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Seifenhersteller Lush als ArbeitgeberIn der Wanne heimlich weinen

Lush ist einer der Marktführer für teure Kosmetik mit Feelgood-Faktor. Tiere sollen nicht leiden, Bauern nicht ausgebeutet werden. Und das Personal?

Die Firma Lush steht für Genuss und Müßiggang – das Personal kann davon nur träumen Foto: Unsplash/Thomas Despeyroux

„Sei du selbst! Hauptsache, du hast eine schwarze Hose und ein schwarzes oder weißes Oberteil an.“

Sagt Ulrike, die Filialleiterin.

„Alles klar!“

Sage ich, der Bewerber.

Wir sitzen in Ulrikes Büro hinter dem Verkaufsraum, es ist um die anderthalb Quadratmeter groß. Nebenan, wenig größer, ein Lager für Cremetöpfe, das gleichzeitig Garderoben- und Pausenraum ist.

Das ist hinten.

Vorne dagegen wartet eine großzügige Welt aus Duftwolken, wo freudestrahlende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Kunden umschwärmen. „Lush“ heißt die Kosmetikkette, bei der ich mich als Verkäufer beworben habe. Lush, wie opulent oder reichhaltig. Happy people arbeiten hier, Happy soap machen sie. Und sind überhaupt immer happy. Davon überzeugen kann sich jeder, der auch nur einen Fuß in einen der Shops setzt. 40 davon gibt es in Deutschlands Innenstädten. Lush wirbt mit heilem Ökokapitalismus: vegan, frisch, handgemacht, ethisch. Viel Fairtrade, wenig Palmöl. Gute Laune. Da will ich arbeiten.

Ulrikes Kollegin Susanne reibt mir den Arm mit Peeling ein. „Ist das nicht angenehm?“ Demo heißt das hier, der Erfolgsfaktor bei Lush.

„Was ist, wenn die Kunden das nicht wollen?“ „Die allermeisten lassen das gerne mit sich machen.“

Mindestens fünf Demos soll jeder Kunde sehen und spüren. Fünf Mal den Arm eingerieben bekommen; die Hand mit Lotion massiert; den Kopf über ein Blubberbecken gehalten. Sonst begreift er womöglich nicht, warum er 20 Euro für eine Flasche Duschgel ausgeben soll oder 60 Euro für eine Gesichtscreme. „Wir haben diese englische Herangehensweise“ meint wieder Ulrike: „Wir fragen den Kunden nicht bloß einmal.“ Nur auf der Straße, von WWF- oder Amnesty-Spendensammlern, wird man so offensiv angesprochen wie hier. Sie selbst habe als einfache Verkäuferin angefangen, erzählt Ulrike. Und sich angestrengt.

Übrigens bekomme ich den Job.

An meinem ersten Tag verführe ich Kinder, möglichst viele „Badebomben“ in den Korb ihrer Eltern zu legen (immer einen Korb unterjubeln, das bringt 20 Prozent mehr Verkäufe!). „Da ist ein kleiner Dino drin“, sage ich und drücke sie ihnen in die Hand oder lasse sie ins warme Testbecken gleiten. Die Kinder lächeln verschmitzt. 10,95 Euro weg – für einmal buntes Badewasser.

Ich lerne meine Kolleginnen kennen: Alle sind Frauen, alle sind unter 25, alle sehen deutlich jünger aus. Und: happy. Manche von ihnen wirken geradezu dankbar, hier arbeiten zu dürfen. Deshalb tanzen sie wohl so oft und energisch zu der Musik, die durch den Laden schallt. Loud and proud heißt das bei Lush. „Supersüß seid ihr“, ruft Susanne. Dann führt sie mich durch den Laden. Ungefähr alles, was sie mir zeigt, ist ihr „absolutes Lieblingsprodukt“ und „Oh mein Gott, ich liebe es!“

„Wer nicht diese aufdringliche Mentalität hatte, wurde rausgedrängt“, berichtet Jana. Jana hat drei Jahre lang bei Lush gearbeitet. „Oder bei wem die Chefin den Eindruck hatte, er verkauft nicht genug.“ Die Arbeitsverträge seien oft auf ein halbes Jahr befristet gewesen – und im Zweifel nicht verlängert worden. „Das wurde dann ganz subtil gesagt. Nicht: Du verkaufst zu schlecht. Sondern: Du passt nicht zu uns. Ich hatte ständig Angst: Bin ich gut genug?“

Das bestätigen weitere ehemalige Mitarbeiterinnen derselben Filiale, deren Namen wir hier nicht nennen wollen, weil die Personen berufliche Konsequenzen befürchten. Ebenso wenig nennen wir die deutsche Stadt, in der die Filiale steht. Denn es soll um die Marke und das Prinzip Lush gehen und nicht um Einzelne, die dort mal kürzer oder auch länger gearbeitet haben.

