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Show-Basketball in BrooklynKörbe noch und nöcher

Drei der besten Spieler der NBA machen die Brooklyn Nets zum treffsichersten Team der Liga. Das Verteidigen müssen sie noch lernen.

Geschmeidig wie zu seinen besten Zeiten: Kevin Durant Foto: ap

U nter NBA-Fans kursiert seit einiger Zeit folgender Witz: Auf die Frage, wer denn in der nordamerikanischen Basketballliga zu den beiden offensivstärksten Teams gehöre, könne es nur eine Antwort geben, zuerst einmal natürlich die Brooklyn Nets – und dann der jeweilige Gegner der Nets.

Die Mannschaft aus New York City hat in der Tat beeindruckende Offensivstatistiken. Sie führt in der durchschnittlichen Punktausbeute pro Partie (120,9), und auch bei der Trefferquote aus dem Feld sowie von der Dreipunktlinie liegen die Spieler in den schwarzen Trikots zumeist vorn, was nicht verwunderlich ist, denn die „Star Power“ ist wohl so groß wie in keinem anderen Team der NBA.

Neben dem quirligen, dribbelstarken Kyrie Irving erlebt der von seinem Achillessehnenriss wundersam genesene Kevin Durant seinen zweiten (oder dritten?) Frühling. Zu diesem formidablen Duo ist im Dezember James Harden gestoßen, der sich auch als Scorer einen Namen gemacht hat, auf seine alten Tage aber immer mehr als mannschaftsdienlicher, ja fast schon selbstloser Passgeber in Erscheinung tritt.

Es versteht sich von selbst, dass der bärtige Veteran die NBA-Liste der „Assists“ mit 11,3 pro Partie anführt. Diese Ballung von Talent und Spielwitz ist ungefähr so, als würde für den FC Bayern München nicht nur Robert Lewandowski stürmen, sondern auch noch Lionel Messi und Mohamed Salah.

Zweifel an der Titelreife

Die Brooklyn Nets haben bis Dienstag 17 Spiele gewonnen und 12 verloren. Sie liegen nicht schlecht, rangieren aber hinter dem Meister Los Angeles Lakers, auf den sie am Freitag treffen, hinter den Philadelphia 76ers und den Utah Jazz. Wie weit die Nets in den Playoffs kommen werden, hängt nicht nur von ihrem Trio infernale ab, sondern davon, ob es die Mannschaft von Steve Nash schafft, ein paar effektive Verteidigungslinien aufzubauen. Denn nach wie vor gilt der Satz: Mit einer guten Offensive gewinnt man Spiele, mit einer klasse Defensive Meisterschaften. Die Nets wollen, auch eingedenk der tickenden biologischen Uhr, die Gunst der Stunde nutzen und den Titel heuer von der West- an die Ostküste holen.

Die Zweifel, dass Brooklyn es schaffen könnte, sind nicht gerade klein. Ist Nash, Neuling auf dem Posten des Chefcoachs, nicht zu unerfahren, selbst wenn er von so einem alten Hasen wie Mike D’Antoni Unterstützung bekommt? Kommen die drei Superstars auf Dauer miteinander aus oder wird es über kurz oder lang Reibereien geben? Noch läuft alles relativ glatt.

Durant zieht sein wunderbar smoothes Spiel wie in alten Tagen durch, Irving streut schon mal, wie zuletzt gegen die Sacramento Kings, 40 Punkte ein, und Harden stellt sich nicht nur in den Dienst der Mannschaft, sondern steht auch fast ohne Unterbrechung auf dem Parkett – als habe er das Gefühl, ohne sein Zutun laufe nichts. Die Störfaktoren diffundieren eher von außen durch die Membran der Nets, und vieles hat mit den Anti-Coronamaßnahmen zu tun.

Zuerst nahm es der ohnehin recht eigenwillige Kyrie Irving mit den Hygieneauflagen nicht so genau und feierte mit über 15 Leuten eine Party. Die Strafe – 50.000 Dollar plus ein Verdienstausfall von etwa 900.000 – war geharnischt. Dann kam es zu dem fast schon gängigen Test- und Nachverfolgungskuddelmuddel. Betroffen war diesmal Durant, bei dem nicht klar war, ob eine Kontaktperson nun positiv oder negativ gewesen ist.

Der Flügelspieler wurde, nachdem der Test verspätet doch angeschlagen war, mitten in der Partie gegen die Toronto Raptors vom Feld geholt und in Quarantäne geschickt. „Das ist verwirrend, frustrierend, bizarr“, sagte Nets-Guard Joe Harris, „erst darf er nicht starten, dann darf er reinkommen, spielen und muss dann wieder raus. Das ergibt einfach keinen Sinn.“ Durant twitterte, noch emotional aufgewühlt: „Free me.“

Steve Nash, einst Lehrmeister von Dirk Nowitzki bei den Dallas Mavericks, beruhigte seine Spieler, indem er sich als Pragmatiker zu erkennen gab: „Ist es perfekt?“, fragte er in Bezug auf die Coronaprophylaxe. „Nein, aber nichts ist in diesem Jahr perfekt.“ Doch wer weiß, vielleicht schafft es sein Team ja bis Juli tatsächlich, den eigenen Korb zu beschützen. Dann wäre vieles möglich. Sogar ein perfektes Jahr.

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