Schulöffnungen in Hamburg: Lehrergewerkschaft auf Abstand
Hamburgs Grundschulen sollen nach den Ferien wieder öffnen, die weiterführenden Schulen wahrscheinlich auch. Die GEW nennt das „leichtfertig“.
Rabe tauschte sich vergangen Freitag mit anderen Ministern und Wissenschaftlern aus und stellte danach für die Klassen eins bis sechs den Schulbesuch in Aussicht. Die fünf Mediziner verwiesen darauf, dass in Abwägung des geringen Risikos durch das Coronavirus und der Risiken für den Bildungserfolg der Kinder eine Öffnung das Beste sei.
Rabe will nun, dass die jüngeren Kinder, die zuletzt nur stundenweise kamen, wieder alle Unterrichtsstunden in der Schule erhalten. Um das Infektionsrisiko zu senken, sollten in den Schulen möglichst feste Gruppen gebildet und der Kontakt zu anderen Gruppen reduziert werden. Nach diesem Modell verfährt Schleswig-Holstein bereits seit dem 8. Juni.
Für die Klassen sieben bis zehn spricht laut Rabe ebenfalls viel dafür, zum Regelunterricht zurückzukehren. Hier werde die Behörde aber „als Alternative eine zweite Planung mit einer Mischung aus Fern- und Präsenzunterricht vorbereiten“. Wie alle Länder führt auch Hamburg eine Attestpflicht für Lehrkräfte ein, die sich zur Risikogruppe zählen und deshalb nicht im Präsenzunterricht eingesetzt werden können. Für die Beschäftigten gebe es zudem kostenlose Tests und Visiere.
Gericht: Personalrat sollte mitbestimmen
Die GEW-Vorsitzende Anja Bensinger-Stolze kritisierte die Pläne. Gegen die Attestpflicht habe sie nichts, aber es sei „falsch“, zum jetzigen Zeitpunkt Maßnahmen zur Virus-Eindämmug zurückzunehmen. Denn immer noch müsse auch für in Schulen Beschäftigte die vom Bund festgelegte Abstandregel von 1,5 Metern gelten. Solange das Risiko bestehe, dass Kinder Erwachsene ansteckten, müsse deshalb die Präsenzzeit eingeschränkt bleiben und Unterricht in kleinen Gruppen stattfinden.
Gefragt, was denn die Kinder in der übrigen Zeit machen sollten, sagte Bensinger-Stolze, sie habe dafür keine Lösung. „Wir sind da in einem Spannungsfeld, das ist mir klar.“ Die GEW kritisiert, dass die Schulbehörde sich weigere, den Gesamtpersonalrat bei den Coronamaßnahmen mitbestimmen zu lassen. Dieser zog deshalb vors Verwaltungsgericht und bekam im Eilverfahren recht.
Laut Schulbehördensprecher Peter Albrecht ging es dem Gesamtpersonalrat unter anderem um eine Maskenpflicht für alle Schulbeschäftigten. Doch die könnte seine Behörde schon mangels Zuständigkeit für das Infektionsschutzgesetz nicht erlassen, so Albrecht. Die Schulbehörde habe deshalb gegen den Beschluss Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht eingelegt.
Gar keine Beteiligung der Eltern beklagt indes Anna-Maria Kuricová von „Familien in der Krise“. Die Pläne des Schulsenators seien „Zauder-Politik“ und Hamburg „Schlusslicht in Deutschland“. Kuricová ist Mutter und baut in Hamburg einen Ableger der bundesweiten Initiative auf. Auch Rabes neuste Ankündigung sei viel zu vage, sagt sie. „Wenn es heißt ‚wahrscheinlich‘, ist es für uns nicht möglich zu planen.“
Kita-Öffnung zu kurz für eine Arbeitswoche
Auch die Kitas sind in Hamburg seit Donnerstag zwar wieder für jedes Kind zugänglich, aber nur 20 Stunden die Woche. „Das sind drei Tage. Das reicht nicht für eine Arbeitswoche.“ Laut einer Umfrage fühlten sich 90 Prozent der Eltern nicht informiert. Die Mutter fordert einen „runden Tisch im Rathaus“ mit Eltern, Lehrern, Schulleitern und Experten. Nötig sei auch ein „kindgerechter“ Plan für eine zweite Welle, denn der Verlust noch eines halben Schul- oder Kita-Jahres sei „keine Option“.
„Die Öffnung der Schulen in Verbindung mit Test ist richtig“, sagt indes auch die Linken-Schulpolitikerin Sabine Boeddinghaus. Nötig sei aber, die Schulen an der Konzeption zu beteiligen und „nicht als Behörde durchzuregieren“.
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