Natascha war fünf Jahre bei Lush.

„Du lässt sie nicht los, bis sie was kaufen“, habe ihre Chefin oft gesagt. Zu Weihnachten sollte sie Kunden eine Geschenkpackung für 80 Euro vorstellen und eine für 10, danach sagen: „Größer ist immer besser!“ Und, falls der Kunde doch die kleine Packung will, fragen: „Ach, deine Freundin ist nur 10 Euro wert?“ Für einen Stundenlohn von etwas über 10 Euro müssen Lush-Verkäufer nicht nur aufräumen, kassieren, beraten – sondern permanent performen.

Es wird grundsätzlich jeder geduzt, erklärt mir Susanne. In ein Gespräch verwickelt. Und mit Komplimenten überhäuft – „aber ehrlich gemeinte“.

Manchmal noch mehr.

In ihrer Zeit bei Lush bekam sie einen Hörsturz, Panikattacken und schlechte Haut. Wie lange bin ich noch gesund?

Der sogenannte Hutschachteltrick taucht schon in einem Zeit-Artikel von 2010 auf: Mitarbeiterinnen würden angehalten, sich die Produkte vor die Brüste zu halten. Natascha bestätigt: Er kommt immer noch zum Einsatz. „Es wurde nie explizit gesagt, warum“, erinnert sich Jana. „Aber uns wurde immer nahegelegt, bei Männern doch näher ranzugehen, die Produkte auf einer gewissen Körperhöhe zu zeigen. Da habe ich schon gedacht: Soll ich mich hier prostituieren?“

„Was bringt es“, fragt Natascha, „Bauern und Tiere fair zu behandeln und die eigenen Mitarbeiter zu quälen?“ Sie redet schnell und viel, wie ein guter Lush-Mitarbeiter. Nur die Happiness ist weg. In ihrer Zeit bei Lush erlitt sie einen Hörsturz, sagt sie, bekam Panikattacken und schlechte Haut, Pickel, und das inmitten von Gels und Cremes. Ihre erste Chefin sei nach ihrer Entlassung ein Jahr arbeitsunfähig gewesen. Kollegin Anastasia bekam Migräneanfälle, Jana schwere Depressionen.

Wie lange bin ich noch gesund?

***

„Ich habe eine Aufgabe für euch“, sagt Ulrike. Die andere Neue und ich sollen fünf Produkte aussuchen. „Die kriegt ihr geschenkt. Nehmt sie mit nach Hause, probiert sie aus, findet was über die Zutaten raus. Und bereitet euch bis nächste Woche darauf vor, die Kunden mindestens fünf Minuten am Stück damit volltexten zu können.“

„Ist das Arbeitszeit?“

Das Lächeln verschwindet. „Das ist ein Angebot, das wir euch machen. Wenn du sagst, du möchtest dich gerne hier vorbereiten“, sie zeigt auf das Pausenraum-Kabuff, „dann kannst du das natürlich auch tun.“ „Nein, nein, ist schon okay. Ich wollte ja nur fragen.“

Eine halbe Stunde später ist sie wieder superfreundlich. So wie alle hier.

Die „Badebomben“ folgen mir in meine Träume. Ich zähle acht neue Pickel in meinem Gesicht.

Mit jeder neuen Shopmanagerin sei es schlimmer geworden, erinnert sich Natascha. „Leute wurden vor dem Team fertiggemacht, wenn es schlecht lief. Fast alle haben irgendwann mal geweint.“ „Überleg dir, ob das der richtige Job für dich ist“, habe es dann geheißen. Mit „arbeitsrechtlichen Konsequenzen“ sei gedroht worden. Oder mit „Candyshoppern“: verdeckten Kontrolleinkäufern. „Jedes Quartal komme einer vorbei, wurde uns gesagt.“

Nicht nur unter den Mitarbeitenden herrscht Wettbewerb, auch zwischen den Filialen: Je mehr Bewertungspunkte sie erhalten und je mehr Umsatz sie generieren, mit desto mehr Waren aus der Produktpalette werden sie beliefert, können sie also überhaupt verkaufen. Die besten nennen sich stolz „Top-Shops“ und schicken ihre Mitarbeiter auf Firmenkosten zu Ausflügen; die schlechtesten müssen sparen.

