Selenski in den USA: Große Emotionen im Kapitol
Vor dem US-Kongress zieht der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski alle Register. Sein Ziel? Andauernde Unterstützung.
Immer wieder flammte in den Reihen Applaus auf. Der Ukrainer betonte die historische Bedeutung des Verteidigungskampfes für die Demokratie. Er machte aber deutlich, dass es für einen Sieg seines Landes weitere schwere Waffen brauche.
Die USA sind der wichtigste Verbündete der Ukraine bei der Verteidigung gegen Moskau. Seit dem Amtsantritt von US-Präsident Joe Biden hat die US-Regierung Kyjiw Militärhilfe in Höhe von knapp 22 Milliarden US-Dollar bereitgestellt. Es verwunderte daher nicht, dass Selenski sich für seine erste Auslandsreise seit Beginn des Krieges Washington ausgesucht hat. Biden nutzte das Treffen, um Kyjiw die Lieferung des Patriot-Flugabwehrsystems zuzusagen. Das Luftverteidigungssystem dürfte Russlands Angriffe mit Raketen und Drohnen auf die zivile Infrastruktur in der Ukraine erschweren.
Biden wies bei der Pressekonferenz russische Vorwürfe zurück, die Lieferung des Patriot-Systems stelle eine Verschärfung des Krieges dar. „Es ist ein defensives Waffensystem. Das ist nicht eskalierend, es ist defensiv.“ Kreml-Sprecher Dmitri Peskow hatte zuvor über das US-Luftabwehrsystem gesagt: „All dies führt sicherlich zu einer Verschärfung des Konflikts und verheißt nichts Gutes für die Ukraine.“
„Ukrainischer Mut und amerikanische Entschlossenheit“
Der ukrainische Präsident betonte in seiner auf englisch gehaltenen Rede vor den Demokraten und Republikanern im Kongress, dass die Militärhilfe nicht abreißen dürfe. „Die Ukraine hat die amerikanischen Soldaten nie gebeten, an unserer Stelle auf unserem Land zu kämpfen. Ich versichere Ihnen, dass ukrainische Soldaten amerikanische Panzer und Flugzeuge perfekt selbst bedienen können“, sagte er.
Aber die bislang gelieferte Artillerie reiche nicht aus. „Ihr Geld ist keine Wohltätigkeit, es ist eine Investition in die globale Sicherheit und Demokratie, mit der wir auf höchst verantwortungsvolle Weise umgehen“, versicherte er. Die Republikaner hatten zuletzt angedeutet, bei den Ukraine-Hilfen auf die Bremse treten zu wollen.
Selenski machte klar, dass es bei dem Krieg gegen die Ukraine nicht nur um das Schicksal der Ukrainer gehe. „Der Kampf wird definieren, in welcher Welt, unsere Kinder und Enkelkinder leben werden, und dann ihre Kinder und Enkelkinder“, warnte er. Ein russischer Angriff gegen Verbündete sei nur eine Frage der Zeit. Die Welt sei zu sehr vernetzt, als dass sich irgendjemand sicher fühlen könne, wenn der russische Angriff weiterginge. „Ukrainischer Mut und amerikanische Entschlossenheit“ müssten die Zukunft der Freiheit garantieren.
Der ukrainische Präsident fand in seiner Rede immer wieder eindringliche Worte und betonte das Durchhaltevermögen seiner Landsleute. Die Ukrainer hätten keine Angst – und niemand auf der Welt sollte sie haben, sagte er. „Sie haben viel mehr Raketen und Flugzeuge als wir je hatten, das stimmt, aber unsere Verteidigungskräfte stehen.“ Die Ukraine werde niemals kapitulieren.
Auch im Weißen Haus war der 44-Jährige vor seinem Auftritt im Kongress feierlich empfangen worden. Biden und seine Ehefrau Jill begrüßten Selenski mit rotem Teppich vor dem Weißen Haus. Biden und sein Kollege sprachen anschließend rund zwei Stunden im Oval Office miteinander. Der US-Präsident machte weitere finanzielle, militärische und humanitäre Hilfszusagen und sicherte Selenski den größtmöglichen Beistand der USA zu, „solange es nötig ist“.
Symbolische Geschenke an Biden und Pelosi
Auch wenn die Zusage für die Patriot-Batterie wohl das größte Geschenk für den Ukrainer bei seiner US-Reise gewesen sein dürfte, wurden noch weitere Präsente verteilt. Selenski gab Biden als Dank für die Unterstützung der USA die Medaille eines ukrainischen Soldaten. „Unverdient, aber sehr geschätzt“, sagte Biden. Er revanchierte sich laut dem Weißen Haus ebenfalls mit zwei Medaillen – eine für den ukrainischen Soldaten und eine für Selenski.
Im US-Kongress übergab die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, Selenski eine US-Flagge, die auf dem Kapitol in Washington geweht hatte. Auch Selenski kam nicht mit leeren Händen: Er überreichte Pelosi eine Flagge aus der ostukrainischen Frontstadt Bachmut, die er noch am Vortag besucht hatte.
Selenski schlug in Washington einen globalen Friedensgipfel vor, bei dem es um die Wiederherstellung der territorialen Unversehrtheit der Ukraine und die internationale Ordnung gehen müsse. Bis zu einer Friedenslösung diene jeder Dollar an US-Hilfe für die Ukraine auch der globalen Sicherheit. Biden machte deutlich, dass die Ukraine mit Hilfe der USA in Friedensverhandlungen erfolgreich sein könne, weil sie auf dem Schlachtfeld gewinnen werde. Bei der Entscheidung über den Zeitpunkt solcher Gespräche werde er Selenski freie Hand lassen.
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