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Sicherheit und MigrationDie große Vergrenzung

Europa sperrt Menschen in Lager und beansprucht das Privileg der Bewegungsfreiheit für sich. Mit welchem Recht eigentlich?

Führt Draht wirklich zu mehr Sicherheit? Illustration: Eléonore Roedel

Wieder einmal geschieht etwas für die Herrschenden extrem Beunruhigendes im Herzen Europas. Unüberhörbar meldet sich eine ständig wachsende Vielzahl an Stimmen zu Wort. Menschenketten der Solidarität bilden sich, angetrieben vom Lebenswillen ihrer Mitmenschen.

Millionen verzweifelter Männer, Frauen und Kinder, die aus ihrer Heimat vertrieben worden sind, haben sich zum Exodus aufgemacht. Aber diese Menschen sind keine Deserteure. Sie sind Flüchtende. Weil sie in Not geraten sind, haben sie die Orte ihrer Geburt und Kindheit zurücklassen müssen, Orte, die unbewohnbar geworden waren.

Man erzählt gern die Fabel von der Entwicklungshilfe, und viele glauben daran. Dabei summieren sich die finanziellen Nettotransfers von Afrika in den Rest der Welt zwischen 1980 und 2009 auf ungefähr 1.400 Milliarden US-Dollar, dazu noch die Transfers aus illegalen Geschäften in Höhe von 1.350 Milliarden US-Dollar. Dennoch ist der Glaube nicht auszurotten, dass die Länder des Nordens die des Südens subventionieren.

Kaum scheint es auch zu zählen, dass Länder mit geringem oder mittlerem Bruttoinlandsprodukt mehr als 90 Prozent der 65,6 Millionen Flüchtlinge aufgenommen haben, die es gegenwärtig auf der Welt gibt.

Eine Ära des Irrglaubens und der Engstirnigkeit ist angebrochen. Alte Vorurteile werden aus dem Müllhaufen der Geschichte hervorgekramt und neue Fantasien werden im typischen Kreislauf rassistischer Diskurse formuliert. „Es geht um Kulturelles wie um Zivilisatorisches“, verkünden belesene Pseudoexperten. „Sie flüchten wegen der Spannungen zwischen den Generationen.“

Grenzen sind das Problem

Und: „Je ärmer sie sind, desto wahrscheinlicher ziehen sie los, aber sobald sich ihre Lebensbedingungen verbessern, wächst ihr Wunsch, anderswo zu leben.“

Von ganz tief unten kehrt ein altes Gespenst zurück und schreckt die Leute auf – die angeblich drohende Invasion ganzer Horden aus überbevölkerten Weltgegenden, Ländern, „in denen Frauen immer noch sieben oder acht Kinder haben“.

Von ganz tief unten kehrt ein altes Gespenst zurück und schreckt die Leute auf – die angeblich drohende Invasion ganzer Horden aus überbevölkerten Weltgegenden

Aber in Wirklichkeit sind nicht die Migranten das Problem, auch nicht die Flüchtlinge oder die Asylsuchenden. Sondern Grenzen. Alles beginnt mit ihnen, und alle Pfade führen zu ihnen zurück. Sie sind nicht mehr nur eine Markierungslinie, die souveräne Gebiete trennt. Sie sind zunehmend die Bezeichnung für die organisierte Gewalt, die dem heutigen Kapitalismus und unserer Weltordnung zugrunde liegt – durch die Frauen, Männer und Kinder zu Ausgestoßenen werden.

Die Schiffswracks, die Menschen, die zu Hunderten, ja Tausenden jede Woche ertrinken; das endlose, erniedrigende Warten in Konsulaten; die leidvollen Tage des Herumirrens in Flughäfen, in Polizeistationen, in Parks, Bahnhöfen, dann das nächtliche Kauern auf dem Asphalt der Städte, wo Menschen, die fast nichts mehr haben, sich gegenseitig die Decken und Lumpen streitig machen, blanke Körper, die Wasser, Hygiene oder Schlaf kaum noch kennen. Das ist: ein Bild der Menschheit auf dem Weg ins Verderben.

Bewegung ist eine Grundtätigkeit des Menschen

Und immer wieder führt alles zu den Grenzen zurück – diesen toten Räumen der Nichtverbindung, die sich jeder Vorstellung einer menschlichen Gemeinsamkeit verweigern, auch wenn wir alle nur diesen einen Planeten haben, mit dem wir auf ewig verbunden sind. Aber vielleicht sollten wir um der Genauigkeit willen nicht von Grenzen sprechen, sondern von Vergrenzung?

Handelt es sich bei dieser Vergrenzung nicht um den Prozess, durch den Weltmächte permanent bestimmte Räume in Orte verwandeln, die für bestimmte Gruppen von Menschen undurchquerbar sind? Geht es nicht um die bewusste Vermehrung der Orte des Verlusts und der Trauer, an denen die Leben junger Menschen, die man als unerwünscht eingestuft hat, zerstört werden?

Bewegung ist eine Grundtätigkeit des Menschen, aber man wirft diesen Menschen vor, dass sie illegal in bestimmte Räume eingedrungen sind, die sie allein durch ihre Anwesenheit verschmutzen und aus denen sie ausgewiesen werden müssen.

Die technologische Verwandlung der Grenzen wird mit Nachdruck betrieben. Physische und virtuelle Barrieren werden errichtet, Datenbestände digitalisiert, neue Überwachungssysteme entwickelt, ebenso Sensoren, Drohnen, Satelliten und Grenzroboter, Infrarotdetektoren, biometrische Kontrollen und Mikrochips mit darauf gespeicherten persönlichen Details.

Ein Traum absoluter Sicherheit

All das wird eingesetzt, um die Art und Weise dessen, was wir Grenze nennen, zu transformieren und eine neue, mobile und omnipräsente Form von Grenzregime durchzusetzen.

Der Traum von absoluter Sicherheit – der nicht nur Überwachung, sondern auch Säuberungsstrategien erfordert – ist symptomatisch für die strukturellen Spannungen, die seit Jahrzehnten unseren Übergang in eine Ära der Automation begleiten, eine zunehmend komplexe und abstrakte Ära der unterschiedlichsten Bildschirme.