„Wir wurden angemotzt, wenn wir zu oft aufs Klo gegangen sind“, sagt Natascha. „Wir haben Mails nach Berlin geschrieben, aber das hat nie etwas gebracht. Ein einziges Mal ist etwas passiert.“ In einer Frühschicht hatte eine schwangere Kollegin die Gesichtsmasken im Mitarbeiterraum noch nicht weggeräumt. „Sie hat gerade im Kühlschrank etwas nachgeguckt, da hat ihr die Chefin die Kühlschranktür mit voller Wucht gegen den Kopf geknallt.“ Danach sei diese endlich entlassen worden.

Muss man erst handgreiflich werden, um als Filialleiter bei Lush Deutschland rauszufliegen?

Nein – es reicht, die Führungsebene all zu offen zu kritisieren. Alexander Tsiaoussis leitete bis 2010 die Stuttgarter Filiale. Tsiaoussis ist skeptisch, fragt: Ob ich wirklich Journalist sei? Und erzählt, ein angeblicher Journalist habe mal bei ihm angerufen. „Er hat Details angesprochen, die damals der Presse noch gar nicht bekannt waren.“ Er glaubt: „Lush wollte mich aushorchen, da ich ja Kontakt zu anderen kritischen Mitarbeitern hatte.“

Tsiaoussis berichtet, er sei als Filialleiter angehalten gewesen, die Verträge von Mitarbeiterinnen nicht zu verlängern, wenn sie sich weigerten, den „Hutschachteltrick“ anzuwenden. Neun Seiten lang ist ein Brief, den er an die englische Unternehmensleitung geschrieben hat. Sogar von „Diskriminierung gegen Homosexuelle“ ist darin die Rede. „Ob er immer genug Kondome dabei hätte“, sei ein Kollege von der Personalmanagerin gefragt worden. Die Antwort von Lush-Direktor Karl Bygrave auf die Beschwerden: „Wir verstehen, dass wir nicht zu jedem passen.“

***

„Heeeyyy“, höre ich mich rufen. „Danke, wir würden gerne erst mal in Ruhe schauen.“ „Kennt ihr schon unser neues Karotten-Duschöl Carrot? Da ist wirklich Karottenöl drin! Riecht doch mal!“ „Danke, wir wollen nur schauen.“ Oder auch: „Ich riech’ gar nichts. Aber nett von Ihnen.“

Seit heute Morgen ist jemand von der Zentrale da, um Ulrike zu überwachen. Ulrike ist erst seit Kurzem Shopmanagerin; ihre Vorgängerin sei nach nur drei Monaten entlassen worden, erzählt sie mir in einer vertrauensseligen Minute. Die soll Kunden angebaggert und bei Beschwerden Onlinekommentare gefälscht haben. Außerdem habe sie fast allen früheren Kollegen gekündigt oder durch permanente Demütigungen zum Kündigen gebracht. „Aber eigentlich waren alle Managerinnen schlimm in den drei Jahren, seitdem ich hier arbeite.“

7.000 Euro Umsatz soll der Laden heute machen, und jeder Kunde, der etwas kauft, im Durchschnitt 23 Euro ausgeben: So lautet das Target. Jeden Tag neu steht es gut sichtbar auf einer Tafel im Pausenraum; daneben, stündlich aktualisiert, die tatsächliche Zahl. Überschreiten die Verkäufe das Monatsziel, geht der Rest als Bonus an die Mitarbeiter – meiner Gehaltsabrechnung werde ich später entnehmen, dass das tatsächlich einmal vorgekommen ist. Gerade sind allerdings nur knapp 2.000 Euro notiert, und es ist schon nach drei. Be happy, steht da außerdem, be nice, und smile. Von innen an die Tür zum Laden gepinnt, hängen einige Kassenzettel. 100 Euro, 200, einmal fast 700 stehen darauf: #team.

Susanne kommt lächelnd zu mir und sagt: „Wenn wir es heute schaffen wollen, muss jeder von euch etwa 70 bis 80 Euro pro Stunde einnehmen!“ Sie ist schon wieder weg, bevor ich fragen kann, warum unter den Inhaltsstoffen nirgendwo das Wort „Karotte“ auftaucht.

