Seepferdchen in der Nordsee: Ab und zu taucht es wieder auf

Nach 1930 verschwand das Kurzschnäuzige Seepferdchen aus der Nordsee. Jetzt finden Na­tur­schüt­ze­r*in­nen wieder einzelne Tiere an der Küste.

Ein Kurzschnäuziges Seepferdchen im Porträt

Hipp hipp, hurra: Das Hippocampus Hippocampus wird wieder öfter an der Nordsee gefunden Foto: imago/imagebroker

Lange galt es als ausgestorben, nun taucht es immer wieder an der Nordseeküste auf: das Kurzschnäuzige Seepferdchen, auch bekannt als Hippocampus Hippocampus.

Gerade erst fanden Na­tur­schüt­ze­r*in­nen zwei seiner Art am Strand von Wangerooge. Das Meer hatte sie angespült: zwei leblose Tierchen mit eingerollten Schwänzen und blasser Haut, kürzer als ein Daumen.

Ein kleiner Fund, der große Hoffnung weckt. Denn nach 1930 verschwand die Art aus der Nordsee – vermutlich, weil ein Schleimpilz ihren Lebensraum zerstörte. Kurzschnäuzige Seepferdchen leben auf dem Meeresgrund, zwischen den Halmen des Seegrases. Mit ihrem Wickelschwanz kurbeln sie sich daran fest und warten auf Beute: Plankton, kleine Garnelen, Krebse. Als mit dem Pilz das Seegras starb, starben auch die meisten Seepferdchen vor Deutschlands Küsten.

Der Fund auf Wangerooge ist nicht der erste. Seit Ende der 1990er sammeln Tou­ris­t*in­nen und Bio­lo­g*in­nen immer wieder Tiere im Sand oder aus ihren Netzen. Besonders viele listet die Datenbank „Beachexplorer“ ab dem Jahr 2020: bis heute 19 Stück. Portale wie dieses sind allerdings abhängig von ihrer Bekanntheit. Je populärer sie werden, desto mehr Menschen spazieren achtsam über die Strände und melden ihre Funde.

Herrmann Neumann, Meeresbiologe am Thünen-Institut für Seefischerei, glaubt: Hinter den vielen Einzelfunden steckt mehr. Seit 30 Jahren fahren Forschende des Instituts auf die Nordsee, werfen Netze aus und zählen die Fischbestände. Seepferdchen waren nie dabei, erzählt Neumann. Bis zum Sommer 2020. Da fischten sie zwei vor Norderney. „Dazu die ganzen Funde entlang der friesischen Küste“, sagt er und zählt auf: Borkum, Juist, Baltrum, Schillig, Wangerooge. „Das kann kein Zufall sein. Irgendetwas muss passiert sein.“

Nur was? Eine mögliche Erklärung: Das Seegras hat sich erholt, es wächst wieder im Wattenmeer – aber eigentlich zu nördlich für die Fundstellen. Eine andere: der japanische Beerentang. Ganze Algenwälder wuchern vor der Nordsee-Küste und könnten den Seepferdchen das Seegras ersetzt haben. Auch die höheren Wassertemperaturen könnten ihnen gefallen. Denn die Nordsee hat sich seit 1969 um 1,3 Grad erwärmt. Vielleicht wurden die Kurzschnäuzer aber auch bloß mit der Strömung angespült, vom Ärmelkanal oder aus Holland. „Das alles sind Spekulationen“, sagt Neumann. „Wir werden das weiter untersuchen.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.