NBA-Basketball in Disney World verlegt: Flucht in die Blase

Die NBA-Basketballer versammeln sich in der Disney World hinter verschlossenen Türen. Wegen Corona wollen sie dort ihre Saison zu Ende zu spielen.

Basketball-Superstar LeBron James beim Freiwurf

Kein Mann für billige Politsprüche: NBA-Superstar LeBron James Foto: Andrew Innerarity/reuters

Das Schloss von Aschenputtel, menschenleer. Eine Achterbahn, die ohne kreischende Besucher durch einen Nachbau des Himalaya rast. Eine künstliche Lagune mit dem größten Freiluftwellenbecken der Welt, aber ohne badende Kinder. Vor den verschlossenen Toren des verlassenen Vergnügungsparks tobt ein Virus, das bereits Zehntausende Tote gefordert hat, durch ein zerrissenes Land im Ausnahmezustand. Hinter den Mauern sammeln sich die, die überleben wollen. Doch nicht jeder ist willkommen im sicheren Hafen, man muss eine Eigenschaft haben, die einen vor anderen auszeichnet: ziemlich gut Basketball spielen.

Was wirkt wie das Szenario eines drittklassigen Science-Fiction-Thrillers aus den Siebzigern, ist tatsächlich der Versuch der NBA, ihre aktuelle Saison zu Ende zu spielen. Dieser Tage versammeln sich die 22 Mannschaften der Liga, die noch Chancen auf die Play-offs haben, im Walt Disney World Resort in Florida, dem größten Vergnügungspark der Welt. Sie beziehen drei Luxushotels, die in den vergangenen Monaten leer standen. Im Gran Testino Tower residieren die favorisierten Teams, die Lakers und Clippers aus Los Angeles und die Milwaukee Bucks.

Im spektakulären Hotelpool, umgeben von Maya-Pyramiden, werden dann LeBron James, Giannes Antetokounmpo und Kawhi Leonard planschen. Aber nicht jeder ist zufrieden mit der Unterbringung: James Teamkollege Rajon Rondo löste einen kleinen Shitstorm aus, als er auf Instagram sein Hotelzimmer mit der Billigkette Motel 6 verglich.

Auch sonst läuft nicht alles rund in der NBA Bubble, wo am 30. Juli wieder der Spielbetrieb beginnen soll mit einem abgespeckten Restprogramm der regulären Saison, bevor dann ab Mitte August die Play-offs mit den besten 16 Mannschaften beginnen. Aber ob die Blase aus Spielern, Trainern, Betreuern, Presse und Hotelmitarbeitern hält, ist noch ungewiss.

Renitente Spieler

Die ersten sind schon erwischt worden, als sie unerlaubten Kontakt hatten, weil sie sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite etwas zu essen holen wollten. Und einzelne Profis sind erst gar nicht angereist, darunter auch Bradley Beal, Star der Washington Wizards. Und Kyrie Irving, aktuell verletztes Aushängeschild der Brooklyn Nets, versuchte schon vor Wochen, seine Kollegen davon zu überzeugen, das NBA-Comeback zu boykottieren – und lieber die Gelegenheit zu nutzen, eine eigene Liga aufzumachen – ohne Erfolg.

Die Mehrzahl der Spieler ist bereits angekommen, der eine oder andere muss nach einem positiven Covid-19-Test nur erst einmal eine Quarantäne absitzen. Das aktuellste Corona-Opfer ist Russell Westbrook von den Houston Rockets, der gleich eine vorbildliche Stellungnahme twitterte: „Bitte nehmt dieses Virus ernst. Passt auf euch auf! Tragt eine Maske.“

Ebenfalls fehlen wird in der NBA-Blase Adrian Wojnarowski. Der wohl am besten informierte NBA-Reporter wurde von seinem Sender ESPN vorübergehend suspendiert. Der Grund war eine genau zwei Worte lange E-Mail: „Woj“, wie der Basketballexperte von Kollegen und NBA-Profis genannt wird, hatte US-Senator Josh Hawley ein herzhaftes „Fuck you!“ gewünscht.

Softe Polit-Slogans

Die E-Mail war eine Antwort auf eine Beschwerde des ultrakonservativen Trump-Jüngers Hawley darüber, dass ESPN nicht kritisch genug über die NBA berichte. Dem republikanischen Politiker ist neben den Geschäften der NBA in China vor allem ein Dorn im Auge, dass die Liga den Profis die Möglichkeit gibt, für die kommenden Spiele ihre Namen auf dem Trikot durch politische Botschaften zu ersetzen.

Die Liga hat zusammen mit der Spielergewerkschaft eine Liste mit 29 Slogans entwickelt, aus denen die Profis auswählen dürfen. Das reicht von „Black Lives Matter“, über „Peace“, „Equality“ oder „Freedom“ bis zu sehr speziellen Anliegen wie „Group Economics“ oder „Education Reform“. Nahezu 300 der ungefähr 350 Spieler in der Bubble haben sich einen Spruch ausgesucht.

Nicht fündig geworden in der Liste ist der größte Star der Liga. LeBron James, sonst nie schüchtern, wenn es darum geht, zu politischen und sozialen Themen Stellung zu beziehen, ließ wissen, er habe keinen Slogan gefunden, der „ernsthaft zu meiner Mission, meinen Zielen passt“. Vielleicht ist der Superstar ja beleidigt, weil er seinen Spitznamen „The King“ nicht aufs Trikot drucken lassen darf – während Aschenputtel sogar ein Schloss ihr Eigen nennen darf.

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