Am Ende des Tages habe ich – das war meine persönliche Challenge – so viele Gratisproben abgefüllt, dass eine Flasche davon leer geworden ist. Dafür bekomme ich eine große Flasche Duschgel geschenkt. Susanne nennt mich nun nicht mehr nur „Schatz“, sondern auch „Maus“. Ich plane meine Karriere. Und ahne: Das geht nur mit dem Selling Cycle.

An meinem dritten Tag wurde mir das Dokument ausgehändigt, in dem die Catchphrases stehen. Catch, und zwar wortwörtlich: Fragen zum Einfangen. Was findest du an deiner Haut toll? Wie stellst du dir deinen perfekten Wellnessabend zu Hause vor? Gib mir einfach deinen Arm, ich zeige es dir, das macht viel mehr Spaß! Immer positiv formulieren. Immer gut eincremen.

Jana berichtet von Mitarbeiterschulungen, die „Sektenversammlungen“ glichen. „Dort wird man indoktriniert. Da stehen Leute, die sind zu hundert Prozent überzeugt von Lush, vom ‚Lush Life‘, von den ‚Lush-Werten‘. Sie sind fröhlich und sagen: Wir sind eine große Familie. Es ist schwer, sich nicht mitreißen zu lassen.“

In einer Familie bleibt nichts geheim. Als sie Supervisor wurde, habe die Chefin ihr oft persönliche Fragen nach einzelnen Mitarbeitern gestellt. Schon vor zehn Jahren sagte Alexander Tsiaoussis, das Lush-Forum werde auf kritische Beiträge überwacht und einzelne Kollegen erhielten „Privilegien“, wenn sie im Auftrag der Zentrale spionierten.

Umgekehrt habe sie Angst gehabt, auch selbst überwacht zu werden, meint Jana. „Nach einem Managermeeting meinte die Chefin, dort hätten ihr ‚Candyshopper‘ berichtet, wir führten Privatgespräche und würden laut über Kündigung nachdenken. Da wurde ich richtig paranoid.“

„Ich wusste zum Schluss nie, ob das gerade die Wahrheit ist, was meine Managerin sagt“, sagt Anastasia. „Einmal hat sie zum Beispiel erklärt, ich müsse heute das Geld nicht zur Bank bringen. Dabei stimmte das nicht. Ich habe dann direkt Ärger von oben bekommen, natürlich.“

Als sie geht, soll Anastasia eine Erklärung unterschreiben. „Mir wurde gesagt, dass ich dadurch meinen Resturlaub von mehreren Wochen ausgezahlt bekäme.“ Es stellt sich heraus, dass sie darauf unbezahlt verzichtet. „Das war natürlich auch meine Schuld, aber ich hätte meiner Chefin einfach nicht vertrauen dürfen.“ Auch diese Taktik kennt Alexander Tsiaoussis noch.

***

Die Fassade stimmt: auch das wie in einer guten Familie. „Es sind viele Kunden gekommen, die dachten, Lush sei Naturkosmetik“, sagt Jana. „Das ist offenbar dieser Eindruck, der entsteht, wenn Lush so gerne Worte wie ‚frische Zutaten‘ verwendet. Aber Lush tut auch nicht viel dafür, um diesen Schluss zu unterbinden.“

Was wäre überhaupt die Alternative zu „frischen Zutaten“? Verfaulte? Wie passt ein üppiges Lush Life mit Ressourcenschonung zusammen? Wie umweltfreundlich ist es, seine Kunden zu ständigen Vollbädern zu animieren?

Anruf beim BDIH, einem Verband von Kosmetik- und Reformwarenunternehmen.

Der BDHI vergibt Labels für Naturkosmetik. Warum fällt eine Firma, die so grün wirkt wie Lush, nicht in seinen Zuständigkeitsbereich? „Viele ihrer Produkte enthalten Stoffe auf Erdölbasis“, sagt Pressesprecher Harald Dittmar. Für ihn fällt Lush in die Kategorie: „naturnahe Kosmetik“.

