Schulplatzstreit eines AfD-Abgeordneten: Wie alternativ ist die Waldorfschule?
An einer Berliner Waldorfschule diskutieren Eltern darüber, ob ein AfD-Abgeordneter sein Kind dort einschulen darf.
Eine Waldorfschule in Berlin hat, wie jedes Jahr im Herbst, über die Frage zu entscheiden: Wie vergibt man die rund 30 Schulplätze, die für die ErstklässlerInnen im kommenden Schuljahr zur Verfügung stehen, unter den über 100 Anmeldungen, die für gewöhnlich ins Sekretariat flattern? Normalerweise ist das dann eine rein pädagogische Entscheidung, die die Schule trifft – wer zum Beispiel schon mit einer Waldorf-Kita im Lebenslauf des Kindes aufwarten kann, ist im Vorteil. In diesem Jahr wurde aus dieser pädagogischen Entscheidung eine politische: Ein Teil der Elternschaft wehrt sich dagegen, dass ein AfD-Abgeordneter sein Kind, das auch bereits in der Kita des Trägers war, an dieser Schule einschult wird.
Nun ist die Frage: Darf man ein Kind in Mithaftung nehmen für die politische Einstellung der Eltern? Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz würde das wohl verneinen. Und ist die Angst einiger Eltern berechtigt, dass ein AfD-Abgeordneter womöglich über Elterngremien politischen Einfluss an dieser Schule nehmen kann?
Tatsächlich habe man genau diese Fragen auf einer Schulvollversammlung am Montag zwei Stunden lang diskutiert, heißt es seitens der Geschäftsführung am Dienstag. Um das Kind zu schützen, nennt die taz – wie auch andere Medien, die über den Fall berichteten – weder den Namen der Schule noch des Abgeordneten. Die Diskussion mit den Eltern, heißt es jedenfalls, sei sehr differenziert und konstruktiv verlaufen. „Da gab es die, die gesagt haben: Geht gar nicht!, und andere, die gesagt haben: Natürlich darf die politische Gesinnung der Eltern hier keine Rolle spielen.“
Nun ist eine Schulvollversammlung kein Entscheidungsgremium – wie die Schule mit dem Fall konkret umgeht, sollen nun der paritätisch mit Eltern, Lehr- und Erzieherpersonal besetzte Vorstand und das sogenannte Aufnahmegremium der Schule entscheiden, das wiederum aus PädagogInnen besteht. In jedem Fall wolle man aber „zeitnah“ entscheiden.
Keine „richtige“ Entscheidung?
Eine „richtige“ Entscheidung, heißt es am Dienstag seitens der Geschäftsführung, könne es eigentlich ohnehin nicht geben, man könne eigentlich nur falsch entscheiden: „Wenn wir uns gegen die Aufnahme des Kindes entscheiden, wird es heißen, wir separierten – typisch Privatschule. Entscheiden wir uns dafür, wird es heißen, wir grenzten uns nicht genügend nach rechts ab.“
Klarer zu beantworten ist da vielleicht die Frage, wie viel Einflussnahme eines AfD-Abgeordneten in den Elterngremien möglich wäre: Überhaupt keine, glaubt zumindest die Geschäftsführung. Um in den Vorstand gewählt zu werden, braucht es eine einfache Mehrheit in der Mitarbeitervollversammlung. Und das zumindest habe die Schulversammlung am Montag gezeigt: Von dieser Mehrheit wäre der AfD-Vater sehr weit entfernt.
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