Wir werden Zeugen einer bis dato unbekannten Beziehung zwischen menschlichen Subjekten und Objekten und neuer Auffassungen von Raum

Die Welt präsentiert sich uns nicht mehr in gewohnter Weise. Wir werden Zeugen einer bis dato unbekannten Beziehung zwischen menschlichen Subjekten und Objekten und neuer Auffassungen von Raum. Unsere phänomenologischen Erfahrungen der Welt werden heftig erschüttert. Vernunft und Wahrnehmung passen nicht mehr zueinander. Panik kommt auf.

Vielleicht mehr als je zuvor können andere sich uns als Lebewesen präsentieren, die man ­anfassen kann, die aber geisterhaft abwesend ­bleiben, in einer ebenso konkreten Leere, fast wie Phänomene. Genau das ist der Fall mit Migranten, Flüchtlingen und Asylsuchenden. Wie sie unter uns in Erscheinung treten, stürzt uns in eine chronische, existenzielle Angst.

Großte Todesgefahr auf dem Weg nach Europa

Aber auch die Matrix ihres Seins, die wir für nur eine Maske ihres Selbst halten, lässt uns verunsichert reagieren. Denn was liegt wirklich dem zugrunde, was wir sehen?

Wo verlaufen die Migrationsrouten mit der höchsten Todesgefahr? Nach Europa! Wer kann den größten Meeresfriedhof dieses Jahrhunderts für sich reklamieren? Europa! Wo versperren Technologien des Eisernen Vorhangs die meisten Wüsten, Wasserstraßen, Inseln, Meerengen, Exklaven, Kanäle, Flüsse, Häfen und Airports? Europa!

Und als Gipfel in diesen Zeiten der permanenten Eskalation: die Lager. Ein Europa voller Lager. Samos, Chios, Lesbos, Idomeni, Lampedusa, Ventimiglia, Sizilien, Subotica, die Liste bleibt unvollständig. Sind es: Flüchtlingslager? Lager für Vertriebene? Wartezonen für Menschen, deren Verfahren noch läuft? Transitzonen? Haftzentren? Notaufnahmelager? Dschungel?

All diese Phänomene kann man wahrheitsgemäß beschreiben als: Lager für Fremde. Sowohl mitten in Europa als auch an seinen Grenzen. Im Wesentlichen sind sie Orte der Internierung, Räume des Ausgrenzens, eine Methode des Abdrängens von Menschen, die man als Eindringlinge betrachtet, die ohne gültige Aufenthaltspapiere sind, was sie zu Illegalen macht, deren Würde antastbar ist.

Europa abschotten

Es ist sehr gewagt zu behaupten, dass ihre Festnahme und ihre Ausgrenzung in ihrem besten Interesse geschehe. Nachdem sie in Lager gesperrt und in Unsicherheit gestürzt wurden, man ihnen ihren Anspruch auf Menschenrechte genommen hat, ist das Ziel, sie in Objekte zu verwandeln, die man deportieren, an jeder Bewegung hindern, ja zerstören kann. Dieser Krieg, der darauf abzielt, sie zu jagen, zu fangen, zusammenzutreiben, ihre Fälle zu bearbeiten, sie zu separieren und zu deportieren, hat am Ende nur ein Ziel.

Es besteht nicht darin, Europa abzuschotten, es in eine uneinnehmbare Festung zu verwandeln, sondern darin, Europa allein das Privileg der globalen Besitznahme und ungehinderten Bewegungsfreiheit zu sichern – auch wenn wir eigentlich alle die gleichen Anrechte auf diesen Planeten haben.

Wird das 21. Jahrhundert sich als das Jahrhundert der Einstufung und Auswahl nach sicherheitstechnischen Kriterien erweisen? Von den Rändern der Sahara über das Mittelmeer werden die Lager wieder einmal zum letzten Schritt in einem bestimmten Projekt Europas, einer bestimmten Vorstellung von Europa in der Welt, zu seinem makabren Symbol, ganz wie es Aimé ­Césaire in seinem Buch „Über den Kolonialismus“ vorhersagte.

Einer der größten Widersprüche der liberalen Ordnung war immer das Spannungsverhältnis von Freiheit und Sicherheit. Heute scheint es, als sei Sicherheit wichtiger als Freiheit. Eine Gesellschaft, die auf Sicherheit setzt, hat keine Garantie auf Freiheit. Sie wird zwingend von dem Bedürfnis geprägt, sich an einer Reihe von Gewissheiten festzuklammern. Sie fürchtet, sich Fragen mit unbekannten Antworten und den gewiss darin enthaltenen Risiken zu stellen.

taz am wochenende

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Über den ganzen Planeten gehen dürfen

Daher ist die Priorität einer Gesellschaft, die auf Sicherheit setzt, rasch herauszufinden, was sich hinter jedem Neuankömmling verbirgt – wer er ist, wo er lebte, mit wem und seit wann, was er macht, wo er hinwill und so weiter.

Es gibt die Furcht, dass der Traum von einer transparenten Menschheit, in der es keine Geheimnisse gibt, sich als katastrophale Illusion erweist. Zunächst bezahlen Migranten und Flüchtlinge den Preis dafür. Auf lange Sicht ist keinesfalls sicher, dass dies auf sie beschränkt bleibt.

Wie können wir uns unter diesen Bedingungen dem Anspruch einer Weltprovinz widersetzen, für sich ein universelles Recht auf Ausplünderung zu beanspruchen, wenn wir nicht wagen, uns das Unmögliche vorzustellen? Das Unmögliche wäre die Abschaffung aller Grenzen, was bedeutet, allen Lebewesen der Erde das unabänderliche Recht zuzusprechen, sich auf diesem Planeten überall hinbegeben zu können.

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46 Kommentare

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  • Letzten Endes ist die Utopie des Autors eine schöne. Davon träume ich eigentlich schon immer...eine Welt ohne Grenzen.

