Schwarz-Rot zu Datenschutz: Ein Fall für den „Vertrauensraum“

Innenpolitisch will Schwarz-Rot auf die NSA-Affäre reagieren. Die Koalition plant eine Datenschutz-Offensive, aber auch die Vorratsdatenspeicherung.

Erfolglose Anonymisierung: Die drei Parteichefs sind eindeutig erkennbar. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Vorratsdatenspeicherung wird kommen – und ein stärkerer Verfassungsschutz ist auch beschlossen. Wenn es um innere Sicherheit geht, sind die Befürchtungen nicht neu: Ohne eine liberale Justizministerin wie Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) drohe innenpolitisch eine Koalition der Hardliner.

Tatsächlich sieht das Vertragswerk von Union und SPD in manchen Punkten mehr Überwachung vor. So soll die Bundespolizei mehr Möglichkeiten der Videoüberwachung erhalten und die „technischen Analysemöglichkeiten des Verfassungsschutzes“ sollen ausgebaut werden. Daneben will Schwarz-Rot die „Analysefähigkeit der Antiterrordatei verbessern“ und das Gesetz zur Quellen-Telekommunikationsüberwachung überarbeiten. Allerdings gibt es vor dem Hintergrund der NSA-Affäre auch einige Versprechungen im Hinblick auf den Schutz der IT-Sicherheit und konkrete Datenschutzmaßnahmen.

So heißt es in dem Vertrag, die Koalition setze sich für die „Rückgewinnung technologischer Souveränität“ ein und gestalte „die IT-Infrastruktur Deutschlands und Europas zum Vertrauensraum“. Dazu soll auf europäischer Ebene eine Datenschutzverordnung eingeführt werden, die auch US-Unternehmen wie Facebook und Google an das europäische Datenschutzniveau bindet. Außerdem sollen europäische Telekommunikationsanbieter verpflichtet werden, ihre Verbindungen innerhalb Europas zu verschlüsseln und nicht mit ausländischen Nachrichtendiensten zu kooperieren.

Zu einem echten Fortschritt könnte werden, was das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2008 entwickelt hatte: ein „Grundrecht auf Gewährleistung von Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme“ – damals auch unter Widerspruch aus der CDU. So heißt es nun im Koalitionsvertrag: Dieses Grundrecht müsse mit Leben gefüllt werden. „Die Nutzung von Methoden zur Anonymisierung, Pseudonymisierung und Datensparsamkeit müssen zu verbindlichen Regelwerken werden.“ (sic!)

Kryptographie, zertifizierte E-Mail-Dienste, mehr Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, vertrauenswürdige Netz-Infrastrukturen und – falls es so etwas gibt – sichere Clouds, sollen gefördert werden.

Eine Schlüsselrolle wird dabei dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik zukommen. Die Behörde mit Sitz in Bonn wurde 1991 gegründet, um die Sicherheit der IT-Infrastruktur in Deutschland zu gewährleisten. Manche bezeichnen sie allerdings als „zivilen Verfassungsschutz“, weil sie seinerzeit eine Ausgründung aus den Nachrichtendiensten war und unter anderem mit der NSA kooperiert.

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