Silvio-Meier-Demo in Berlin fällt aus: Nur ein stilles Gedenken
Am 26. Jahrestag der tödlichen Messerstiche gegen Silvio Meier wird es keine Demo mehr geben. Die Übergabe der Organisation an Jüngere ist gescheitert.
Wie es aussieht, wird es das auch nicht mehr geben. Kein Aufruf, kein Plakat weist auf eine Demo hin. Im linken Szene-Terminplaner „Stressfaktor“ hat es ein Transparent für Silvio Meier auf den Titel der November-Ausgabe geschafft, doch ein Demo-Termin am Samstag: Fehlanzeige. Fast geräuschlos endet damit eine Tradition, ja Institution der linken Szene der Stadt. 25 Jahre lang zog die antifaschistische Demo zuverlässig an einem Samstag Ende November durch Friedrichshain, immer wieder auch mit Abstechern in die östlichen Nachbarbezirke.
Die Erinnerung an Silvio Meier, den Hausbesetzer, der am 21. November 1992 nach einer Auseinandersetzung mit Neonazis am U-Bahnhof Samariterstraße getötet wurde, war der konkrete Anlass, im Vordergrund stand aber stets die Thematisierung neonazistischer Umtriebe. Das war schon bei der ersten Demo so: Am Tag nach den tödlichen Messerstichen waren Antifaschisten spontan zu einem Jugendclub in Lichtenberg gezogen, in dem die Mörder von Silvio Meier verkehrten, und griffen diesen an. Auch in den folgenden Jahren richtete sich die Demo immer wieder gegen Läden und Treffpunkte von Nazis.
Ihren Höhepunkt hatte die Demonstration 2012 und 2013 mit über 5.000 TeilnehmerInnen. Mit den Umbrüchen in der Berliner Antifa-Szene, der Auflösung der dominierenden Gruppen ALB und ARAB 2014, verlor sie an Anziehungskraft. 2017 beteiligten sich noch 1.300 Menschen unter dem Motto „25 Jahre – damals wie heute Antifa heißt Angriff“.
Die Radikale Linke Berlin, eine Nachfolgegruppe der ALB, hatte zuvor angekündigt, die Demo ein „letztes Mal“ mitzuorganisieren. Dieses Jahr schrieb sie auf Twitter: „Wir wissen nicht, ob Leute eine Demonstration organisieren.“
In die Bresche gesprungen ist niemand. Ein Aktivist der Interventionistischen Linken, die auch Teil des Berliner Bündnisses gegen Rechts ist, sagte der taz, über eine Beteiligung an der Demo-Organisation sei nicht diskutiert worden. Das Ende der Demo sei schade, insbesondere weil diese ein „Anlaufpunkt für junge Leute war“.
Martin Sonnenburg von der North East Antifa schlägt vor, künftig ein wechselndes Gedenken an die 16 Berliner Todesopfer von Nazi-Gewalt seit der Wende durchzuführen, um auch Opfer, die keine Linken waren, zu berücksichtigen. Zudem sollte man einmal im Jahr in einem Kiez mit besonderen Nazi-Problemen demonstrieren.
Die Gedenkkundgebung am Todestag fand am Mittwoch wie gewohnt statt. Um 17 Uhr versammelten sich rund 100 Menschen am U-Bahnhof Samariterstraße. Sie legten am Gedenkstein Blumen ab und entzündeten Kerzen. In einer kurzen Rede wurde an Meiers Engagement erinnert und die Verbindung zu heute hergestellt: „Antifaschistischer Widerstand ist notwendiger denn je.“ Am Rande sagte ein Sprecher der Radikalen Linken Berlin der taz: „Wir hätten die Demo-Organisation gern an eine jüngere Generation weitergegeben. Das hat leider nicht geklappt.“
Für den Abend war die Verleihung des bezirklichen Silvio-Meier-Preises geplant. Für ihr Engagement gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Ausgrenzung wurden der Inklusions-Aktivist Raúl Aguayo-Krauthausen und die Flüchtlingsinitiative Togo Action Plus geehrt.
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