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Sexuelle ÜbergriffeOxfam entschuldigt sich bei Haiti

Die Hilfsorganisation bittet für die sexuelle Ausbeutung durch ihre Mitarbeiter offiziell um Entschuldigung. Theresa May stellt die Kooperation infrage.

Hat sich entschuldigt: Oxfams Regionaldirektor für Lateinamerika und die Karibik, Simon Ticehurst Foto: reuters

Port-au-Prince afp/dpa | Die britische Hilfsorganisation Oxfam hat sich offiziell bei Haiti für die sexuelle Ausbeutung durch ihre Mitarbeiter entschuldigt. Oxfams Regionaldirektor für Lateinamerika und die Karibik, Simon Ticehurst, sagte am Montag in Port-au-Prince, er sei an der Spitze einer Delegation nach Haiti gekommen, um einen Untersuchungsbericht vorzulegen „und der haitianischen Regierung und der haitianischen Bevölkerung unsere Scham und unsere Entschuldigungen auszudrücken“.

Ticehurst fügte hinzu, seine Organisation habe zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um interne Schutzstandards zu verbessern und ähnlichen Fehlentwicklungen vorzubeugen.

Mehr als zwei Stunden lang standen Oxfam-Vertreter dem Minister für Planung und externe Zusammenarbeit, Aviol Fleurant, Rede und Antwort. Fleurant sagte am Ende des von ihm einberufenen Treffens, bei Bedarf werde der Oxfam-Regionaldirektor erneut angehört. Inzwischen werde die Regierung die verschiedensten Berichte anfordern, um sich ein Bild zu machen. Die haitianische Regierung und die haitianische Justiz seien jedenfalls „niemals über die Verbrechen“ informiert worden.

Laut einem Bericht der Zeitung The Times hatten Oxfam-Mitarbeiter während eines Hilfseinsatzes nach dem Erdbeben 2010 in Haiti Orgien mit jungen Prostituierten gefeiert. Eine 2011 eingeleitete interne Untersuchung habe eine „Kultur der Straflosigkeit“ zutage gefördert. Der damalige Leiter von Oxfam in Haiti, Roland van Hauwermeiron, gab seinerzeit seinen Posten auf. Gegen ihn wurden keine Disziplinarmaßnahmen eingeleitet.

Entlassungen und Kündigungen

Oxfam entließ nach eigenen Angaben wegen des Skandals vier der beschuldigten Mitarbeiter, andere kamen ihrer Entlassung durch Kündigung zuvor. Außer den Sexorgien mit Prostituierten in Haiti und dem Tschad soll es bei Oxfam Fälle von Vergewaltigungen und versuchten Vergewaltigungen im Südsudan gegeben haben. Vergangene Woche trat Oxfam-Vizechefin Penny Lawrence zurück. Die Hilfsorganisation stellte inzwischen einen Aktionsplan vor, um sexuelle Belästigung und Missbrauch zu bekämpfen.

Doch das sind nicht die einzigen Konsequenzen. Die britische Premierministerin Theresa May zeigte sich am Montag entsetzt über das Ausmaß des Skandals. „Wir werden nicht mit jemandem zusammenarbeiten, der die hohen Standards nicht erfüllt, die wir für wichtig halten“, sagte May vor Journalisten. Zuvor hatte bereits die Ministerin für internationale Zusammenarbeit, Penny Mordaunt, damit gedroht, die mit britischem Steuergeld finanzierte Unterstützung für Oxfam – umgerechnet etwa 35 Millionen Euro pro Jahr – zu streichen.

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4 Kommentare

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  • ...das kommt davon, wenn man Vorwürfe versucht, unter den Tisch zu wischen. Jahrelang haben die Verantwortlichen davon gewusst und weggeschaut oder versucht, das Problem geräuschlos zu lösen. Aufklärung - Fehlanzeige. Solange so etwas möglich ist und niemand das öffentlich macht, ist die gesamte Arbeit angreifbar. Und die Gegenseite reibt sich die dreckigen Pfoten.

  • So einfach geht das!

    Oxfam sind die einzigen, die den Leuten vor Augen führen, für wen sie sich da seit Ewigkeiten gegenseitig umbringen und zu Sklaven machen. Oxfam schafft es diese Botschaft einmal im Jahr kurz auf den Schirm zu bringen, bevor sie wieder ganz, ganz schnell verdrängt wird.

    Es ist recht einfach, in eine so große Organisation ein paar Leute einzuschleusen, die dann den Ruf zerstören. So, wie die Medien hierbei mitspielen, ist es offensichtlich gesteuert.

    Genießt eure Rabatte* auf die "Austräger Sklaven" (davon kann man nicht einmal im Ansatz leben, weshalb man hier schon Flüchtlinge rekrutiert). Von mir gibt es schon lange nichts mehr, da ihr Teil des Problems und nicht Teil der Lösung seit. (Und nein, man möge mir jetzt nicht rechtsdrehenden Unsinn unterstellen. Die Fraktionen könnt ihr behalten.)

     

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    * "Raffgierige Zeitungsboten"

    "Wer bei Nacht und Eiseskälte Briefkästen vollstopft, verdient eine Abreibung, finden Union und SPD – und rüsten zum Rentenklau. Union und SPD wollen den Verlegern einen Großteil der Rentenbeiträge für minijobbende Zeitungszusteller erlassen. So steht es in ihrem Koalitionsvertrag ... (Rubikon-news oder FAZ)"

  • Jaja, die Hilfsorganisationen. Auch wenn viele Menschen immer noch glauben, mit "Entwicklungshilfe" wolle der Westen altruistisch den "unterentwickelten" hilfsbedürftigen Ländern helfen -in erster Linie helfen sich die Entwicklungshelfer selbst, einen gutbezahlten Job zu haben. Das betrifft nicht alle, aber viele Organisationen.

    • 9G
      98589 (Profil gelöscht)
      @Wu:

      Das betrifft auch Organisationen, in denen Ehrenamtliche arbeiten.

      Sie tun das aus Langeweile, fürs gute Ansehen durch die Nachbarn oder den Herrn Pastor.

      Es vieles nicht reine Menschenliebe sondern hat ganz persönliche, egoistische Gründe.