Schuldengespräche mit Griechenland: Tsipras zieht Varoufakis zurück
Nicht mehr der Finanzminister, sondern der Vize-Außenminister soll die Schuldengespräche koordinieren. Händler: 40-Prozent-Chance für „Grexit“.
ATHEN rtr | Griechenland zieht den umstrittenen Finanzminister Yanis Varoufakis in den Verhandlungen mit den Geldgebern aus der vordersten Reihe ab. Als Koordinator soll künftig Vize-Außenminister Euclid Tsakalotos fungieren, wie Regierungsvertreter am Montag in Athen sagten. Der Ökonom gilt als umgänglicher als Varoufakis, der vom Euro-Finanzministertreffen in Riga mit leeren Händen nach Hause zurückkehrte. Danach war der Ruf nach seinem Rücktritt lauter geworden. Mit dem Schachzug von Regierungschef Alexis Tsipras wird Varoufakis aus der Schusslinie genommen. Er soll allerdings die Führungsrolle in den Verhandlungen behalten. Tsipras habe Varoufakis bei einem Treffen mit Ministern und Beratern das Vertrauen ausgesprochen, sagte ein Regierungsvertreter.
Die Zeit drängt für das klamme Land: In einer Reuters-Umfrage unter Geldmarkthändlern taxieren diese die Wahrscheinlichkeit auf 40 Prozent, dass Griechenland die Euro-Zone verlassen wird. Im Fachjargon der Ökonomen wird dieses Szenario als „Grexit“ bezeichnet. EZB-Vizechef Vitor Constancio geht jedoch davon aus, dass es nicht so weit kommen wird. Er äußerte sich in Brüssel zuversichtlich, dass eine Einigung mit Griechenland gelingen werde. Derzeit sind die Verhandlungen jedoch festgefahren.
Die Bundesregierung rechnet kurzfristig nicht mit einem Sondertreffen der Euro-Gruppe. Diese habe am Freitag in Riga keine Fortschritte erzielt, sagte der Sprecher des Finanzministeriums, Martin Jäger. Er wisse daher nicht, worüber die Gruppe nun diskutieren sollte. Das nächste reguläre Treffen sei für den 11. Mai geplant. Momentan liege der Ball im Spielfeld von Griechenland. „Wir warten auf Vorschläge, wir warten seit einigen Wochen. Das ist einigermaßen frustrierend, aber wir sind geduldig“, sagte Jäger. Derzeit sei man noch weit von einem umfassenden Gesamtvorschlag entfernt.
Athen will vom vereinbarten Sparkurs abweichen. Ohne Einigung mit den Geldgebern droht dem Land die Pleite. Staatspräsident Prokopis Pavlopoulos sagte Spiegel Online: „Wir zahlen unsere Schulden bis zum letzten Euro zurück.“ Griechenland war 2010 an den Rand einer Pleite geraten und wird seitdem mit Hilfen von 240 Milliarden Euro gestützt.
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