Seiten entfernen auf Facebook: Die Reste der HoGeSa
Von HoGeSa ist auf Facebook nur wenig übrig. Die meisten Seiten wurden gelöscht. Eine Seltenheit – denn zu oft lässt das Netzwerk hetzerische Inhalte stehen.
Wenn eine Seite „nicht auf Facebook sein sollte“, kann man sie dem sozialen Netzwerk melden. Auf Facebook mobilisieren Aktivisten zum kollektiven Anzeigen von Seiten der Hooligans gegen Salafisten (HoGeSa) und erreichten so, dass fast sämtliche Seiten und Veranstaltungen aus dem sozialen Netzwerk entfernt wurden. Doch auch die Rechten schafften es, genug Klicks zusammenzubekommen, um die gegnerische „No HogeSa“ auf Facebook verschwinden zu lassen.
Zum Löschen ist also vor allem nötig, eine hohe Anzahl an Meldungen zu generieren. Denn von sich aus sieht Facebook selten Anlass, Seiten zu entfernen, auch wenn diese inhaltlich den „Gemeinschaftsstandards“ des sozialen Netzwerks widersprechen.
Anders beim Kampf gegen den Rechten und Linken um HoGeSa auf Facebook: Fast stündlich wurden nach der Demo in Köln neue HoGeSa-Seiten in den verschiedensten Rechtschreibvariationen erstellt – und wieder gelöscht. Nach dem Meldungskampf ist momentan noch eine Seite namens „Ho Ge Sa“ übrig, die nicht über die öffentliche Suche zu finden ist und deshalb auch nur 192 „Gefällt mir“ hat.
Die Veranstaltung für die „Ho.Ge.Sa“-Demo in Hannover wurde von „Heimatliebe ist kein Verbrechen“ erstellt, deren erste Facebook-Seite ebenfalls schon gelöscht wurde. „Heimatliebe ist kein Verbrechen“ baut sich nun eine neue Fanpage auf. Daneben gibt es noch zwei auf Facebook aktive Fahrgemeinschaftsgruppen – öffentlich und nicht öffentlicht. Dort regten sich die Rechten über den Bahnstreik während der Demo in Köln auf und wüten nun gegen antifaschistische Seiten.
Das große Jammern
Um auf ihre neue Seiten hinzuweisen oder sich über „Zensur“ zu beschweren, weichen einige Rechte auf alternative Netzwerke aus. Nazis gibt es überall: bei Youtube, auf Tumblr und im russischen VKontakte – „Dort werden öfter mal Videos veröffenlicht, die auf Facebook nicht so erwünscht sind“, schreibt der User „Mut zur Wahrheit“ auf Facebook. Bei Twitter klingt das große Jammern so:
@HoGeSa_Info: „Facebook sperre Beitraege geloescht !! #JetztErstRecht #Facebook #HoGeSa #WutBürger #Meinungsfreiheit #Grundgesetz“
@Fresse_Presse: „Skandal Facebook löscht Einladung zur Petition 'Sofortige Abschiebung ausländischer Salafisten / Islamisten'“
@Einzelfallbearb: „WARNUNG! NICHT AUF FACEBOOK POSTEN! #Petition Sofortige Abschiebung ausländischer Salafisten / Islamisten“
@AllahPoperzia: „Marokkanisches Unternehmen übernimmt gemeldete Inhalte bei Facebook, deswegen wird auch keine Hass-Islam-Hetze und Kopf-ab-Bilder gelöscht.“
Auch bei Twitter kann man so einiges melden, was eventuell gegen die Richtlinien des Kurznachrichtendienstes verstößt: Spam, pornografische Bilder, Kreditkarteninformationen, private Telefonnummern, gefälschte Waren, gegen das Urheberrecht verstoßende Fotos. Volksverhetzende und zu Straftaten aufrufende Tweets gehen jedoch durch. Und verbotene Symbole sowieso.
Zwar kann man diese anzeigen, gelöscht werden diese jedoch nicht. Wenn überhaupt, werden sie nur dem spezifischen Land „vorenthalten“, wie Twitter es nennt. Mit einer ausländischen IP-Adresse bleiben Tweets und Accounts jedoch weiterhin sichtbar.
„Facebook, Instagram und Twitter wenden sich alle an den deutschen Markt, deshalb ist deutsches Recht gegenüber den Internetkonzernen in der Regel anwendbar“, sagt Rechtsanwältin Nina Diercks, die den Social Media Recht Blog betreibt. Auch das deutsche Datenschutzrecht sei anwendbar, wenn die Konzerne eine Niederlassung in Deutschland haben.
Beim Hakenkreuzen sieht es dagegen anders aus: Diese fallen als verbotenes Symbol und Volksverhetzung unters Strafgesetzbuch – und dieses sei personenbezogen, sagt Diercks. Die Nutzer verwirkliche das Hakenkreuz, nicht das Unternehmen. „Insoweit wäre eine Bestrafung des Unternehmens, dessen Kunden die Straftaten begehen, ja auch nicht wirklich sachgerecht“.
Oft kein Richtlinienverstoß
So wendet das amerikanische Unternehmen Facebook vor allem seine eigenen Moralvorstellungen an. Dashalb werden pornografische Inhalte zeitnah gelöscht, gewaltverherrlichende Videos dagegen bleiben in der Timeline. Auch die Seite „Steinbruch statt Asylheim“ verstieß nicht gegen Facebooks Standards: „Danke, dass du dir die Zeit nimmst, etwas zu melden, was eventuell gegen unsere Gemeinschaftsstandards verstößt“, antwortet Facebook auf die Meldungen wegen hetzerischen Posts gegen Flüchtlinge. Einen Grund zur Löschung sah Facebook jedoch nicht.
Inzwischen haben die Betreiber der Seite diese selbst heruntergenommen. Bis dahin stellte Facebook jedoch keinen Richtlinienverstoß fest: „Wir haben die von dir wegen Hassbotschaften oder -symbole gemeldete Seite geprüft und festgestellt, dass sie nicht gegen unsere Gemeinschaftsstandards verstößt“.
Die „Gemeinschaftsstandards“ von Facebook betonen zwar, dass es verboten sei, Personen oder Gruppen „aufgrund ihrer Rasse, Volkszugehörigkeit, nationalen Herkunft, Religion, sexuellen Orientierung, Behinderung, ihres Gesundheitszustands oder Geschlechts anzugreifen“, doch der Spielraum ist groß, denn: „Facebook erlaubt keine Hassbotschaften, unterscheidet allerdings zwischen ernsthaften und humorvollen Botschaften“, heißt es weiter.
Doch wie humorvoll ist ein Satz wie „Nach Deutschland billigt jetzt auch Österreich Kindesvergewaltigungen in orientalischen Migrantenfamilien“? Der findet sich auf der Seite „Deutschland gegen Kindesmissbrauch“ mit über 41.000 Likes.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Paragraf 218 im Rechtsausschuss
CDU gegen Selbstbestimmung von Frauen
Greenpeace-Vorschlag
Milliardärssteuer für den Klimaschutz
Abschiebungen syrischer Geflüchteter
Autokorsos und Abschiebefantasien
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Syrische Geflüchtete in Deutschland
Asylrecht und Ordnungsrufe
Nach dem Sturz von Assad in Syrien
Türkei verkündet Erfolg gegen syrische Kurden