Sicherung des Verfassungsgerichts: Da geht noch mehr
Justizminister Buschmann will das Verfassungsgericht stärken. Doch das allein schützt nicht vor einer autoritären Übernahme.
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D as mag auf den ersten Blick etwas verwirren, aber die FDP hat ausnahmsweise mal recht: Justizminister Marco Buschmann warb am Donnerstag für die parteiübergreifende Initiative zur Stärkung des Bundesverfassungsgerichts. Die angestrebte Grundgesetzänderung war erstmals im Bundestag und braucht eine Zweidrittelmehrheit.
Sie ist eine direkte Lehre aus dem Staatsumbau in Polen und Ungarn. Denn das Verfassungsgericht lässt sich bislang auch hierzulande durch eine einfache autoritäre Mehrheit aushebeln und wäre so wohl eines der ersten Angriffsziele einer AfD-Regierung.
Aber Buschmann warnte auch: „Es wäre naiv zu glauben, man könnte durch zusätzliche Regeln dafür sorgen, dass das Land ohne Schaden bliebe, sollten eines Tages Extremisten die Mehrheit in den Parlamenten übernehmen.“ Damit hat er recht: Eine Demokratie lässt sich nicht allein durch kluges Verfassungsdesign retten. Ein besser verankertes Verfassungsgericht könnte bei kippenden Mehrheitsverhältnissen eine autoritäre Übernahme nicht allein verhindern – nur sie erschweren und zeitweise aufhalten.
Und deswegen braucht es neben der dringend notwendigen strukturellen Stärkung rechtsstaatlicher Institutionen und Verfassungsorgane vor allem auch eine wache und konfliktfähige Zivilgesellschaft, die die Demokratie mit Leben füllt.
AfD probt in Thüringen
Ebenso braucht es eine verantwortungsvolle Politik, die diese ausreichend fördert. Womit man wieder bei der FDP wäre: Die nämlich blockiert in der Ampel seit Ewigkeiten das Demokratiefördergesetz.
Auf exakt das warten zahlreiche zivilgesellschaftliche Initiativen, die demokratische Kultur dort verteidigen, wo autoritäre Kräfte schon längst eine Blockademacht erreicht haben. In Thüringen etwa, wo die AfD bereits die Konstituierung des Landtags mit einem Alterspräsidenten blockiert hat und Wahl von Verfassungsrichter*innen mit einer Sperrminorität verhindern kann. Umso wichtiger wäre es, beides zu verbinden: Demokratie dort fördern, wo sie besonders bedroht ist, und demokratische Institutionen besser zu schützen.
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