    Letzten Endes denke ich aber nicht, daß es klug ist, diesen Wunsch jetzt zu äußern. Denn die Zeichen stehen auf Abschottung und ich befürchte, daß dies durch solche Forderungen noch schlimmer wird.

    Wenn schon Humanität als ein Verbrechen angesehen wird (NGO-Schiffe), dann kann man froh sein, wenn sich nicht zu vieles verschlechtert.

    Sorry, für meinen Pessimismus. Aber ich finde es wird eher immer schlimmer, als besser...

  • Zunächst ein Lob an die taz, dass sie MBembe veröffentlicht. Dann ein Lob für's timing. Der 14.Juli ist ja der Feiertag für "Freiheit, Gleichheit, Solidarität".

    Inhaltlich ist es befreiend, wieder einmal in die Richtung weltweiter Menschenrechte und Solidarität zu denken.

  • 2G
    2730 (Profil gelöscht)

    Warum sollte @DUCKJIBE auf eine "entsprechende[n] Genehmigung durch die Republik Namibia" warten? Wie wir alle wissen, brauchen Migranten keine Genehmigung, sondern nur ein Boot, und als ich das letztemal in meinem Atlas sah, lag Namibia noch am Atlantik...

  • Ein wirklich schöner Artikel, der zum Nachdenken und reflektieren einlädt. Auch über die Grenzen im eigenen Kopf. Vielen Dank dafür!

  • 8G
    86970 (Profil gelöscht)

    "Das Unmögliche wäre die Abschaffung aller Grenzen, was bedeutet, allen Lebewesen der Erde das unabänderliche Recht zuzusprechen, sich auf diesem Planeten überall hinbegeben zu können."

    Reizvolle Idee. Das heißt, ich könnte eigentlich eine kleine Expeditionstruppe ausrüsten und mich an einen mir angenehm erscheinenden Ort begeben - sagen wir mal: in Namibia. Und dort grinse ich die Leute an, sage: "tja, jetzt bin ich halt da" und fange an, mich häuslich einzurichten. Grandiose Idee, nicht wahr. Utopien pflegen reicht leider nicht aus, ein bisschen Nachdenken solle auch sein. Denksportaufgabe an den Autor: was wird in etwa passieren, NACHDEM sich jedermann auf diesem Planeten an den Ort seiner Wahl begeben hat? Insbesondere in der Interaktion mit den Leuten, die bereits da sind.

    • @86970 (Profil gelöscht):

      Utopien haben selten praktische Lösungen dabei, sonst wären sie nicht utopisch. Eine Utopie will lediglich den Idealzustand einer fortschrittlichen Gesellschaft beschreiben, der noch in ferner Zukunft liegt, der Begriff ist viele hundert Jahre alt.



      Der was- wäre- wenn- Vergleich hinkt so gut wie immer! Der eine hat Kinder, der andere nicht; der eine hat ein grosses Haus, der andere nicht. Wenn alle keine Kinder mehr haben, sterben wir aus. Lösungen, die dem was- wäre- wenn standhalten, landen wo?

      • 8G
        86970 (Profil gelöscht)
        @Wuff:

        ich bin Techniker von Beruf und Pragmatiker aus Passion. Im Umgang mit Utopien bin ich eher ungeübt. Verzeihen Sie daher die Anfängerfrage: aber müsste eine halbwegs intelligente Utopie nicht doch ein paar halbwegs plausible Antworten auf sehr naheliegende Fragen mitliefern? Sonst isses in meinem Augen nur etwas völlig Belangloses. So etwa wie: ich denke mir ein Welt aus, wo alle Radfahrer immer Rückenwind haben. Schön, ja und?

    • @86970 (Profil gelöscht):

      Soweit ich informiert bin, ist die Idee der Erde ohne Staatsgrenzen in der letzten Zeit noch nicht realisiert worden. Entsprechende Erfahrungen und Ergebisse fehlen also.

      Im Übrigen steht es Ihnen nach einer entsprechenden Genehmigung durch die Republik Namibia bereits heute frei, nach Namibia überzusiedeln.

      • 8G
        82236 (Profil gelöscht)
        @Der Alleswisser:

        Staatsgrenzen gibt es erst, seit es Staaten gibt, aber Menschen gab es schon vorher und die sind schon vor tausenden von Jahren kreuz und quer über unseren Planeten gewandert, ohne gültige Reisedokumente. Also keine Utopie, sondern Anthropologie. Grenzen bedingungslos öffnen, hiesse die Staaten abschaffen und einen Zustand schaffen, wie er vor unserer Zivilisation existierte. Wollen wir das?

        • 8G
          80336 (Profil gelöscht)
          @82236 (Profil gelöscht):

          Zu Ihrer Frage "Grenzen bedingungslos öffnen, hieße ... einen Zustand schaffen, wie er vor unserer Zivilisation existierte. Wollen wir das?":

          "Ich ergötzte mich immer wieder neu an dem Erstaunen junger Menschen, sobald ich ihnen erzählte, dass ich vor 1914 nach Indien und Amerika reiste, ohne einen Pass zu besitzen oder überhaupt je gesehen zu haben. Man stieg ein und aus, ohne zu fragen und gefragt zu werden, man hatte nicht ein einziges von den hundert Papieren auszufüllen, die heute abgefordert werden. Es gab keine Permits, keine Visen, keine Belästigungen; dieselben Grenzen, die heute von Zollbeamten, Polizei, Gendarmerieposten dank des pathologischen Misstrauens aller gegen alle in einem Drahtverhau verwandelt sind, bedeuteten nichts als symbolische Linien, die man ebenso sorglos überschritt wie den Meridian Greenwich." (Stefan Zweig, "Die Welt von gestern. Erinnerungen eines Europäers", 1944, Seite 294).

          Es war noch nicht einmal nötig, tausende Jahre in der Geschichte der Menschen zurückzublättern, um feststellen zu können, was "Zivilisation" ist, und was sich "Zivilisation" nur nennt.

      • 8G
        86970 (Profil gelöscht)
        @Der Alleswisser:

        schon klar, aber mit Genehmigung ist doch langweilig und völlig un-utopisch (ohne Bindestrich sieht dieses Wort übrigens völlig skurril aus: "unutopisch". Gibt es diesen Ausdruck laut Duden überhaupt?)

