Situation im Osten der Ukraine: Positive Zeichen
Separatisten lassen auch das zweite und letzte in der Ostukraine festgehaltene OSZE-Team frei. Präsident Poroschenko kündigt große Reformen an.
DONEZK/KIEW dpa | Nach rund einmonatiger Gefangenschaft sind die letzten der in der Ostukraine verschleppten internationalen Beobachter wieder in Freiheit, darunter auch eine Deutsche. Wie die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) am Samstagabend mitteilte, befanden sich ihre vier Mitarbeiter in einem Hotel in der Stadt Donezk.
In der Nacht zum Freitag war das erste OSZE-Team freigekommen. Die beiden Gruppen waren Ende Mai von prorussischen Separatisten festgesetzt und an unbekannten Orten festgehalten worden.
Außenminister Frank-Walter Steinmeier zeigte sich erleichtert. Die Deutsche und ihre Kollegen seien in Donezk in sicherer Obhut, sagte der SPD-Politiker am Samstagabend in Berlin. „Ich kann nur allen danken, die an den Verhandlungen teilgehabt haben, die jetzt zur Freilassung geführt haben.“
Dies gelte vor allem für die OSZE, aber auch für die trilaterale Kontaktgruppe, bei der Russland eine wichtige Rolle spiele. „Auch Russland hat sich in dieser Kommission bewegt und hat seinen Anteil daran, dass es zu dieser Freilassung kommen konnte.“ Er hoffe, dass die vier Beobachter am Sonntag ausreisen können.
Die Freilassungen, die die Separatisten zuvor angekündigt hatten, sind ein wichtiger Bestandteil des Friedensplans des ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko. Auch eine seit dem 20. Juni geltende und zuletzt bis Montagabend verlängerte Waffenruhe soll die Umsetzung des 15-Punkte-Plans erleichtern. Ziel ist es, die von blutigen Kämpfen erschütterte Ostukraine zur Ruhe zu bringen.
Keine Waffenruhe in Kramatorsk
Steinmeier nannte die verlängerte Waffenruhe ein positives Zeichen. „Sie ist aber erst der Beginn eines Prozesses. Die Waffen müssen dauerhaft schweigen, um einer Verhandlungslösung eine Chance zu geben“, sagte er.
Auch nach der Verlängerung der Feuerpause bleibt die Lage in der Ostukraine angespannt. „In Kramatorsk gehen die Militäraktionen weiter“, sagte Separatistenführer Miroslaw Rudenko nach Angaben der Agentur Interfax. Er behauptete, die Verlängerung habe nur das Ziel, das Militär für einen Schlag gegen die Separatisten in Stellung zu bringen.
Dagegen warfen regierungsnahe Kräfte den Separatisten vor, Soldaten auf dem Flughafen von Kramatorsk beschossen zu haben. Nach Armeeangaben wurde ein Soldat bei Auseinandersetzungen nahe Slawjansk getötet.
Der russische Zoll teilte am Samstag mit, dass bei Gefechten in der ostukrainischen Grenzregion Lugansk mehrere Geschosse auf russischem Territorium eingeschlagen seien. Dabei sei ein Zollgebäude beschädigt worden.
Sprachstreit hält an
Die Separatisten verlangen für den Beginn eines Friedensdialogs den Abzug aller Regierungstruppen aus der Ostukraine. Sie lehnen es deshalb bisher ab, die Waffen niederzulegen. In Lugansk rüsteten sich die Separatisten für neue Angriffe. Sie legten nach eigener Darstellung mehr als 60 Bunker zum Schutz gegen Bombenangriffe an.
Poroschenko kündigte zum Tag der Verfassung seines Landes die größte Reform des Grundgesetzes seit 20 Jahren an. Die Kommunen sollen demnach erstmals deutlich mehr Machtbefugnisse als bisher erhalten, sagte der 48-Jährige einer Mitteilung des Präsidialamtes in Kiew zufolge. Auch die Staatsfinanzen würden „dezentralisiert“. So soll ein bedeutender Teil der Steuern in den Regionen bleiben und nicht mehr an die Machtzentrale Kiew fließen.
„Zum ersten Mal bekommen nicht der Präsident oder das Parlament mehr Rechte, sondern die Inhaber der Macht – das Volk und die Organe der örtlichen Selbstverwaltung“, sagte Poroschenko. Gemeint sind die Gemeinde-, Stadt- und Gebietsräte.
Bei der Verfassungsreform würden auch die geschichtlichen und kulturellen Traditionen der jeweiligen Gebiete berücksichtigt. „Aber die einzige Amtssprache der Ukraine war, ist und wird die ukrainische Sprache sein“, betonte der Staatschef angesichts von Forderungen der russischsprachigen Minderheit, ihrer Sprache einen offiziellen Status einzuräumen.
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