„Was mich stört, ist die Aufmachung. Da werden objektiv wahre Aussagen getroffen, die in ihrer Gesamtheit aber einen Eindruck vermitteln, der den Verbraucher leicht zu falschen Schlüssen führen kann.“

Zwar werden alle Inhaltsstoffe auf den Verpackungen aufgelistet – aber nur die „natürlichen“ angepriesen. Schließlich klingen „fair gehandelter Honig“, „Brombeerpüree“ oder „frische Kiwi“ doch viel schöner als „CI 45410“ oder „Sodium Lauryl Sulfat“. Viele der reichlich verwendeten ätherischen Öle und Duftstoffe wie Ylang-Ylang oder Eichenmoos könnten überdies Allergien erzeugen, sagt Julia Welzel, Professorin für Allergologie und Dermatologie am Uniklinikum Augsburg. „Und bei Zitrusölen, zum Beispiel Bergamotteöl, besteht die Gefahr einer fototoxischen Reaktion – also Sonnenbrand.“ Die Zeitschrift Öko-Test fand in drei von sechs getesteten Lush-Produkten allergieerzeugende Stoffe.

Länger schon steht Lush außerdem in der Kritik, weil es damit wirbt, sich gegen Tierversuche zu engagieren – obwohl es in der EU längst verboten ist, Kosmetika zu verkaufen, die an Tieren getestet wurden. Schon seit 2013. Das weiß nur kaum jemand.

Lush hat kein Werbebudget, sondern erregt (wiederum wie Amnesty oder der WWF) Aufmerksamkeit über Kampagnen und Aktionen. Am „Go Naked Day“ sollten 2008 etwa Mitarbeiter in verschiedenen Schweizer und deutschen Städten nackt zur Arbeit erscheinen, um für die unverpackten Produkte zu werben – und waren verwundert, als die Polizei das unterband. Die Unternehmensleitung hatte ihnen zuvor versichert, es sei unproblematisch. Und 2012 unterzog sich die Performancekünstlerin Jacqueline Traide in einem britischen Lush-Shop live einem „Tierversuch“.

Vor allem aber bewerben die Kunden die Produkte über Mundpropaganda und soziale Netzwerke, so das Kalkül. Dafür müssen auch sie Körpereinsatz zeigen, wie die australische Lush-Managerin Natasha Ritz im Business-Podcast „The CMO Show“ erläutert: „Die Leute machen gerne Bilder von unseren Produkten in der Dusche. Wir bekommen viele nackte Hintern geteilt“. So könne Lush „in Wichtigeres investieren, wie unsere Zutaten und unsere Lieferkette und dorthin, woher wir die Dinge beziehen. Und in unsere Leute.“

Nach anderthalb Wochen bei Lush – ich habe mittlerweile wahrscheinlich Badezusatz im Wert von 1.000 Euro unter die Leute gebracht – beschließe ich, dass es reicht und kündige. Oder in Lush-Werbetext-Sprache: Manchmal musst du dich einfach für einen kurzen Augenblick vor der Welt verstecken – und das funktioniert am besten unter einer Decke aus fruchtigem Schaum, der deinen Geist sanft in ruhige Gewässer bettet.

Wenige Wochen später treffe ich zufällig auf dem Campus eine meiner ehemaligen Kolleginnen. Nun sei auch Ulrike entlassen worden, berichtet sie: nach insgesamt nur zwei Monaten als Filialleiterin. Sie sei „zu rebellisch“ gewesen.

In Düsseldorf steht seit 2016 die erste deutsche Lush-Fabrik. Wegen des Brexits hat die Firma Mitarbeitern angeboten, nach Deutschland zu wechseln. Die Produktion in dem Werk könnte, je nach Ausgang, noch deutlich zunehmen.

Anmerkung: Auch alle Namen der Mitarbeiter*innen der Lush-Filiale, in der der Autor gearbeitet hat, wurden geändert.

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19 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Schockierend. Man muss aber nur einmal in Duftweite dieser Geschäfte kommen, um zu wissen, dass da nicht bio drin sein kann. Auch optisch verraten die Produkte, dass alles mit Farbstoffen gepimpt ist. Und wenn ich "Glitzer" höre/sehe, kann da von Nachhaltigkeit auch keine Spur drinstecken.

  • Na ja, ich hab den Horror selbst erlebt. Intern geht es grauenhaft zu. Da hat sich die letzten 10 Jahre nichts geändert. Wer den Mund aufmacht bzw. das System durchschaut, macht sich unbeliebt und fliegt raus. Das "Retail-Team",also das Retail-Management war zu meiner Zeit auch als "Kündigungsteam" bekannt. Da kann keiner mitreden, der nicht selbst für die Firma gearbeitet hat. LUSHIE_ könnte sehr wohl aus dem Management sein. Erinnert mich alles an die Leute, die im LUSH Forum agieren, wenn negative Kritik geäußert wird.

  • @ Lushie: Du behauptest, ein Mitarbeiter in einer Filiale zu sein? Ist es nicht eher so, dass du aus dem Management kommst und daher hier schreibst? Leider hast du aber auch einiges übersehen. Klar ist auch Lush eine Firma, die Gewinn erzielen muss. Aber überlege einmal - jeder Mensch, also auch ein Mitarbeiter von Lush, kann mal einen schlechten Tag haben, und dann ist es eben schwer, ständig zu grinsen. Und weil manche Dinge auch bei anderen Firmen gemacht werden, wie Mobbing oder schlechte Löhne, so muss es doch noch längst nicht richtig sein. Und wenn Lush es auch so macht, dann ist es sehr wohl auch ein Lush-Problem. Zudem scheinen die Oberen auch nicht drüber nachzudenken, ob die hohe Fluktiation bei den Mitarbeitern nicht vielleicht ein Zeichen ist, dass am System was nicht stimmt. Oft schaffen es aber die "Oberen" gar nicht mehr, darüber nachzudenken, ob etwas nicht stimmt, weil sie denken, der Erfolg der Firma gibt ihnen Recht. Womit sie den Erfolg aber erkaufen, das ist für sie weit weg. Das ist heute vielfach das Problem bei Firmen - sie merken gar nicht, wie problematisch ihre Firmenphilosophie z. B. für Mitarbeiter usw. ist. Sie sitzen in ihrem Elfenbeinturm und denken, alles ist ok. So offenbar auch bei Lush.

    • @JosefD:

      nein, kein Mitglied im Management... ich bin ganz regulär im Verkauf angestellt... aber manche Leute stehen ihrem Arbeitgeber halt positiv gegenüber... ich sage ja nicht, dass alles perfekt ist, sicher hat der Konzern an sich auch seine Mängel... aber gerade meine Kolleg*innen und die Arbeitsatmosphäre sowie der Spaß an den Produkten machen den Job sehr angenehm für mich, daher wollte ich nur anmerken, dass es auch anders geht, als vom Autor beschrieben...



      natürlich darf man mal schlecht drauf sein oder einen schlechten Tag haben; ich glaube auch nicht, dass deshalb Mitarbeiter gekündigt werden...



      des Weiteren habe ich mich vielleicht nicht unmissverständlich ausgedrückt; mit "kein Lush-Problem" meinte ich "kein exklusives Lush-Problem". Dass Mobbing vorkommt und/oder Filialleitungen ihre "Macht" ausnutzen ist, wie gesagt, scheiße... aber das kann die Geschäftsleitung nur bedingt beeinflussen. Klar kann sie die entsprechende Person austauschen (wie ja in dem beschriebenen Fall wohl auch relativ häufig in kurzer Zeit geschehen ist), aber es gibt keine Garantie, dass der/die Nächste nicht genauso drauf ist

  • Solche Art Einzelhandel geht heutzutage nur noch über verschärfte Ausbeutung. Alle wirklich wesentlichen Produkte gibt es über die ganz großen Vertriebssysteme, also Aldi, Lidl, Edeka, Rewe. Ich denke, auch die zeit der Drogeriemärkte wie dm und Konsorten läuft auch schon im Countdown.



    Und das ist noch nicht einmal ein Problem. Wir müssen diese Großkonzerne nur vergesellschaften.

  • Was manche denken zu wissen und die Artikel nicht bis zum Ende lesen.. von Öko ist in der Firma null zu sehen.. und die Antworten von den firmenprotagonisten haben wohl Pluspunkte gebracht.. Leider ist wohl nicht nur Lush so. Wer verkaufen will, Wachstum ... muss halt was tun(Kapitalismus pur). Mittlerweile beobachte ich auch einen regen Mitarbeiterwanderung zwischen solchen Firmen... "Man kann das zeitweise ertragen" .. Oton einer Freundin, die auch für solche Firmen , Bekleidungsgeschäfte, Kiosk Strukturen arbeitet und rege alle paar Monate wechselt... "sie würde sonst kaputtgehen..". Nun sie schiebt nicht alles von sich, sie sagt , ich bin ja auch nicht voll integrierbar, mir ist ein gutes Arbeitsumfeld wichtig und bis zu einem gewissen Grad kann ich alles ertragen, dann muss Sie aber brechen. Ich kann das absolut nachvollziehen.



    *Schriebfehler dürfen gerne geprüft, gesammelt udn ebhalten werden ;)*

  • (...)