  • Eine Welt, bei der jede*r leben kann wo er will ist natürlich eine positive Utopie. Dann aber müssen wir den Schtz indigener Völker beenden. Hier gehen wir von der Utopie aus, dass das Land einer durch Abstammung definierten Gruppe gehört, die Privilegien gegenüber Einwanderern haben. Die beiden Ansätze vertragen sich nicht. Sicherlich kann man es als Doppelmoral sehen, wenn Europa für sich den Schutz der Abstammung beansprucht aber gleichzeitig in aller Welt auf mindestens gleiche Rechte ihrer Bürger*innen besteht. Umgekehrt funktioniert es aber auch nicht.



    Es ist kein rassischtisches Bild, wenn festgestellt wird, dass es ein sehr großes Potential an Migration gibt. Vielmehr ist es eine notwendige Analyse, wenn man diskutiert, was denn passieren würde, wenn man die Grenzen aufmachen würde. Es ist doch absurd eine Maßnahme zu fordern und über die Konsequenzen der Maßnahme nicht reden zu wollen.

    • @Velofisch:

      Isoliert lebende Indigene in Südamerika sterben (zu 90%) bereits nach dem bloßen Kontakt mit Leuten von außen, weil ihre Immunabwehr für uns weitgehend harmlose Infektionskrankheiten nicht bewältigen kann. Dafür bedarf es nicht einmal der üblichen Gewalttätigkeit der Holzfäller und Goldsucher, die in ihre Lebensräume eindringen.



      Spätestens hier stieße das Recht auf universelle Bewegungsfreiheit auf einen unauflösbaren Widerspruch zur Humanität, sogar zum Recht auf Leben.

      Noch umfassender wird der Widerspruch, wenn diese Forderung auf alle Lebewesen ausgeweitet wird. Siehe etwa die verheerenden Auswirkungen der Einführung von Neozoen auf die Ökosysteme zahlreicher Inseln oder Australiens, aber auch, wenngleich weniger drastisch, auf unterschiedliche Ökosysteme der anderen Kontinente oder in den Meeren.

      • @Ruhig Blut:

        Das ist eine interessante Fragestellung...

  • Mal ein Beispiel für den Irrsin den unser heißgeliebter Innenminister betreibt.Ich bin Deutscher und lebe seit 4 Jahren in Österreich.Dieses Jahr bin ich drei mal in Deutschland gewesen,also sechs mal über die Grenze gefahren.Von Seehofers Grenzkontrollen habe ich nichts mitbekommen.Das man über die Grenze gefahren ist erkennt man nur an den Staßenschildern die plötzlich eine andere Farbe haben.Ich finde das einfach nur lächerlich was Vollhorst da betreibt.

    • @Hans Peter Sommer:

      Das letzte Mal als ich durch Österreich gefahren bin war nachts umd 23 Uhr oder so. Dort wartete eine ganzer Zug der Polizei um Grenzkontrollen durchzuführen. Mich haben sie aber einfach durchgewunken...

    • @Hans Peter Sommer:

      Ich bin sonntags letzte woche von Passau über die Grenze nach österreich..



      locker eine hundertschaft auf der deutschen seite circa 10 minuten hinter der grenze die kontrollierte...

      am donnerstag fuhr ich den gleichen Weg zurück.. ebenfalls Kontrolle am selben Ort.. mit riesigen Leuchtballons, maschinenpistolen usw usf .. sinnfreies aufmaschieren der staatsmacht

  • Die Lösungen für die Probleme vieler Bürger afrikanischer Staaten können nur dann vor Ort gelöst werden, wenn die Industrienationen aufhören, die Staaten des Kontinents auszubeuten, Waffen in Bürgerkriegsgebiete zu liefern und Despoten zu unterstützen.



    Erst einmal die Fischfangflotten abziehen, Frieden im Kongobecken anstreben, anstatt die Hölle dort anzufeuern, damit man billig das Wirtschaftswachstum durch seltene Erden, die zum Spottpreis von Kriegsverbrechern und Korrupten verscherbelt werden, die Kleinmärkte nicht weiter durch subventionsgestütute Exporte zerstören und den Müll nicht länger an den Küsten des afrikanischen Kontinents entsorgen. Dann könnt ihr weiter versuchen, die imperiale Politik der ersten Welt zu verteidigen und die Aussetzung des Asylprinzips zu beklatschen. Davor: alles neoliberale Heuchelei.



    Richtet sich an all die "Realpolitiker" hier im Forum.

    • @Hampelstielz:

      Vielen Dank dafür.

    • @Hampelstielz:

      die meisten waffen in Afrika werden in Afrika hergestellt.



      Und zwar von der Pistole über Maschinengewehre und Granatwerfer bis hin zu Panzer, Radpanzern und schweren Geschützen. Sowie die Munition dazu:



      ein Bsp von vielen:



      de.wikipedia.org/w...dustry_Corporation

    • @Hampelstielz:

      Würde alles mehr als einmal gesagt. Ist sachlich richtig, auch wenn es innerhalb Afrikas auch selbstgemachte Probleme gibt. Wollen die Profiteure der Normalität der Ausbeutung nicht hören. Allerdings wird das Vergrenzungsgedoens die Migration und die anderen Folgen hauptsächlich des scheiss Wirtschaftssystems der Industrieländer nicht aufhalten. Wir brauchen endlich Umverteilung und konsequenten Umweltschutz.

  • Vielleicht sollt man das zum Verständnis auf einen kleineren Maßstab herunterbrechen: Sollte in einer Stadt jeder Zutritt zu jeder Wohnung haben?

  • Dieser Artikel ist interessant geschrieben, aber völlig aus der Zeit gefallen.



    Die hier geforderte Grenzenlosigkeit wird vielleicht in sehr, sehr ferner Zukunft möglich werden, aber in diesem, unserem Leben eben nicht.

    Solange das Leben und Überleben daran geknüpft ist, wie gut gefüllt der Geldbeutel ist, können Grenzen nicht fallen!

