Seenotrettung im Mittelmeer: „Ocean Viking“ darf anlegen
Italien lässt das Rettungsschiff mit 113 Flüchtlingen an Bord in Ravenna anlegen. Doch bis es dort ankommt, dürften noch einige Tage vergehen.
Die Hilfsorganisation schrieb am Dienstag auf Twitter, es werde wohl weitere „vier lange Tage“ dauern, um den knapp 1.700 Kilometer entfernten Hafen zu erreichen. Kürzlich hatten sich Seenotretter beklagt, dass die Regierung mit dieser neuen Taktik, ihnen offenbar nur noch weit entfernte Häfen zuzuweisen, für eine Weile von der Seenotrettung abhalten wolle.
Die 113 Menschen seien in der Nacht zu Dienstag aus einem überfüllten Schlauchboot „in völliger Dunkelheit“ gerettet worden, schrieb die Organisation. Darunter seien 23 Frauen, einige schwanger, etwa 30 unbegleitete Minderjährige sowie drei Babys, das jüngste drei Wochen alt.
Zwar sei man erleichtert, aber auch besorgt, weil die „Ocean Viking“ derzeit das einzige Rettungsschiff einer Nichtregierungsorganisation im zentralen Mittelmeer sei, hieß es weiter. Man befürchte, dass weitere Menschen in Seenot geraten könnten, denen dann nicht geholfen werden könne, wenn man auf dem Weg in den Norden sei.
Regierung arbeitet neue Regeln für Senotretter aus
Medienberichten zufolge will die rechte Regierung Italiens demnächst neue Regelungen für die zivilen Seenotretter auf den Weg bringen, deren Einsätze sie immer wieder kritisiert.
Im November war es zu diplomatischen Verstimmungen mit Paris gekommen, weil Italien dem Schiff „Ocean Viking“ nicht erlaubte hatte, in einen Hafen zu kommen, so dass es nach Frankreich weiterfuhr.
Von Nordafrika legen Migranten in meist seeuntauglichen Booten ab, um über das Meer in die EU zu gelangen. Gerade im Winter ist die Überfahrt wegen der Gefahr durch schlechtes Wetter und raue Seebedingungen riskant.
Der Großteil erreicht Italien, wo laut Innenministerium 2022 bislang mehr als 98 700 Bootsmigranten ankamen und damit deutlich mehr als im selben Vorjahreszeitraum (rund 63 400). Immer wieder kentern Boote und Menschen ertrinken. Im zentralen Mittelmeer gelten in diesem Jahr nach UN-Zahlen bislang mehr als 1360 Menschen als tot oder vermisst.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Matheleistungen an Grundschulen
Ein Viertel kann nicht richtig rechnen
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles