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Sicherung des VerfassungsgerichtsDa geht noch mehr

Gareth Joswig
Kommentar von Gareth Joswig

Justizminister Buschmann will das Verfassungsgericht stärken. Doch das allein schützt nicht vor einer autoritären Übernahme.

Beratungszimmer des 1. und 2. Senats des Bundesverfassungsgerichts karlruhe Foto: Ute Grabowsky/photothek/imago

D as mag auf den ersten Blick etwas verwirren, aber die FDP hat ausnahmsweise mal recht: Justizminister Marco Buschmann warb am Donnerstag für die parteiübergreifende Initiative zur Stärkung des Bundesverfassungsgerichts. Die angestrebte Grundgesetzänderung war erstmals im Bundestag und braucht eine Zweidrittelmehrheit.

Sie ist eine direkte Lehre aus dem Staatsumbau in Polen und Ungarn. Denn das Verfassungsgericht lässt sich bislang auch hierzulande durch eine einfache autoritäre Mehrheit aushebeln und wäre so wohl eines der ersten Angriffsziele einer AfD-Regierung.

Aber Buschmann warnte auch: „Es wäre naiv zu glauben, man könnte durch zusätzliche Regeln dafür sorgen, dass das Land ohne Schaden bliebe, sollten eines Tages Extremisten die Mehrheit in den Parlamenten übernehmen.“ Damit hat er recht: Eine Demokratie lässt sich nicht allein durch kluges Verfassungsdesign retten. Ein besser verankertes Verfassungsgericht könnte bei kippenden Mehrheitsverhältnissen eine autoritäre Übernahme nicht allein verhindern – nur sie erschweren und zeitweise aufhalten.

Und deswegen braucht es neben der dringend notwendigen strukturellen Stärkung rechtsstaatlicher Institutionen und Verfassungsorgane vor allem auch eine wache und konfliktfähige Zivilgesellschaft, die die Demokratie mit Leben füllt.

AfD probt in Thüringen

Ebenso braucht es eine verantwortungsvolle Politik, die diese ausreichend fördert. Womit man wieder bei der FDP wäre: Die nämlich blockiert in der Ampel seit Ewigkeiten das Demokratiefördergesetz.

Auf exakt das warten zahlreiche zivilgesellschaftliche Initiativen, die demokratische Kultur dort verteidigen, wo autoritäre Kräfte schon längst eine Blockademacht erreicht haben. In Thüringen etwa, wo die AfD bereits die Konstituierung des Landtags mit einem Alterspräsidenten blockiert hat und Wahl von Ver­fas­sungs­rich­ter*in­nen mit einer Sperrminorität verhindern kann. Umso wichtiger wäre es, beides zu verbinden: Demokratie dort fördern, wo sie besonders bedroht ist, und demokratische Institutionen besser zu schützen.

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Gareth Joswig
Redakteur Inland
Arbeitet seit 2016 als Reporter und Redakteur bei der taz. Zunächst in den Lokalredaktionen von Bremen und Berlin, seit 2021 auch im Inland und Parlamentsbüro. Davor Geschichts- und Soziologiestudium. Themenschwerpunkte: extreme Rechte, AfD, soziale Bewegungen, Mietenpolitik, dies, das, verschiedene Dinge.
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4 Kommentare

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  • Ja, es ist verwirrend, wenn die FDP ein Korn erwischt. Aber das "Demokratiefördergesetz" ist eine nett klingende Pappfassade, hinter der bei genauem Blick wenig übrig bleibt außer der massiven Förderung von NGOs aus dem Dunstkreis der Architekten des Gesetzes. Mit Demokratie hat das nichts zu tun.

  • Was soll Gesetz zur Absicherung Bundesverfassungsgerichtes vor Rechtsaußen in Amt und Würden Übergriffen bringen, wenn es durch weiter bestehend politisches Weisungsrecht von Ministern in Bund, Ländern, gemäß Gerichtsverfassungsgesetz § 147 von 1895 gegenüber Staatsanwaltschaften, Generalbundesanwalt, Finanzbehörden, BKA, . legal unterlaufen werden kann. Mit dem AfD in interessierten Kreisen womöglich längst auf Stimmenfang aus ist gegen Rechtsstaatsprinzip mit Angebotspalette „Wer uns in Amt und Würden bringt, dem garantieren wir, dass der bei evtl. staatsanwaltlichen Ermittlungen gegen ihn sicher ist, dass die gar nicht erst zur Anklage kommen, Ermittlungen eingestellt werden. Seit Jahren fordern Deutscher Richterbund, zuletzt 2023, Europol, Interpol 2019, dazu Generalbundesanwalt Hartwig Range 2015 vergeblich, Abschaffung politischen Weisungsrechts in Deutschland. Dass es selbst damit nicht getan ist, dessen sind sich in dieser Debatte Akteure bewusst, womöglich müsste das in Westdeutschland ausgerechnet 1977 im bleiern deutschen Herbst abgeschaffte Amt von Untersuchungsrichtern, die nicht nur zu Prozessfragen sondern eigenständig zu Sachständen ermitteln können wieder aufleben

  • Der Artikel hat eine spannende Überschrift und am Ende läuft alles auf das Demokratiefördergesetz hinaus.

    Das Problem am Demokratiefördergesetz ist, dass damit politische Vorfeldorganisationen und Aktivisten gefördert werden sollen. Aus diesem Grund lehne ich das Gesetz ab.

    Die Wahlergebnisse der AfD sind aus meiner Sicht auch keine Schwäche der demokratischen Kultur, sondern der bisher etablierten Parteien, die sich den Problemen der Menschen nicht stellen wollen.

  • "Und deswegen braucht es ... vor allem auch eine wache und konfliktfähige Zivilgesellschaft, die die Demokratie mit Leben füllt."



    genau da sitzt der knackpunkt.



    die gibt es kaum (noch).



    neben aspekten wie individualisierung und fragmentierung bei gleichzeitiger erosion "nicht-digitaler/analoger plattforem" wie vereine, gewerkschaften, parteien, usw., erlebe ich sehr viele (tendenziell progressive) menschen in meinem umfeld, die eigentlich das potential zum "Demokratie mit Leben füllen" hätten bzw. dies auch lange versucht haben, aber komplett abgegessen sind.



    stichworte mieten/gentrifizierung, steigende vermögensungleichheit (egal wie es "der wirtschaft" geht), undemokratische top-down-hierarchien in firmen und ämtern, einkommensdrückerei wo es eben geht... und nicht zuletzt die sog. postdemokratie.



    an der stelle beziehe ich mich auf david van reybrouck (historiker und autor des buches "kongo") uva., die vorschlagen, dass die bürger nicht nur alle paar jahre ihr kreuzchen machen dürfen und das wars.



    sondern ein zweikammersystem von gelosten, rotierenden bürgerräten und gewählten politiker*innen vorschlagen.



    das würde die demokratie mehr mit leben füllen, denke und hoffe ich.