    Selbst innerhalb eines Landes gibt es Grenzen, die finanziell entstehen.



    Allein hier in Deutschland gilt, wer genug finanziell aufgestellt ist hat unbegrenzten Zugang zu Bildung, Medizin und Altersversorgung, somit sind sogar in unserem, reichen Land Grenzen gesetzt!

    Wie soll es da funktionieren, wenn man auf physische Grenzen verzichtet, allen eine grenzenlose Perspektive zu gewährleisten, die aus ihrem angestammten Lebensraum in den hiesigen kommen, ohne diese heute so unumgängliche finanzielle Absicherung zu haben, damit ihnen hier ein grenzenloses Leben möglich ist?

    Bei der heutigen Sicht der Dinge geht es nicht ohne Grenzen, das weiß jeder, der sich echte Gedanken zur Lage der Menschheit macht und nicht von einer grenzenlosen Welt träumt!

    Es müssen erst alle Grenzen überwunden werden, bevor man wirklich auf Grenzen verzichtet!

    Viel wichtiger wäre es wenn die Menschen, die ihre Grenzen ablegen müssen, weil sie eben Gefoltert oder Misshandelt werden innerhalb ihres jetzigen Gebietes, so zu unterstützen, dass es ihnen gelingt, ohne ihr Leben bei gefährlichen Fluchten durch Wüsten und Meere aufs Spiel setzen zu müssen, in dem man ihnen mit eben den heute so wichtigen finanziellen Mitteln Unterstützung zukommen lässt, um ihre Aggressoren auszuschalten!

    Das würde aber eben auch beinhalten, dass unsere Regierungen aufhören jene mit Waffen zu unterstützen, die die Fluchtgründe verstärken oder initiieren!

    Man muss damit beginnen, den Menschen, egal wo auf dieser Welt, eine reibungslose Existenz zu ermöglichen, unabhängig der finanziellen Mittel, den solange die Menschheit existiert, gibt es Menschen die mehr haben als andere!!!

  • Ich glaube inzwischen, wenn man sich nur lange genug den eigenen Blödsinn einredet, glaubt man einfach irgendwann selber dran.

    Seit meiner Geburt 1988 gibt es 3 neue afrikanische Staaten, Südsudan, Eritrea und Namibia.

    Südsudan ist seit 2011 Unabhängig und seit 2013 herrscht da Bürgerkrieg, mehr als 50.000 Tote, die UN spricht inzwischen von ethnischen Säuberung.

    Eritrea, seit 1993 Unabhängig und seitdem eine Diktatur. Alleine letztes Jahr, haben 1% der Bevölkerung Asyl im Ausland beantragt.

    Namibia, inzwischen stabile Demokratie und ein relativ gutes Wirtschaftswachtum.

    Jeder ist da für sich selbst Verantwortlich, wenn Hilfe benötigt wird, muss man sie auch gewähren, aber Afrikas Probleme müssen da gelöst werden und nicht woanders.

    • 8G
      82236 (Profil gelöscht)
      @Sven Günther:

      Die französische Multinationale von Vincent Bolloré kontrolliert sämtliche Häfen Westafrikas und somit die gesamte Ein-und Ausfuhr dieser Länder.



      Der Francs CFA, die westafrikanische Währungseinheit ist an den Euro gekoppelt und wird in Frankreich gedruckt. Westafrika hat somit keine eigenständige Währungspolitik.



      Der IWF diktiert sowieso die Wirschaftspolitik in weiten Teilen Afrikas und nicht im Sinne der lokalen Bevölkerungen.



      Wie soll da eine selbstverantwortliche Entwicklung zustande kommen?



      Noch etwas, die korrupten und autoritären Regime in Afrika lassen die Menschen, die es in diesen Ländern nicht mehr aushalten gehen, weil das Rebellionen und Revolutionen verhindert. Denn gut ausgebildete Menschen, die nachdenken, sind für diese Regime gefährlich. Wir aber brauchen diese Regime, um Afrika weiter auszubeuten.

      • @82236 (Profil gelöscht):

        Darum habe ich auch absichtlich keine Beispiele aus Françafrique benutzt.

        Und wie kann man das eigene Land entwickeln, so wie es alle anderen vernünftigen Länder von Singapur bis Chile gemacht haben, indem das allererste was man macht ist, die Versagertruppe vom IWF rauszuschmeißen.

    • 6G
      61321 (Profil gelöscht)
      @Sven Günther:

      Die Frage ist, ob die Afrikaner selbst verpflichtet sind, vor Ort an den Problemlösungen mitzuwirken. Unserem Begriff der, wie wir glauben uns allen zukommenden individuellen Freiheit und Selbstbestimmung folgend, einer Freiheit, die wir auch für uns selbst beanspruchen, müssen wir das konsequenterweise erst mal verneinen und eine etwaige Verweigerung der Mitwirkung akzeptieren.



      Gleichzeitig fordern Einwohner einer großen Anzahl gescheiterter und zerütteter Staaten, dass sie ihr Leben in einem Land ihrer Wahl leben können, in einem Land in denen ihnen das Leben aussichtsreicher erscheint. Eine derartige und so nachdrückliche Forderung von so vielen Menschen gleichzeitig hat es noch nicht gegeben und bedarf dringendst neuer philosophischer und abgeleitet, bürgerrechtlicher und staatsrechtlicher Antworten.



      Man kann es ohne jede Übertreibung als die größte Herausforderung überhaupt ansehen, seit es den modernen Nationalstaat gibt. Alleine die (anthropogenen) ökologischen Katastrophen, die nun seit jüngerer Zeit mit fürchterlicher Wirkung durchschlagen, erhöhen dabei den Druck immens, Lösungen innerhalb vernünftiger Zeiträume zu finden, so dass mit Hochdruck und auch unter Einsatz heute noch gar nicht vorstellbarer Mittel daran gearbeitet werden muss, parallel in vielen Ländern und multi-regional die Verhältnisse zu verbessern.



