU-Parteichef Armin Laschet deutliche Worte. Sollte noch jemand in der CDU ähnliche Geschäfte gemacht haben wie Nüßlein und Löbel, sei es an der Zeit, ihm das persönlich zu sagen, bevor es auffalle, so Laschet in der ARD. Es sei jetzt die Zeit, reinen Tisch zu machen: „Wenn nicht, machen wir das.“
Unterdessen hat Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) angekündigt, die Namen aller Abgeordneten öffentlich zu machen, die bei der Beschaffung von Coronaschutzmasken gegenüber seinem Ministerium in Erscheinung getreten sind. Die CDU-Fraktion im Düsseldorfer Landtag hat sich nach eigenen Angaben am Dienstag einen eigenen Verhaltenskodex auferlegen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Scholz bezeichnet russischen Raketeneinsatz als „furchtbare Eskalation“