    Ja, die Bezahlung liegt minimal über dem Mindestlohn, das ist aber nicht die Schuld der Filialen. Außerdem ist das ein Problem im gesamten Einzelhandel.

    Ja, Geschenke werden auf Brusthöhe präsentiert. Wo denn sonst? Über dem Kopf? In Hüfthöhe?

    Ja, es kann sein, dass deine Haut es nicht verträgt, wenn die den ganzen Tag mit Lush-Produkten arbeitest. Das ist schade, aber nicht die Schuld der Produkte, denn andere kommen scheinbar gut zurecht damit. Dann musst du halt kündigen.

    Die Leute denken, Lush sei Naturkosmetik? Pech. Das wird nirgends gesagt und auch die Mitarbeiter sind angehalten, den Kunden darüber aufzuklären, dass auch mit sicheren synthetischen Inhaltsstoffen gearbeitet wird. Selbstverständlich finden wir Sandelholzöl, Mandarinensaft oder Tonka-Extrakt schöner als Sodium Lauryl Sulfat und Methylparabene, aber alle Inhaltsstoffe sind problemlos einzusehen. Nicht alles Synthetische ist böse und nicht alles Natürlich ist gut!

    Insgesamt habe ich die Lush-Philosophie und den Verkaufsalltag, die in diesem Artikel zur Sprache kommen, in vielen Punkten wiedererkannt. Gerade das Finanzielle jedoch lässt sich fast auf die komplette Einzelhandelsbranche anwenden. Auch Mobbing ist generell nicht gutzuheißen, kommt aber in ALLEN Arbeitsbereichen vor und ist kein Lush-Problem. Natürlich soll man ein offenes und sympathisches Wesen haben, wenn man im Verkauf arbeitet, aber es wird niemand rausgeworfen, weil er oder sie weniger aufgedreht ist, als andere.

  • Ich arbeite seit einigen Jahren bei Lush und kann diesem Artikel in vielen Punkten zustimmen, weiß jedoch nicht, warum diese in ein so negatives Licht gerückt werden.



    Zunächst mal ist das ein Erfahrungsbericht aus einer von rund 40 Filialen, also extrem subjektiv.



    Natürlich sind wir Mitarbeiter von Lush überzeugt, lieben die Produkte und stehen hinter den Werten des Konzerns. Sollte das nicht bei jeder Person so sein, die im Einzelhandel arbeitet? Das hat nichts mit Indoktrinieren oder Sekten zu tun...



    Natürlich haben wir ein bestimmtes finanzielles Ziel, das wir erreichen wollen. Bei aller Firmenphilosophie von Lush ist es immernoch ein Unternehmen, das einen Gewinn erwirtschaften muss. Besonders erfolgreiche Shops werden übrigens NICHT mit Mitarbeiterausflügen, o.ä. belohnt, die Info ist einfach falsch (auch das Konzept der Top-Shops, die sich lediglich durch eine Handvoll mehr Produkte von den anderen unterschieden, gibt es seit über 2 Jahren nicht mehr)



    Ja, wir sind oft gut gelaunt, lachen viel miteinander, tanzen auch mal durch den Shop und verstehen uns größtenteils auch privat. Aber doch nicht, weil uns vorgeschrieben wird, das wir eine glückliche Aura zu verströmen haben. Was sollen wir denn machen? Stur hinter der Kasse stehen und ne Fresse ziehen?



    Ja, wir gehen auf den Kunden zu, weil wir wissen, dass sich Lush von 08/15-Kosmetik unterscheidet und wir diesen Unterschied erlebbar machen wollen. Das geht nunmal am besten mit Hautkontakt. Aber wer keine Lust drauf hat, wird (zumindest bei uns auch nicht bedrängt)...



    Die Mitarbeiterinnen waren alle weiblich und unter 25. Oh Wunder... nein, es ist kein Klischee, aber guckt euch doch mal an, wer sich am meisten mit naturnaher Kosmetik beschäftigt: junge Frauen. Außerdem habe ich bisher in jedem Lush mindestens einen Mann gesehen (inkl bei uns) und bei uns sich auch mindestens ein Drittel der Mitarbeiter/-innen über 30 (...)

  • Darüber, wie die Mitarbeiter behandelt werden, kann ich nichts sagen, aber als Stammkunde, der öfter in verschiedenen Fillialen in verschiedenen Großstädten im Umkreis ist, würde ich gerne wissen, ob jemand diese hier angesprochenen Verkaufstaktiken schonmal erlebt hat.

