Skandal beim Kommando Spezialkräfte: Teamgeist und erhöhte Geheimhaltung
Das KSK ist in der jetzigen Form nicht reformierbar. Es braucht eine neue Einheit mit demokratischer, transparenter Struktur.
N atürlich ist es möglich, einen Fuchs in den Hühnerstall zu sperren und ihn aufzufordern, dort in sich zu gehen und endlich Vegetarier zu werden. Es verspricht aber wenig Aussicht auf Erfolg. Und natürlich ist es möglich dem Kommando Spezialkräfte der Bundeswehr, dem KSK, eine letzte „Bewährungschance“ einzuräumen, wie Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer das tut, und auf die Selbstreinigungskräfte der so genannten Elitetruppe zu hoffen. Aber erfolgversprechend ist auch das nicht.
Wer meint, die Probleme beim KSK seien nur die Spitze des Eisbergs, und die gesamte Bundeswehr sei von Rechtsextremisten unterwandert, macht es sich zu leicht. Ja, es hat seit Bestehen der Armee immer wieder Skandale gegeben. Wahr ist auch, dass Waffennarren und Leute mit einem Hang zu autoritären Strukturen in besonderer Weise vom Militär angezogen werden und es nicht immer gelingt, sie bei Bewerbungen zu entdecken.
Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.
Aber im Großen und Ganzen funktioniert die Kontrolle, sogar besser als in vielen anderen Ländern. Hinter dem bei Gründung der Bundeswehr entwickelten Konzept der Inneren Führung, das sich am Leitbild des Staatsbürgers in Uniform orientiert, steht der Wille, demokratische Prinzipien auch in der Armee zu beachten. Dazu trägt bei, dass die Bundeswehr eine Parlamentsarmee ist: Auslandseinsätze bedürfen der Zustimmung des Bundestages, die Regierung alleine kann sie nicht einfach anordnen.
So weit, so beruhigend. Und dann wurde 1996 das KSK gegründet. In der öffentlichen Debatte konzentrierten sich die Verantwortlichen auf eine vernünftig und harmlos klingende Erklärung: Deutschland könne nicht dauerhaft den Verbündeten zumuten, eigene Staatsbürger bei Gefahr für Leib und Leben aus den Händen von Terroristen oder Kriegsgebieten zu retten, weil es selbst nicht über Streitkräfte verfügte, die dafür ausgebildet seien.1994 hatte ein belgisches Kommando während des Völkermordes in Ruanda unter dramatischen Umständen Deutsche evakuiert.
Nichts Genaues weiß man nicht
Wer wollte da der Gründung des KSK schon widersprechen? Klang doch einleuchtend. Mit spektakulären Rettungsaktionen war das KSK allerdings bisher nicht befasst. Statt dessen mit – ja, womit eigentlich? Nichts Genaues weiß man nicht. Um die Sicherheit der Einsatzkräfte nicht zu gefährden, wird fast alles streng geheim gehalten, auch vor nahezu allen Mitgliedern des Bundestages. Nicht einmal Todeszahlen werden veröffentlicht. Die Prinzipien der Inneren Führung gelten angesichts der schwierigen Einsatzbedingungen bestenfalls eingeschränkt.
Unerwartet kommt die Entwicklung nicht. „Hoher Teamgeist, erhöhte Geheimhaltungspflicht, möglicherweise Einschränkung demokratischer Rechte. All das birgt das Risiko, dass die Elitesoldaten meinen, sie könnten besondere Regeln für sich in Anspruch nehmen“, schrieb ich 1997 in der taz. Die Befürchtungen haben sich bestätigt.
Rechtsextremismus ist ein großes, aber nicht das einzige Problem im Zusammenhang mit dem KSK. Die Struktur des Kommandos ist der eigentlich springende Punkt. Mir fehlt die Phantasie um mir vorzustellen, wie sie sich demokratisch reformieren lassen könnte. Ich sehe nur eine Lösung: Das KSK aufzulösen und eine völlig neue Einheit zu schaffen, befähigt zur Geiselbefreiung und zur Evakuierung in Notlagen, aber insgesamt vermutlich weniger effizient bei Kampfeinsätzen und Geheimoperationen. Dafür jedoch transparenter in seinen Aktivitäten und auch Parlament und Öffentlichkeit gegenüber zur Rechenschaft verpflichtet. Bei Nato-Verbündeten, vor allem in den USA, dürfte das auf wenig Begeisterung stoßen. Das muss ausgehalten werden.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Krieg in der Ukraine
Keine Angst vor Trump und Putin