      Da die Menschen z.B. aus dem Südsudan oder Nigeria bei uns unter Güterzugplanen einreisen, haben sie es zuvor geschafft das Mittelmeer zu überwinden, aber ein Exodus oder eine Evakuierung auch nur von Teil-Bevölkerungen solcher Staaten (gleiches Lebe- und Zukunftsrecht für alle!) gleichzeitig eine wilde Phantasmogorie ist, bleibt uns als Schluss nur: Krieg, korrupte Verhältnisse, Gewalt und Stagnation in den afrikanischen Ländern ist nicht deren Sache allein und unsere Rolle bei all dem muss völlig neu definiert werden.



      Seit der Arbeit der Nord-Süd-Kommission die bereits alle wesentlichen Fragen behandelt hatte, sind wir keinen Schritt weiter

      • 8G
        83492 (Profil gelöscht)
        @61321 (Profil gelöscht):

        "Die Frage ist, ob die Afrikaner selbst verpflichtet sind, vor Ort an den Problemlösungen mitzuwirken. Unserem Begriff der, wie wir glauben uns allen zukommenden individuellen Freiheit und Selbstbestimmung folgend, einer Freiheit, die wir auch für uns selbst beanspruchen, müssen wir das konsequenterweise erst mal verneinen und eine etwaige Verweigerung der Mitwirkung akzeptieren."

        Freiheit und Verantwortung sind m.M.n. nicht zu trennen. Wer Freiheit in seinem Handeln beansprucht, sollte auch die Verantwortung für die Folgen tragen:



        die Bevölkerung der Industrienationen für die Überbeanspruchung der ökologischen Tragfähigkeit durch exzessiven Ressourcenverbrauch, die Bevölkerung der unterentwickelten Länder für die Überbeanspruchung der ökologischen Tragfähigkeit durch exzessives Bevölkerungswachstum.

        "Eine derartige und so nachdrückliche Forderung von so vielen Menschen gleichzeitig hat es noch nicht gegeben und bedarf dringendst neuer philosophischer und abgeleitet, bürgerrechtlicher und staatsrechtlicher Antworten."

        Die Antwort die jetzt von Europa und den USA gegen wird heißt ¡No pasarán!

        "Man kann es ohne jede Übertreibung als die größte Herausforderung überhaupt ansehen, seit es den modernen Nationalstaat gibt."

        Ich würde das nicht so dramatisch sehen. Es steht lediglich die Zivilisation und das Fortbestehen der Menschheit auf dem Spiel. Und weil es nicht so dringlich ist, sind wir "seit der Arbeit der Nord-Süd-Kommission die bereits alle wesentlichen Fragen behandelt hatte, ... keinen Schritt weiter."

        • 7G
          74450 (Profil gelöscht)
          @83492 (Profil gelöscht):

          "die Bevölkerung der Industrienationen für die Überbeanspruchung der ökologischen Tragfähigkeit durch exzessiven Ressourcenverbrauch, die Bevölkerung der unterentwickelten Länder für die Überbeanspruchung der ökologischen Tragfähigkeit durch exzessives Bevölkerungswachstum."

          Die Verantwortung ist aber schon sehr verschieden. Ein Mensch, der kaum Ressourcen verbraucht, trägt, trotz seiner Exisenz, wohl sehr viel geringer zum Klimawandel bei, als ein Mensch in den Industrienationen, der im fossilen Rausch lebt.

        • 6G
          61321 (Profil gelöscht)
          @83492 (Profil gelöscht):

          Das mit der Verantwortung ist der springende Punkt. Bin ich für mich und die Konsequenzen meiner Taten verantwortlich? Das bejahen wir. Bin ich für die Verhältnisse verantwortlich, in die ich geboren werde? Das verneinen wir spontan und ohne zu zweifeln, jedenfalls die meisten von uns.



          Was verpflichtet mich nun, an dem Ort, an dem ich geboren wurde, an der weiteren Entwicklung mitzuwirken, anstatt weiter zu ziehen und mein Glück woanders zu suchen?



          ¡No pasarán! ist ein gewichtiges Argument, vielleicht das gewichtigste, denn die, die schon wo sind, bestimmen i.a.R. wer hinzu kommen soll oder eben auch nicht. Man muss es aber auch durchsetzen können, ohne zum Mörder zu werden.



          ¡No pasarán! - Politik haben vor sehr langer Zeit schon die Römer versucht durchzuziehen, nachdem sie ihre eigenen Grenzen Jahrhunderte willkürlich immer weiter vorgeschoben hatten. Zum Jahreswechsel 406/407 war es aber vorbei damit und ein Vielvölkergemisch germanischer Gruppen fiel über den Rhein in Gallien ein.



          ¡No pasarán! - das haben auch mehr halbherzig als entschlossen die nordamerikanischen Ureinwohner versucht durchzusetzen. Sie waren sich nicht mal genügend einig darin. Die weitere Entwicklung ist bekannt.



          Vor ein paar Jahren, das Mittelmeerdrama war noch kaum im Bewusstsein der Europäer angekommen, sah ich ein Interview mit einer jungen Eritreerin. Die Frau, sie war etwa 20 Jahre alt, groß, extrem gut aussehend, wurde gefragt, ob sie für sich irgend eine Zukunft in Eritrea sehe. Sie sagte, ihre Eltern hätten ihr ganzes Leben im Krieg und im Kampf um ein bessereres Leben geopfert - ohne für den Einsatz im Mindesten belohnt worden zu sein. Die weiteren Aussichten: wie bekannt sehr schlecht.



          So sehr ich überzeugt bin, dass in Afrika die schlimmsten Missstände des Machtmissbrauchs wohl nur mit Gewalt zu beseitigen sind, in einem Fegefeuer der Erneuerung, wer sagt dieser Frau, sie habe gefälligst auch die Kalaschnikow für den noch nicht zu Ende gekämpften Kampf in die Hand zu nehmen?

          • 8G
            83492 (Profil gelöscht)
            @61321 (Profil gelöscht):

            "Was verpflichtet mich nun, an dem Ort, an dem ich geboren wurde, an der weiteren Entwicklung mitzuwirken, anstatt weiter zu ziehen und mein Glück woanders zu suchen?"

            Mir nichts fällt nichts ein, das diese Pflicht begründen kann. Aber wie Sie schon schrieben,



            "die schon wo sind, bestimmen i.a.R. wer hinzu kommen soll oder eben auch nicht."

            Wobei Ihr Satz den Zustand beschreibt, wie er sein sollte und nicht die tatsächlichen Verhältnisse in Deutschland des Jahres 2018.

        • @83492 (Profil gelöscht):

          Mir hat der Beitrag von User W. Haberer sehr gefallen. Ich teile (gleichfalls) nicht alle Schlüsse und Denkvoraussetzungen, aber ich bin zu einer Überprüfung meiner Position bereit.

          Dabei habe ich aber auch ganz klar die Schwierigkeit, das gleiche (offene? und gutwillige) Denken bei den anderen Menschen in das vorliegende Plädoyer (oder gar schlicht die nackte Wahrheit) einzustellen.

          Die Nationalstaatenidee wird mE, das kann man beklagen, niemals sterben, wenn nicht von aussen - global - etwas das Denken erweitert. Als Beispiel wird hier oftmals hollywoodlike die berühmte große Katastrophe angeführt.

          Der Kern ist aber Kooperation.

          User Hampelstielz sieht den Ansatz wohl in der Beseitigung des neoliberalen Wirtschafts- und Menschenbildes. Ich denke das auch. Der Mensch ist so gebaut. Er muss sich erst vor "Eindringungen" in seine Umgebung sicher fühlen, dann öffnet er sich wohl.

          Kooperation und schrittweise Begegnung könnten ein gutes Rezept zur Bildung von Vertrauen sein.

          • 7G
            74450 (Profil gelöscht)
            @Gerhard Krause:

            "Die Nationalstaatenidee wird mE, das kann man beklagen, niemals sterben, wenn nicht von aussen - global - etwas das Denken erweitert."

            Warum nicht? Die Menschheit ist Jahrhunderte ohne diese Idee ausgekommen. Nationen sind eine Konstruktion, die durchaus von einer anderen Konstruktion abgelöst werden kann. Oder?

            • @74450 (Profil gelöscht):

              Die Nationalstaatenidee wird wohl einerseits deswegen nicht sterben, weil "Sie" immer Menschen haben werden, die - etwa - allein leben wollen, selbst wenn es am Ende nur noch die Reichen sind.

              Zumindest aus den einen oder anderen zwingenden ökonomischen Gründen, zB Organisation, denn Staat und Kapitalismus brauchen sich gegenseitig, wird die Idee (gemeinsam mit dem Kapitalismus) nicht verschwinden (eher geht wohl die Welt unter).



              Maximal läuft das ganze später unter einem anderen Namen.

            • @74450 (Profil gelöscht):

              Der Nationalstaat wird sicherlich durch ein anderes Modell abgelöst werden, nur sehe ich aktuell kein anderes funktionierendes Modell.

  • "Edel sei der Mensche, hilfreich und gut". Ist er aber nicht und deshalb müssen Staaten ihre Bewohner auch durch Grenzen schützen.



    Philosophisch betrachtet sehr schön, real leider nicht umsetzbar.

  • Naja, so ein bisschen kann ich es auch schon nicht mehr hören, woran "ich" = Europa mich alles schuldig mache und andere Menschen Verantwortung einfach abgeben. Jeder solle einen "Fensterplatz" erhalten. Schöne (unbrauchbare ideale) Vorstellung, Stichwort "Sache interdisziplinär anschauen".

  • Ein guter Artikel mit philosophischen Ansätzen und einigen Schwächen hier und da. Erfrischend allemal im Gegensatz zum Stammtisch-Gelaber.



    In Richtungen wie diese muss man anfangen zu denken, damit sich langfristig etwas ändert.Aber - in der taz wird er leider von den falschen Leuten gelesen.

    • 9G
      99960 (Profil gelöscht)
      @Wuff:

      Was unterscheidet den Artikel denn von dem von Ihnen angesprochenen “Stammtisch-Gelaber”? Er ist nicht wirklich differenzert, obwohl er genau das vorgibt zu sein. Der Autor schreibt etwa: “Eine Gesellschaft, die auf Sicherheit setzt, hat keine Garantie auf Freiheit. Sie wird zwingend von dem Bedürfnis geprägt, sich an einer Reihe von Gewissheiten festzuklammern. Sie fürchtet, sich Fragen mit unbekannten Antworten und den gewiss darin enthaltenen Risiken zu stellen.” Freiheit ist überhaupt nur möglich, wenn es anderswo Zwang gibt, des Weiteren kenne ich niemanden, der in der Lage wäre, die relevanten Fragen übeerhaupt zu identifizieren, respektive die Antworten dann auch auszuhalten. Insbesondere nicht in dem Sektor, wo Huumanität so hochgehalten wird. Dort steht die Antwort doch in der Regel schon vor der Frage fest.

      • @99960 (Profil gelöscht):

        Meine ich mit Einschränkungen auch. Der Artikel hält schon auch Unfug vor. Gleichwohl, selbstverständlich ist dies erwünscht, sollte aber auch zur Bildung der Medienkompetenz (frei nach Mausfeld) ausgesprochen und nicht der Idee überlassen werden, nennt man dies "Manipulation".

