Science-Fiction-Serie „Colony“: Realistische Dystopien
US-amerikanische TV-Serien der Trump-Ära werden immer politischer. Da ist „Colony“, die jetzt bei TNT läuft, keine Ausnahme.
91 Meter hoch und 81 Meter tief: Eine Mauer trennt die Bewohner von Los Angeles von der Außenwelt. Nach einer Invasion kontrolliert eine unbekannte Besatzungsmacht die Bevölkerung mit Hilfe eines omnipräsenten Polizeiapparats. Der sorgt mit gepanzerten Fahrzeugen, automatischen Waffen und Drohnen, die von oben überwachen und strafen, für Angst und Schrecken. Die dystopische Welt von „Colony“ ist in ähnlicher Form schon zigmal erzählt worden, doch dieses Mal fühlt es sich realer an. Das liegt nicht nur an der Mauer, die an das Wahlkampfthema Donald Trumps erinnert – auch wenn er sie eigentlich an der Grenze zu Mexiko bauen will.
Die Besatzer in „Colony“ sind außerirdischen Ursprungs, werden aber durch menschliche Kollaborateure vertreten. Das ist auch ein Sinnbild für das Selbstverständnis des liberalen Hollywoods, das von der Wahl Trumps kalt erwischt wurde und das neue Klima in den USA nach Obama tatsächlich als „außerirdisch“ empfinden muss. Obwohl die Produktion vom „Lost“-Coshowrunner Carlton Cuse und Drehbuchautor Ryan Condal bereits vor der Wahl Trumps im US-Fernsehen zu sehen war, ist sie im Angesicht der Präsidentschaft und seines unberechenbaren „America first“-Nationalismus zu einer durchaus plausiblen Zukunftsvision geworden.
Aktuelle Serien wie „Colony“ oder Emmy-Abräumer „The Handmaid’s Tale“ repräsentieren mit düsteren Visionen einer nahen Zukunft den aktuellen Zeitgeist unter US-Serienmachern, die sich zunehmend politisieren. Autor Damon Lindelof („Lost“) formuliert es so: „Derzeit fällt es mir schwer, etwas zu schreiben, das kein Spiegelbild der Ereignisse auf dieser Welt ist. […] In den USA passieren Dinge, die verstörend sind, und ich will sie besser verstehen.“
Nun arbeitet er an einer Serienadaption der komplexen Graphic-Novel „Watchmen“, die in einer alternativen Realität zur Zeit des Kalten Krieges spielt. Es ist eine von zahlreichen aktuelle Serienentwicklungen, die sich ausgiebig mit dem Thema der alternativen Geschichtsschreibung beschäftigen. Unlängst kündigten auch David Benioff und D. B. Weiss, Showrunner der Fantasy-Serie „Game Of Thrones“, ihr Nachfolgeprojekt „Confederate“ an, in dem die Südstaaten der USA die Sklaverei bis in die Gegenwart beibehalten haben.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Frieden in der Ukraine
Europa ist falsch aufgestellt
Die Neuen in der Linkspartei
Jung, links und entschlossen
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Kinder und Jugendliche
Die vernachlässigte Minderheit
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
USA und Russland besetzen ihre Botschaften wieder regulär