    Ausser des Einzelhandelstypischen "Kommst Du zurecht?" (Ja, man wird geduzt) und einem "Möchtest du vielleicht noch Produkt XY ausprobieren?", an der Kasse, ist mir so so etwas nie passiert, bzw konnte ich es nie beobachten. Es waren bis jetzt alle VerkäuferInnen freundlich und alles andere als aufdringlich.

    Ich wurde nicht ungefragt angefasst, man versuchte nicht mir etwas aufzuschwatzen (weder durch Schuldgefühle, noch durch den Busen der Verkäuferin) und ich habe noch nie erlebt, dass das Personal versucht, Kinder zum kauf von irgendetwas zu überreden!

    Hat es irgendjemand anders erlebt?

    • @Bronkowitz:

      Ich bin auch ein Lush Kunde und genau wie bei dir, sind mir diese Verkaufstaktiken in keiner Filiale jemals begegnet. Ich gehöre definitiv zur Kundensorte "Ich möchte nur stöbern, bitte nicht beraten oder bequatscht werden" und genau das ist auch meine Erfahrung aus den Lush Filialen. Bis auf ein "Kann ich dir helfen?" bin ich niemals bedrängt worden und das ist gut so, sonst hätte ich diesen Laden nur einmal und nie wieder betreten.

      Was aber dem Artikel nicht seine Glaubhaftigkeit abspechen soll, das ist nur meine persönliche Erfahrung, da ich beim Lesen doch sehr überrascht und enttäuscht war. Wer den ökologisch wertvollen, nachhaltigen und freundlichen Lifestyle leben möchte, sollte das vor sowie hinter den Ladenthresen tun. Die Mitarbeiter verdienen es, respektvoll behandelt zu werden.

  • Offensichtlich scheinen in dem Laden die Chefinnen das Problem zu sein. Vielleicht würde eine Männerquote für zukünftige Storemanager dem Geschäft gut tun und den Laden wenigsten ein bisschen genderechter machen.

    • @Lisa Reuther:

      Nein, das Problem ist blanker, ungeregelter Kapitalismus.

  • Klingt ein bißchen wie "Germany's Next Topmodel". Heidi Klum würde da super hinpassen. Als Shopmanagerin.

    Nackt zur Arbeit kommen, ich glaub es hackt. Laß mich raten, Betriebsrat gibt's auch nicht? Gewerkschaft spielt keine Rolle? Dafür gibt's die nämlich eigentlich.

    Da würd ich lieber zum Jobcenter gehen als so'ne Kacke mitmachen müssen. Ernsthaft. Schlimmer ist's da nämlich auch nicht.

    • 7G
      75064 (Profil gelöscht)
      @kditd:

      Dumm ist nur, dass das Jobcenter Sie schnurstracks wieder zurück schickt oder eben in vergleichbare Schuppen oder zu Zeitarbeitsfirmen - aber sonst: Eine gute Idee!

      • @75064 (Profil gelöscht):

        Gehen Sie am besten zur Berufsgenossenschaft. Ich schätze, dass es Vorschriften gibt, inwieweit man bekleidet sein muss auch bei einem Verkaufsjob.



        In der Pflege bekommen Sie schon eine Abmahnung, wenn Sie Schuhe tragen, die nicht vollständig verschlossen sind.

  • 9G
    94778 (Profil gelöscht)

    Vegan goes capitalism.



    What else?



    Wie ich immer sage, die ganzen Öks sind schlimmer als Nestle,



    Unilever und Konsorten .

    • 6G
      61321 (Profil gelöscht)
      @94778 (Profil gelöscht):

      .



      Da haben wir den Salat, selbst Sie fallen drauf rein.



      Nein, hat mit Öko nicht die Bohne zu tun

      • 9G
        94778 (Profil gelöscht)
        @61321 (Profil gelöscht):

        Nö. Drauf reinfallen zu ich nicht .



        Ich WEISS dass das so ist.



        Wäre nicht die erste Ök- Truppe, die so drauf ist.

        Öko ohne Antikapitalismus geht nicht.



        Sonst ist's einfach -Ök- d.h ziemlich eklige Sache

      • 9G
        94778 (Profil gelöscht)
        @61321 (Profil gelöscht):

        Ml.Drauf reinfallen tue ich nicht.



        Ich WEISS dass das so ist