  • flucht ist ein phänomen eines viel größeren ungelösten problems.



    es lässt sich recht genau berechnen, ob die absoluten zahlen an flüchtenden größer als je zuvor sind oder es relative gesehen heutzutage weniger flüchtlinge als in vergangenen epochen der menschlichen geschichte gibt.



    so lange das vielleicht verlangsamte aber noch nicht beendete wachstum der fluchtursache nicht gestoppt wird, braucht niemand die bewegungsunfreiheit auf diesem planeten zu bemängeln.



    die menschheit hat die mögliche bewirtungsgrenze der erde immer weiter ausgedehnt und die kennzahl dafür nennt sich wachstum.



    auf kosten der natur, der umwelt, der ressourcen und um beim artikel zu bleiben insbesondere auch auf kosten afrikas.



    solange jedoch niemand eine attraktive vision einer menschheit im gleichgewicht mit ihrem heimatplaneten entwickelt, propagiert und in die tat umsetzt wird ein großteil, wenn nicht der größte teil eben jener menschen nach den vom system vorgegebenem handlungsmuster verfahren: "egoism rules"



    zuerst ich, dann meine familie, usw. - und in exakt diesem spannungsfeld von "nichts" habenden, nicht teilhabenden oder/und teilhabend wollenden, z.t. also flüchtenden auf der einen seite und an den eigenen (erhofften) oder noch nicht erfüllten oder nie erfüllbaren besitzstand hängenden andererseits entzündet sich dieser konflikt, der von egoismen genährt wird.



    es bleibt die schere zwischen arm und reich zu beklagen, die in diesem ringen dazu führt, dass die gefühlt armen und die tatsächlich armen sich gegeneinander aufreiben, während die problemverursacher in ihrer sowieso bereits festungsgleich gesicherten oder schnell so sicherbaren enklave weiterhin cocktails schlürfen, ohne sich großartig gedanken über die zukunft dieses unseres planeten zu machen.



    und großartige gedanken wären es, die wir dringend benötigen, denn sonst wird es auch ganz schnell dunkel um uns, uns, die noch denken wollenden.

  • 8G
    83492 (Profil gelöscht)

    Verstehe ich den Herrn Mbembe richtig: Überbevölkerung und "Länder, in denen Frauen immer noch sieben oder acht Kinder haben" sind nur "ein Kreislauf rassistischer Diskurse", mithin fiktiv und nicht eine wesentliche Ursache für Migration?

    Klingt für mich wie eine Variante der Klimawandel-Leugner. Oder ein praktisches Argument, um vom eigenen Teil der Verantwortung abzulenken.

    en.wikipedia.org/w...graphics_of_Africa



    "The reason for the uncontrolled population growth since the mid 20th century is the decrease of infant mortality and general increase of life expectancy without a corresponding reduction in fertility rate, due to a very limited use of contraceptives. Uncontrolled population growth threatens to overwhelm infrastructure development and crippling economic development."

    • @83492 (Profil gelöscht):

      Überbevölkerung ist aber eben tatsächlich nicht die Hauptursache für die Migration, sondern schlechte Lebensbedingungen durch Kriege, Hunger und/oder Perspektivlosigkeit, gekoppelt mit vereinfachter Kommunikation und Mobilität. Das gab es auch schon vor dem starken Bevölkerungswachstum und dazu passt, dass es auch schon vorher Flüchtlinge aus Afrika gab (im Mittelmeer wird ja nicht erst seit 2010 gestorben).

      Das mit den Frauen mit sieben oder acht Kindern ist halt Unfug. Klar gibt es die, aber das ist auch dort die Ausnahme. Die Geburtenrate sinkt in allen afrikanischen Ländern seit Jahrzehnten und wird das auch weiter tun und damit langfristig das durch die sinkende Kindersterblichkeit angestiegene Bevölkerungswachstum wieder normalisieren. Es ist ja nun wirklich nicht so als hätten wir diesen Prozess in der Weltgeschiche nicht schon mehrfach beobachtet. Mir ist deshalb auch nicht ganz klar, wo man in diesem Zusammenhang die Veranwortung der afrikansichen Staaten sehen soll. Sie befinden sich in einer schwierigen Phase des demographischen Umbruchs - es sollte zum Wohle aller im Interesse der Weltgemeinschaft liegen, dabei zu helfen, damit der Schaden unterwegs möglich gering bleibt.

      • 8G
        83492 (Profil gelöscht)
        @njorg:

        "Überbevölkerung ist aber eben tatsächlich nicht die Hauptursache ..."

        Gewalt und Hunger werden (auch) durch das Bevölkerungswachstum angetrieben. Z.B.:



        "The violent conflicts between farmers and semi-nomadic herders in Nigeria that left dozens of people dead over the weekend illustrate the intensifying pressure and competition for arable land in Africa, experts said Monday. Fertile land that is dwindling due to climate change combined with a population boom are fueling conflicts across the continent, they said." [0]

        "Das mit den Frauen mit sieben oder acht Kindern ist halt Unfug."

        Für Länder wie Niger sind 7 Kinder pro Frau der Durchschnittswert, [1]. Wo ist da der Unfug? Die Modelle der UN sagen ein Absinken der Geburtenrate voraus. Sie bleibt aber so hoch, dass die Bevölkerung weiter wächst [2]. Ich weiß nicht, was Sie mit "normalisieren" meinen. Wenn Sie die Prognosen für Afrika [3] betrachten, sehen Sie dass die Bevölkerung über das Jahr 2100 weiter wachsen wird.

        "Mir ist deshalb auch nicht ganz klar, wo man in diesem Zusammenhang die Veranwortung der afrikansichen Staaten sehen soll."

        Bei den Eltern: wenn ich sehe, dass ich die Kinder die ich schon habe nicht richtig versorgen kann, ist es die Verantwortung der Eltern, nicht noch mehr Kinder in die Welt zu setzen.



        Bei der Regierung eines Landes das es seine wachsende Bevölkerung nicht aus eigener Kraft wird versorgen können. Sie sollte alles dafür tun, dass die Geburtenzahlen sinken: Bildung, Stärkung der Rolle der Frauen, freie Verhütungsmittel.



        Ich sehe nichts davon in Afrika.

        [0] www.voanews.com/a/...-land/4454730.html



        [1] esa.un.org/unpd/wp...ertility/Niger.png



        [2] esa.un.org/unpd/wp...pulation/Niger.png



        [3] esa.un.org/unpd/wp...ulation/Africa.png

    • @83492 (Profil gelöscht):

      Ich glaube doch, dass Europäer vernünftigerweise zunächst zuhören sollten, welche Sichtweisen Menschen aus afrikanischen Ländern vertreten.

      Inhaltlicher Unfug wird natürlich in allen Sprachen dieser Welt verbreitet.

    • 9G
      98589 (Profil gelöscht)
      @83492 (Profil gelöscht):

      Das habe ich beim lesen ebenso empfunden!